Full text: 1960 (0088)

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in das Versteck hineinziehen. „Lauf ins Versteck 
und sage ihnen, daß wir mit den Glocken hier 
sind. Wir kommen bald nach." Michel Reimsbacher 
springt davon. Er kennt ja das Versteck. 
Die Männer sind unterdes dabei, die Glocken zu 
vergraben. Sie ins hochgelegene Versteck zu schlep* 
pen, hätte zu großer Anstrengungen bedurft. Bald 
ist die Arbeit getan. Die Glocken ruhen sicher in 
der Heimaterde. Die Männer sind eben dabei, 
jedes verräterische Zeichen am Boden zu beseiti* 
gen, als urplötzlich Schweden und Franzosen auf= 
tauchen. 
Entsetzen packt die Tapferen. In letzter Minute 
sind sie von den Marodeuren gestellt worden! Nur 
ein paar Herzschläge lang dauern sprachloses Ent= 
setzen auf der einen und hohnvolles Grinsen auf 
der anderen Seite. Dann lacht die Soldateska wild 
auf: „Wo Frauen und 
Mädchen? Wo Vieh?" In 
diesen Augenblick wissen 
die zwölf Männer, daß 
die Strauchdiebe von dem 
Vergraben der Glocken 
nichts bemerkt haben. Des= 
halb geben sie gelassen zur 
Antwort: „Fort!" — „Wo?" 
Die zwölf zucken die Schul= 
tern. Da wird der erste er= 
schlagen. 
„Wo Frauen und Mäd= 
chen?" Die elf zucken die 
Schultern. Da wird der 
nächste erschlagen. „Wo 
Vieh?" Die zehn zucken die 
Schultern. Die entmenschte 
Horde erkennt, daß säe von 
den Männern nichts erfah= 
ren wird. Und, noch voll 
des roten Mordens in Los= 
heim, erschlägt sie alle 
Männer, daß deren Blut in 
die Erde dringt und über 
die Glocken läuft, sie da= 
mit noch im Tode grüßend. 
Das Teufelsgelichter aber 
geht johlend davon. 
UI. 
ges das Dorf ihrer Väter neu aufbauten, wußten sie 
wohl, daß die Glocken im Waldesgrund der „Hak* 
kenbach" versteckt lagen. Die genaue Stelle aber 
fand niemand mehr bis auf den heutigen Tag. 
Über Nunkirchen läuten heute andere Glocken, 
deren eherne Münder lauter rufen als die von 
damals, als der Schwede kam. Und doch vermag 
man auch heute noch die Stimmen der alten 
Glocken zu hören, über die das Blut der zwölf 
tapferen Männer geflossen ist. Die Überlieferung 
kündet, daß ein Glücklicher am Fronleichnamstage, 
wenn der Heiland durch die Straßen getragen wird, 
die Glocken von der „Hackenbach" her hören 
kann. Ganz leise zwar, da sie doch so tief im 
Boden liegen, aber doch vernehmbar. Sie bitten 
den, der sie hört, für die Seelenruhe der Gemor= 
deten und aller toten Nunkirchener zu beten. 
Das klingende Nachspiel 
Von denen die damals ge= 
flohen waren, ist keiner 
mehr in das Heimatdorf 
zurückgekehrt. Als ihre 
Nachkommen später nach 
dem Ende des großen Krie= 
„Wo Frauen und Mädchen, wo Vieh?", wollen die Strauchdiebe wissen. Und als die 
entmenschte Horde erkennt, daß sie von den Männern nichts erfahren kann, da wird 
der erste der Tapferen erschlagen . . .
	        
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