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nicht höher war als eine Topfblume. Und er
meinte: „Nehmt euch ein Beispiel an mir. Ich
bringe den Römern nur dieses Pflänzchen mit, für
das ich lediglich ein Trinkgeld zahlte." Da lachten
die Soldaten ihn aus: „Was sollen wir mit einem
Bäumchen? Die römischen Gärten sind grün
genug!"
Lukullus ließ sie spotten. Lächelnd trug er sein
Bäumchen aufs Schiff und dachte: Es mag stimmen,
daß ich gerne gut esse und gut trinke; wenn ich
aber sparsam war, geschah es immer mit Über=
legung . . .
Bald wurden die Anker gelichtet, und als der
Feldherr wieder nach Rom kam, pflanzte er sein
sorgfältig gehütetes Bäumchen ein, das sich in
wenigen Jahren zu einem nützlichen Obstbaum
entfaltete. — So kam die Kirsche nach Europa, wo
man sie bisher nicht gekannt hatte. Bedenkt man
nur, daß es heute viele Millionen von tragenden
Kirschbäumen im Abendland gibt, die alle das von
Lukullus ums Jahr 73 vor Christi aus Klein=Asien
mitgebrachte „Andenken" zum Stammvater ha=
ben, dann reicht der klügste Kopf nicht aus, um
zu berechnen, wieviel gemünzten Nutzen jener
Mann bewirkte, der vor über 2 000 Jahren am
richtigen Ende zu sparen verstanden hatte. Würde
man die Kirschen den Zinsbeträgen aus Kapital
gleichsetzen, es ginge in die Milliarden. Der Firle=
fanz aber, den die Soldaten damals für ihren Sold
gekauft hatten, ist längst vergessen. Doch Kirschen
essen wir Heutigen immer noch. Und sie schmek=
ken uns vortrefflich. Sie schmecken uns sogar —
lukullisch.
Wir nannten vorhin diese Anekdote ein „Histör=
chen". Wir möchten jetzt hinzufügen, daß das
Histörchen einen beweisbaren geschichtlichen Hin=
tergrund hat, über den wir gelegentlich ein wenig
nachdenken dürfen. Dies vor allen Dingen dann,
wenn wir in Versuchung sind, irgendeinen Firle=
fanz zu kaufen, wie die römischen Soldaten es
in Klein=Asien taten.
Schon der alte Sokrates sagte: „Wie viele Dinge
gibt es doch auf dieser schönen Welt, die ich nicht
brauche." Diese Weisheit reicht einer anderen
Erkenntnis die Hand, die wir einem Philosophen
unserer Tage verdanken, nämlich dem gütigen
Urwalddoktor Albert Schweitzer, der einmal
mahnte: „Wer schwer verdient, wirft auch das
Kleinste nicht leichtsinnig weg!"
Übrigens dürfen wir auch nicht die alten Spartaner
vergessen, deren Kunst, einfach und haushälte=
risch zu sein, zu einem geradezu sprichwörtlichen
Ruhm in der Weltgeschichte gelangte. Den Spar=
tanern sagt man nach, sie wären sogar maßvoll mit
ihren Worten gewesen. Was zu viel war, das
wurde gerügt, und was zu wenig war, das hatten
Geist und Phantasie zu ersetzen. — So kam denn
einmal ein athenischer Reisender an einem spar=
tanischen Brunnen vorüber. Da die Sonne brannte
und der Reisende heftigen Durst hatte, näherte er
sich dem Brunnen, zog einen Becher hervor und
sagte dem Manne, der das Wasser schöpfte: „Zeus
grüße dich, lieber Freund, der Tag ist heiß und
mein Becher ist leer. Bitte reich mir einen Trunk
kühlen Wassers, damit ich mich labe!" — Nun,
der Wasserschöpfer tat es gern. Doch als der
Athener seinen Durst gestillt hatte, sagte der Spar=
taner: Merke dir eins, lieber Fremdling: Daß der
Tag heiß ist, das spüre ich selber, daß dein Becher
leer war, das sah ich auf den ersten Blick, daß fer=
ner der Brunnen kühles Wasser spendet, das ist
kein besonderes Geheimnis, und daß du dich zu
erquicken gedachtest, wie sollte mir das verborgen
gewesen sein. Es hätte also durchaus genügt, mir
den Becher zu reichen und zu sagen ,Bitte'! —
sonst aber nichts. Merke dir das für das nächste
Mal, denn wir Spartaner mögen alles törichte Ge=
rede nicht, um so mehr lieben wir die kurze, klare
Wahrheit!"
Nun, wir Heutigen und Gegenwärtigen wollen
keine Fanatiker sein; zwischen Geizen und Sparen
ist seit eh' und je ein Unterschied.
'J'est verbunden bleiben ivir —
OColjle, ^Kumpels
KARLSBERG-BIER