Full text: 1957 (0085)

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Nachstehender Bericht von Dora Zollinger -Rudolf erzählt von einer St. Barbara-Feier 
ganz besonderer Art, welche die Verfasserin im Wallis beim Bau der Lötsdibergbahn miterlebt hat. 
enn ich heute in meinem Kalender blättere, 
leuchtet mir neben Nikolaus im sonntäg 
lichen Hochrot der Name Barbara entgegen. 
Blitzschnell erstrahlen bunte Lichter in meinem 
Gedächtniskasten: Ich sehe midi vor fast einem 
halben Jahrhundert im Wallis, in Goppenstein, 
da ich beim Bau der Lötsdibergbahn zum ersten 
Male den Festtag Santa Barbara erlebte. In der 
Tunnelarbeiterstadt, in welcher die Männer leb 
ten, die Tag und Nacht das harte Felsgestein im 
heißen Berginneren sprengten und lospickelten, 
die immer wieder den Tücken der Dynamitminen 
ausgesetzt waren und ihnen zum Opfer fielen, 
feierte man den Barbaratag mit hinreißender In 
nigkeit! Daß die Heilige neben Artilleristen, 
Bergknappen und Waffenschmieden doch beson 
ders behutsam die gefährdeten Mineure unter den 
schützenden Mantel nehmen möchte! Daß alle die 
vielen jungen Männer mit gesunden Gliedern und 
Augen wieder heimkehrten, die da alle acht Stun 
den zu Hunderten in den heißen Bergstollen ein- 
fuhren. 
Goppenstein war damals die volkreichste Stadt 
im Wallis — für wenige Jahre nur. Aber da gab 
es keinen Bürger, keine Fahrtstrecke, keinen 
Sonntag. Pausenlos brach man den Fels im dunk 
len Berg. Nur am 4. Dezember stiegen Weihrauch 
wölklein statt Pulverdämpfe empor. Da feierte 
Goppenstein den höchsten Festtag des Jahres. Es 
fauchte keine Lokomotive der schmalen Dienst 
bahn, es ratterte kein Wagen, hoch mit Stein 
brocken beladen, zu einem Steilhang, um die Last 
laut donnernd den Berg hinab zu schicken. 
Selbst der Föhn huldigte der Nothelferin. Sieg 
haft strahlte die Dezembersonne am wolkenlosen 
Blauhimmel. Der schon hochliegende Herbstschnee 
Am 4. Dezember feierte Goppenstein den höchsten Feiertag des Jahres . . .
	        
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