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Weitere vier Figuren bilden das hervor
stechende weitere Merkmal der langen, mehrfach
umgebauten Front in der Triererstraße; eine von
ihnen hatte allerdings während des letzten Krie
ges den Kopf verloren, ist jedoch inzwischen
wieder hergestellt. Es ist die Figur des Gesteins
hauers, der in der rechten Hand das Fäustel hebt,
während er in der Linken den Gesteinsbohrer
eine lange Stahlstange, hält. Als sein Gegenstück
auf der anderen Seite der Vier finden wir den
Kohlenhauer, der sich auf seinen Pickel stützt
und den Schlägel zu Füßen liegen hat. Mit Fe
derschmuck am Hut und in großer Paradeuniform
stehen zwischen den beiden „Schaffern“ die Vor
gesetzten: der Steiger, gelehnt auf seinen Stei
gerstab und neben ihm der Bergwerksdirektor
mit noch mehr Verschnürungen an der Uniform,
zudem mit einem „erschröcklich“ breiten Säbel
ausgerüstet, auf dem die eine Hand ruht, wäh
rend die andere einen Bergplan hält; zum äuße
ren Zeichen seiner Würde hat der Bergwerks
direktor als einziger die Beine übereinander
geschlagen, um sich auch schon in der Haltung
ALLGEMEINE ELEKTRICITÄTS-
GESELLSCHAFT
Vertretung im Saarland:
SICEL
Saarbrücken 3
MAINZER STRASSE 1 76 - TE L. 6 3 3 24
von seinen Untergebenen zu unterscheiden. So
verschieden also die Figuren aussehen, eines ist
ihnen gemeinsam: Sie alle tragen das vorerwähnte
berühmte A-Leder, die einen als — damalige —
Berufskleidung, die Vorgesetzten dagegen als
Traditionsstück zur Uniform.
Unterhalb dieser vier Figuren entdecken wir
außerdem noch sechs in Stein ausgehauene Me
daillons, von denen jedoch nur vier ausgearbeitet
sind. Sie zeigen die Köpfe des Bergrats Bücking,
des Oberberghauptmanns von Dechen, des Ge
heimen Bergrats Sello und des Oberberghaupt
manns Krug von Nidda. Schließlich sehen wir
noch auf den wappenschildartigen Steinarbeiten,
die sich rund um den gesamten Sims des Baues
hinziehen, in teils verblaßter, teils durch Kriegs
einwirkungen zerstörter Goldschrift die Namen
der damals bestehenden saarländischen Gruben
wie Sulzbach, Heinitz, Dechen, Reden, Itzenplitz,
König, Jägersfreude, Dudweiler, Altenwald, Geis
lautern, Ensdorf, Dilsburg, von d!er Heydt, Ger
hard, Prinz Wilhelm, Albert, Viktoria, Camphau
sen und andere.
Diese Figuren und der gesamte Bau sind zu
gleich auch ein Stück Saarbrücker Stadtgeschichte
und zeigen den Zwiespalt zwischen den beiden
damals noch getrennten Städten Saarbrücken und
St. Johann auf. Bis 1880 befand sich nämlich die
Bergw'erksdirektion in Saarbrücken, also dem heu
tigen Alt-Saarbrücken. Bereits im Jahre 1876 war
von Regierungsseite — teilweise auch bedingt
durch den von St. Johann an gebotenen billigeren
Baugrund — der Plan einer Verlegung der Berg
werksdirektion nach St. Johann gefaßt worden.
Zwar wandten sich im gleichen Jahr noch zahl
reiche Saarbrücker Bürger in einer Petition nach
Berlin, aber bald kam „von oben“ die kalte
Dusche, bestehend aus einem Schreiben des Mi
nisters Achenbach, in dem es hieß, daß „die Er
richtung des für die dortige Bergverwaltung
nothwendig gewordenen neuen Dienstgebäudes
im Interesse dieser letzteren auf dem rechten Saar
ufer zu St. Johann, in unmittelbarer Nähe der
übrigen bergfiscalischen Gebäude und des Sitzes
der Saarbrücker Eisenbahndirektion zur Beseiti
gung der erheblichen Nachteile erforderlich ist,
unter welchen der Geschäftsverkehr der Bergver
waltung in Folge der räumlichen Entfernung der
vorerwähnten Localitäten vom jetzigen Amts
gebäude gelitten hat.“
So zog denn am 1. Juli 1880 die Bergwerks
direktion Saarbrücken nach St. Johann in das von
den Architekten Gropius und Schmieden nach
einem Entwurf des Karlsruher Baumeisters
Warth im italienischen Palaststil erstellte Gebäude,
das damals einer der repräsentativsten Bauten
des aufstrebenden St. Johann war. Und noch
heute blicken die steinernen Figuren von seiner
Fassade wie gute, alte Bekannte auf die längst
Großstädter gewordenen Saarbrücker und St. Jo-
banner herab und künden von einer noch gar
nicht so lange vergangenen Epoche der Saar
brücker Stadtgeschichte.