22
von zwei Frischluftventilatoren durch die Vorwärmer
hindurchgedrückt wird.
Der Kessel selbst ist ein Benson-Zwangsdurchlauf-
kessel mit einer Dampfleistung von 450 Tonnen in
der Stunde, einem Dampfdruck von 190 kg/cm 2
und einer Temperatur von 530° C. Er hat eine Höhe
von über 30 Metern und besitzt drei der Brenn
kammern nachgeschaltete Züge, in denen die Rauch
gase ihre Wärme an das Wasser oder den Dampf
abgeben. Bei dem hohen Dampfdruck, der wegen
des besseren Wirkungsgrades gewählt wurde, ist
ein natürlicher Wasserumlauf nicht mehr möglich.
Man kann sich das so vorstellen, daß beim Über
gang auf höhere Drücke die Dampfblasen im Steig
rohr immer mehr zusammengepreßt werden, bis
kein Unterschied mehr zwischen den spezifischen
Gewichten des Wassers im Steig- und Fallrohr
vorhanden ist und der Umlauf zum Erliegen kommt.
Beim Zwangsdurchlaufkessel — Benson war der Er
finder des Prinzips — wird das Wasser von den
Speisepumpen, wie die Bezeichnung bereits aus
sagt, zwangsweise durch das gesamte Rohrsystem
des Kessels hindurchgedrückt, wobei es erwärmt,
verdampft und schließlich überhitzt wird.
Außerdem besitzt der Kessel eine Schmelzkammer
feuerung, d. h. die Temperatur im Feuerraum wird
so hoch gehalten, daß die Asche der Kohle schmilzt.
Die nicht eingeschmolzenen Ascheteiichen werden
in dem im Rauchgasstrom vor den beiden Saugzug
ventilatoren eingeschalteten Elektrofilter aufge
fangen und wieder in die Schmelzkammer zurück
geführt. Die flüssige Schlacke wird durch Einleiten
in ein Wasserbad granuliert, d. h. sie zerspringt in
viele kleine Teilchen. In einer im Freigelände ste
henden Bunkeranlage wird das Granulat gesammelt
und von dort seinen vielfältigen Verwendungsmög
lichkeiten zugeführt.
Die Turbine ist wie in St. Barbara I dreigehäusig
ausgeführt, sie ist mit insgesamt 37 Schaufelrädern
bestückt und besitzt siebenfache Anzapfung für
eine Speisewasservorwärmung auf 240° C. Zur
Abführung der Kondensationswärme sind in zwei
Reihen je sieben Ventilatorkühltürme aufgestellt,
über die eine Kühlwassermenge von 17 600 Tonnen
je Stunde geleitet wird. Gegenüber dem alten Werk
besitzt der neue Block jedoch noch die sogenannte
Zwischenüberhitzung. Der Dampf wird, nachdem
er das erste Gehäuse der Turbine verlassen hat,
noch einmal in ein im hinteren Teil des Kessels auf
gehängtes Rohrbündel geleitet und wieder auf die
ursprüngliche Temperatur aufgeheizt.
Durch alle diese Maßnahmen erreicht man, daß bei
Bestlast in St. Barbara II ungefähr 36% (gegenüber
in St. Barbara I nur 31 %) der in der Kohle enthal
tenen Wärmemenge in elektrische Energie umge
wandelt werden.
An die Turbine sind Generator und Erregermaschine
direkt angekuppelt; der Strom für die kraftwerks
eigenen Antriebe wird nicht wie in St. Barbara I von
einem Hausgenerator, sondern über einen eigens
dafür aufgestellten Transformator vom Netz gelie
fert. Als Kühlmittel für den großen 150 000 Kilowatt-
Generator wird nicht Luft, sondern Wasserstoffgas
verwendet, da dieses eine bessere Wärmeabfuhr
ermöglicht.
Im Kraftwerk St. Barbara ist noch vieles zu be
schreiben; auf weitere Einzelheiten einzugehen
würde aber über den hier gesteckten Rahmen hin
ausgehen. Was aber nicht vergessen werden darf,
ist die vom Maschinenhaus durch eine große Glas
wand abgetrennte Warte des neuen Blockes, die
dem äußeren Bild nach nicht umfangreicher als die
alte Warte ist; und doch ist sie in ihrem inneren
Aufbau um vieles moderner, da sie nicht nur eine
Fernbedienung der einzelnen Anlageteile gestattet,
sondern auch einen vollautomatischen Betrieb des
Blockes ermöglicht, in dem die vom Netz verlangte
elektrische Leistung auf die Regelung von Kessel
und Turbine einwirkt.
Ruft man sich die angegebenen Zahlen noch einmal
in Erinnerung, so erkennt man, daß das Kraftwerk
St. Barbara zur Wirtschaftlichkeit der Saarberg
werke AG wesentlich beiträgt, indem es die nicht
verkaufsfähige Kohle in hochwertige elektrische
Energie umwandelt.
Das Kraftwerk St. Barbara wird ab 1961 jährlich
etwa 1 Milliarde Kilowattstunden an das deutsche
Verbundnetz liefern. Außerdem trägt es zusammen
mit den beiden anderen Kraftwerken der Saarberg
werke AG — Fenne und Weiher — dazu bei, die
Gruben und sonstigen Betriebe des Unternehmens
mit elektrischem Strom zu versorgen. Unter Berück
sichtigung des sich etwa alle zehn Jahre verdoppeln
den Strombedarfes ist der zukünftige Bestand und
die weitere Entwicklung des Kraftwerkes St. Barbara
als gesichert zu betrachten.
Einen Menschen verurteilen, selbst aber
nicht fähig sein, ihn zu Besserem zu beein=
flussen, ist das gleiche, wie einen aus den
Flammen erretten, um ihn hierauf ins
Wasser zu werfen.
Wir finden gewöhnlich die Schmeicheleien,
die anderen gesagt werden, fad und lang=
weilig; die Eigenliebe würzt sie aber in
dem Augenblicke, in dem sie uns selbst
auf getischt werden.