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der Bergleute, der als neuer Gedanke in die Unfall
bekämpfung eingespannt werden soll und gerade
in der heutigen schnellebigen und abwechslungs
reichen Zeit erfolgversprechend erscheint.
Der Unfallselbstschutz ist ein Teil der psychologi
schen Unfallverhütung sowie eine sittlich-ethische
Verpflichtung jedes im Bergbau tätigen Menschen.
Im Rahmen der Unfallverhütung steht er neben der
gesetzlichen sicherheitlichen Verantwortung der Be
triebsführung und Aufsichtspersonen; er appelliert,
wie schon angedeutet, an die Selbstverantwortung
jedes im Bergbau tätigen Menschen — gleichgültig
ob Betriebsleiter, Aufsichtsperson, Hauer oder
Knappe.
Der Unfallselbstschutz bekämpft nach alldem die
immer wieder zu Unfällen führenden menschlichen
Schwächen, sei es Leichtfertigkeit, Gedankenlosig
keit, Trägheit oder Bequemlichkeit, und will alle im
Betrieb tätigen Menschen zu einer Not- und Ge
fahrengemeinschaft erziehen. Es handelt sich also,
kurz ausgedrückt, um die Selbstverantwortung aller.
Die erste Voraussetzung für eine psychologisch
richtige und alle erfassende Durchdringung von dem
Sinn und Zweck des Unfallselbstschutzes besteht
vor allem darin, daß zunächst die Führungskräfte
aller Betriebe den Unfallselbstschutz voll und ganz
unterstützen und diesen Gedanken auf die unter
stellten Aufsichtspersonen weitertragen. Eine wei
tere Voraussetzung besteht darin, daß alle verant
wortlichen Aufsichtspersonen neben der Voraus
planung unfallsicherer technischer Einrichtungen
und Arbeitsverfahren ihr besonderes Augenmerk
auf die immer noch verbleibenden örtlichen Ge
fahrenmöglichkeiten und deren Abstellung richten
und jeder Bergmann stets selbst im Sinn des Un
fallselbstschutzgedankens um seine Sicherheit be
sorgt ist.
Nach Vorstehendem ist also nicht nur jeder einzelne
Bergmann, sondern auch der Betriebsrat sowie die
gesamte Betriebsleitung mit dem Unfallselbstschutz
verantwortlich verbunden, so daß diese Organisa
tion von der gesamten Belegschaft getragen wird.
Um die größtmögliche Breitenwirkung in der Be
legschaft zu erzielen, sollen besonders tüchtige und
befähigte Bergleute als sogenannte Unfallselbst
schutzhelfer herangezogen werden. Ihre Aufgabe
besteht in der praktischen Hilfeleistung vor Ort, in
der Unterstützung und Belehrung ihrer Kameraden
an besonderen Gefahrenstellen und in der Beleh
rung von Neulingen, die sich entweder an beson
dere Arbeitsbedingungen eingewöhnen müssen
oder noch nicht über ausreichende Erfahrungen
verfügen. Die Erfüllung dieser wichtigen Aufgaben
bedingt allerdings eine entsprechende Belehrung
der ausgewählten Unfallselbstschutzhelfer und ihre
tatkräftige Unterstützung durch die Betriebsführung.
Aus diesem Grunde wurde Anfang dieses Jahres,
auf Veranlassung des Technischen Vorstandes der
Saarbergwerke AG, auf jeder Grube ein Ingenieur
oder Oberbeamter bestimmt, der im Auftrag des
Betriebsdirektors alle Sicherheitsaufgaben sowie
die spezielle Schulung und den Einsatz der Unfall
schutzhelfer wahrnehmen soll. Bezüglich des Ein
satzes der Unfallselbstschutzhelfer ist zu bemer
ken, daß diese nicht mit den früheren Sicherheits
männern zu verwechseln sind, zumal die Unfall
selbstschutzhelfer an ihrem Arbeitsplatz verbleiben
und hier, kameradschaftlich belehrend, wirken und
den Unfallselbstschutzgedanken verbreiten sollen.
Die Anzahl der Unfallselbstschutzhelfer soll, den
örtlichen Verhältnissen entsprechend, abgestimmt
werden, so daß etwa zwei Unfallschutzhelfer je
normal belegte Abteilung in der Regel ausreichen
dürften.
Im Zusammenhang mit vorstehenden Ausführungen
wäre an dieser Stelle noch auf die wirtschaftliche
Bedeutung der Unfallverhütung hinzuweisen. Hier
zu ist kurz anzuführen, daß die Bergbau-Berufs
genossenschaft, Bezirksverwaltung Saarland, im
Jahre 1953 für Rentenleistungen an Verletzte und
Hinterbliebene sowie für Heilverfahren und sonstige
damit zusammenhängende Kosten einen Betrag von
36 177 334,03 DM aufgewendet hat und der von der
Saarbergwerke AG zu entrichtende Beitrag hierzu
sich auf 35 443 917 DM belaufen hat. Dieser Betrag
entspricht einem Kostenaufwand von 719,28 DM
je Belegschaftsmitglied bzw. 2,61 DM je verfahrene
Schicht oder 2,20 DM je t Nettoförderung und liegt
damit erheblich über den Kosten für den gesamten
Eisenausbau unter Tage. Als weiterer Anhaltspunkt
für die Höhe der Unfallkosten ist noch zu erwähnen,
daß die Bergbau-Berufsgenossenschaft für das
Jahr 1958 einen durchschnittlichen Kostenaufwand
von 54 500 DM für jeden Unfall mit bleibender Er
werbsminderung und einen solchen von 88 500 DM
für jeden tödlichen Unfall ermittelt hat.
Daß diese vorgenannten Beträge eine große wirt
schaftliche Belastung des Bergbaues darstellen, be
darf keiner Beweisführung. Es bedarf u. E. aber
auch keiner Beweisführung dafür, daß jeder Renten
bezieher auf seine Rente gerne und sofort verzich
ten würde, wenn ihm statt dessen seine Gesundheit
wieder gegeben werden könnte. Demzufolge haben
wir unser Hauptaugenmerk auf die menschliche Be
deutung der Unfallverhütung zu richten mit dem Ziel
der Erhaltung von Leben und Gesundheit. Diese ist
das Hauptanliegen der Unfallverhütung und des
Unfallselbstschutzgedankens schlechthin. Es ist zu
wünschen, daß jeder Bergmann diesen Gedanken
beherzigt und ihm zum Durchbruch verhilft. Ein
Erfolg zum Nutzen aller dürfte dann kaum aus-
bleiben.