73
Von Hans Br einig
üdöstlich von Püttlingen erhebt sich der
ehedem mit altem Buchenwald bestandene
sagenumwobene Hohberg, auf dem bis zum
Jahre 1902 die Hohberg-Schachtanlage in Betrieb
war. Eigenartig ist, daß wir um die Abteufzeit
dieses so sehr von der Bergmannssage umwit
terten Schachtes fast gar nichts wissen und nur
auf Vermutungen angewiesen sind. Wahrschein
lich wird er nur wenige Jahre nach der Nieder
bringung des Josefaschachtes abgeteuft worden
sein, und das war in der zu Ende gehenden ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Man wäre nun
versucht, älteste Sage des Hohberges, die vom
sogenannten Hohberger, unserem saarländischen
Bergmannsgeist, ebenfalls in ihrer Entstehung
in diese Zeit zu verlegen. Dies ist aber abwegig,
denn der Hohberger erschien den alten Püttlin-
ger Bergknappen auf der Grube Bauernwald und
auf allen Anlagen des Frommersbachtales schon
um ein halbes Jahrhundert früher. Eine große
Anzahl alter Gruben (Stollenhaus) führten ja
auch unmittelbar vom Frommersbachtale aus in
den Hohberg hinein. Einige sind noch heute in
ihrer Lage zu erkennen, und in den Notjahren
nach dem letzten Kriege wurden sie vielfach
von wilden Kohlengräbern angeschnitten und
geöffnet. Sie haben noch zum Teil einen wohl
erhaltenen Ausbau mit kräftigem und wohlge
zimmertem Eichenholz.
Nach der ältesten Sage hatte der Hohberger
unter dem Hohberge seine Schatzkammern mit
reichen Edelstein-, Gold- und Silbersdiätzen, wie
der Schreiber dieser Zeilen als junger Schlepper
im ersten Weltkrieg von alten Bergleuten und
Pensionären immer wieder hörte. Konnte man in
den letzten Jahrzehnten auch verschiedentlich die
Deutung hören, der Hohberger sei als Sagen
gestalt von den nach dem Bau der Eisenbahn
Saarbrücken—Trier auf dem Josefaschacht in
Arbeit getretenen Bauernsöhnen aus dem Hau-
stadtertale oder aus dem Hochwald zu uns an
die mittlere Saar und ins Köllertal gebracht wor
den und sei ursprünglich Wodan, der wilde Jä
ger, so darf dem mit gutem Gewissen entgegen
gehalten werden, daß der Hohberger ausdrück
lich als guter, die Bergleute vor Gefahr warnen
der Erdgeist bezeichnet wird, womit er so etwas
wie das männliche Gegenstück der Schutzpatronin
unserer Knappen, der heiligen St. Barbara ist.
Mit dem wilden Jäger hat unser Berggeist nur
sein oft lautes und rumorendes Gebaren gemein,
Züge, die er wohl auch aus dem reichen Sagen
kranz des Püttlinger Gebietes annahm.
Auf Schritt und Tritt stößt der Wanderer bei
derseits des Frommersbaches und um den
vor drei Jahrzehnten stillgelegten Josefaschacht
auf Bergbauspuren: alte, noch erhaltene Stollen,
vermauerte Mundlöcher, kleinere und größere
blaugraue Halden, auf denen meist Birken sich
im Winde wiegen, und eine Anzahl alter Zechen
säle und ehemaliger Ökonomiegebäude. Dies
alles erinnert noch an die Zeiten, da fleißige
Knappen hier einfuhren, unter Hohberg und
Bauernwald die schwarzen Schätze zu heben.
Alle diese Stätten liegen im Schatten des Hoh
berges, auf dem auch der Hohbergerschacht in
Betrieb war. Bis 1936 stand dort oben als letzter
Überrest noch ein viereckiger Wetterschacht
turm aus Sandsteinquadern mit abgeflachtem,
steinernem Dach und hohen vergitterten Fen
stern zum Einziehen der Wetter; er stand recht
einsam im Walde wie ein Symbol geheimnis
umwobenen Herumgeisterns des Hohberger
Matz, der den alten Hohberger ablöste.
Diese Anlagen insgesamt bezeichnete man frü
her als Grube Gerhard, deren Zentrale der Jo
sefaschacht war. In allen Schächten und Stollen
ging hier der saarländische Berggeist Hohberger
um, und von hier aus wurde er auch in den
Schächten der näheren Umgebung, so in Schwal-
bach, Griesborn und Knausholz bekannt, wo man
ihn ebenfalls gesehen haben wollte. Am meisten
bezeugt ist sein Erscheinen unter und auf dem
Hohberge. Vor allem beschützte er die schwer
schaffenden Knappen: Er wußte schon viele Tage
vorher, wenn der Grube ein Unglück drohte.
Dann zeigte er sich den Knappen, für die das
Erscheinen des Berggeistes eine Warnung be
deutete. Der gute Alte meldete so Schlagwetter
explosionen, Grubenbrand, Hereinbrechen des
Berges und dräuende Flut. Uralt schien er und
war von hünenhaftem Wuchs, mit wehendem
weißen Barte und gütigen Augen. Auf dem Kopf
trug er einen hohen Schachthelm, so wie ihn vie
lerorts noch heute in unserer Heimat die Fah
nenträger der bergmännischen Bruderschaften
tragen. Seine helleuchtende Grubenlampe
brauchte nie „gefummelt" zu werden wie die
der Ober- und Fahrsteiger sowie der höheren
Bergbeamten, denn sie war von purem Golde,
ebenso wie er auch einen Meterstock von reinem
Golde trug.
Trotz seiner großen Güte hatte der Hohberger
bisweilen seinen Spaß daran, allerlei Allotria mit
den Bergleuten zu treiben. Faule, aber mit dem
Mundwerk fixe Schlepper und Hauer nahm er
sich aufs Korn. Sie wurden von ihm genarrt, er-