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Aberglaube und Wissenschaft
um Wünschelruten und Wünschelrutengänger
Von Walter Hensel, Homburg
issen um die geheimen Kräfte der Natur gibt
Macht! „Medizinmänner" beherrschen ihre primi*
tiven Indianerstämme, „Zauberer" und „Fetisch-
männer" sind die Furcht erheischenden Halbgötter
unwissender Naturvölker. Ererbte oder erworbene
Geheimkenntnisse werden ausgespielt, tun die
Herrschaft zu sichern und „Tabus" zu fordern. Nur
sehr selten ist der Nachweis lieferbar, das wirk*
liehe geistige Kräfte und echtes Wissen vorliegen,
die einen solchen Machtanspruch rechtfertigen.
Finsterer Aberglaube, abwegige Vorstellungen, Irr
lehren werden leicht heraufbeschworen und halten
sich oft Jahrhunderte. Unsere heutige Kultur, un
sere Wissenschaften, unsere Religion verhindern
das Aufkommen solcher Irrlehren, und die Gesetze
schützen den Menschen gegen derlei mystischen
Unfug.
„Bestraft wird, wer gegen Lohn oder zur Errei-
chung eines sonstigen Vorteils sich mit angeblichen
Zaubereien oder Geisterbeschwörungen, mit Wahr-
sagen, Kartenlegen, Schatzgraben, Zeichen- und
Traumdeutungen oder anderen dergleichen Gau
keleien abgibt." Gehört die Wünschelrute auch zu
einem verbotenen Gerät?
Was hat es auf sich mit den mystischen Wünschel
rutengängern, die Wasseradern tief in der Erde
spüren, ohne durch die Erdrinde schauen zu kön
nen, die Edelmetalle aufzeigen, die „Erdstrahlen"
erkennen und Entstrahlungsgeräte verkaufen?
Was ist von allen diesen Dingen wahr und echt,
was Betrug, was Selbsttäuschung? Kann die echte
Naturwissenschaft darauf überhaupt eine Antwort
geben?
Es gibt seit einigen Jahren Institute und Forscher,
die sich sehr ernsthaft bemühen, Licht in diese und
sehr verwandte Probleme zu bringen. Aber gerade
die Wissenschaftler setzen sich immer wieder dem
Vorwurf aus, sie würden mit ihren Schulwissen
schaften diejenigen Erkenntnisse ersticken oder
erdrücken, die eben über den wissenschaftlichen
Horizont hinausgingen. Die „wahre" geistige Ent
wicklung werde durch sie nur behindert. Das Ur
teil der Hochschulwissenschaftler sei daher ganz
und gar nicht maßgebend. Derlei Einwendungen
der „Wundermänner" sind billig.
Man kann dazu mit Recht sagen: Die Wahrheit
fürchtet sich nicht vor Forschung, Nachforschung,
Kontrolle und Kritik. Im Gegenteil, je mehr ein
Okkultist von der Wahrheit seiner geheimen
Künste überzeugt ist, um so mehr müßte er ge
radezu die ehrliche Prüfung wünschen. Es ist also
immer schon ein schlechtes Zeichen, wenn ein
Wünschelrutengänger eine wissenschaftliche Kon
trolle ablehnt; gerade in dieser Hinsicht offenbart
sich ehrliches Ringen um Erkenntnis. Und in der
Tat haben schon viele „Rutler" sich häufig und
willig den Prüfungen der Wissenschaft unterzogen.
Aber sprechen wir zunächst von der Wünschelrute
und ihrer Handhabung selbst. Der Wünschelruten
gänger schreitet mit seiner Rute ein Gelände lang
sam planmäßig ab und wartet, ob seine Rute
wippt oder ausschlägt und ihm damit ein Zeichen
gibt, daß sich unter seinen Füßen Wasser befindet.
Die Wünschelrute hat meist die Form einer läng
lichen Schleife (Abb. 1). Sie besteht im allgemeinen
aus einem blanken etwa 2 bis 3 mm starken Stahl
draht. In der gezeichneten Form ist sie spannungs
los. Faßt man die Rutenenden mit Untergriff ent
sprechend (Abb. 2), so werden die Enden ausein
andergebogen, d. h. die Rute wird wie eine Feder
gespannt, wozu es einer gewissen Muskelanspan
nung bedarf. Man versuche, das einmal mit einem
biegsamen Rohrstock, z. B. einer Weidenrute oder
ebenfalls mit einem Stahldraht, nachzumachen. Da
bei wird man spüren, daß die nach vorn gehaltene
Schleife der Rute gern aus dieser gespannten
Lage in die ungespannte zurückspringt. Dabei