Full text: 1957 (0085)

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Von Walther 
A 1 b r e c h t 
Vs war einmal ein armer junger Bergmann 
namens Hans, ein vergnügtes, frisches Menschen 
kind, den niemals die frohe Laune verließ. Seine 
Kameraden schätzten ihn darum hoch ein, und 
jeder hatte einen fröhlichen Gruß oder ein gutes 
Wort für ihn, wenn er lachend mit ihnen zu sei 
ner schweren Arbeit in den tiefen Schacht ein- 
fuhr. 
Da fand er eines Tages, als er die losgelöste 
Kohle fortschaufelte, ein winziges kleines Hütchen 
aus verblichenem blauen Samt mit einem fun 
kelnden Stein daran, der so hell leuchtete, daß 
von ihm ein strahlender Schein auf die dunklen 
Wände des Stollens fiel. Belustigt betrachtete 
Hans seinen Fund, zog das Hütdien auf seinen 
kleinen Finger und hielt es hodi. „Wer mag das 
wohl verloren haben?“ sagte er halblaut vor sich 
hin. 
„Ich!“ antwortete ein helles Stimmchen. Hans 
fuhr erschrecken zusammen. Er sah sich um, doch 
gewahrte er niemanden. Da klomm etwas an 
seinen Beinen hodi und plötzlidi saß auf seinen 
Knien ein ganz kleines Männlein, das die Hände 
faltete und flehend spradi: „Bitte, bitte, gib mir 
dodi mein Hütdien wieder?“ 
Hans bezwang sein Erstaunen und fragte 
lachend: „Ja, wer bist du denn, du kleiner Mann, 
und wie kommst du in diesen Sdiadit?“ 
„Ich bin ein Grubenmännlein“, antwortete der 
Kleine, „wir hausen sehr zahlreidi hier unter der 
Erde und helfen den Bergleuten bei ihrer sdiwe- 
ren Arbeit. Unsere Hütchen madien uns unsiditbar 
und dem Edelstein, mit welchem sie geschmückt 
sind, wohnen Zauberkräfte inne. Wenn wir unser 
Hütchen verlieren, weidit aller Zauber von uns 
und wir dürfen nicht wieder zu unserem Volke 
zurück. Deshalb sei gut, Bergmann, und gib mir 
mein Hütchen wieder.“ 
„Ei, das tu ja nicht!“ sagte da eine rauhe 
Stimme hinter Hans. Ein zweiter Bergmann, der 
Vinzenz, war herangekommen und hatte das 
Männlein erblickt. „Mein Großvater hat mir er 
zählt, daß der Besitz eines solchen Hütchens den 
Menschen große Schätze einbringt. Du wärest 
schön dumm, Hans, wenn du darauf verzichten 
wolltest!“ 
Der Kleine stieß einen Klageruf aus und barg 
sein Gesichtlein in den Händen. Hans zögerte 
einen Augenblick. Er dachte an seine Braut, die 
er nicht heiraten konnte, weil sein Verdienst noch 
nicht ausreichte zum Hochzeitmachen. Das Hüt 
chen des Männlein konnte ihm vielleicht zu Geld 
verhelfen. 
„Was zögerst du Tor!“ raunte Vinzenz. Aber 
Hans schüttelte den Kopf. „Ich mag nicht daran 
schuld sein, daß das Grubenmännlein elend und 
heimatlos wird“ sagte er entschlossen, „mit Fleiß 
und gutem Willen werde ich schon allein vor 
wärts kommen“. Dann wandte er sich an das 
Männilein: „Da, nimm dein Hütchen und achte 
besser darauf als zuvor!“ Mit einem Freudenruf 
ergriff das Männlein seine Kopfbedeckung; einen 
Augenblick sah Hans noch ein strahlendes Ge- 
siditchen, dann war der Kleine verschwunden. 
. . . und das kleine Männlein sprach flehend: »Bitte, gib 
mir doch mein Hütchen wieder!« 
„Oh, du Dummkopf“ schalt Vinzenz, „jetzt hast 
du dein Glück von dir gestoßen“. Hans schüttelte 
nur stumm den Kopf und wandte sich mit neuem 
Eifer seiner unterbrochenen Arbeit wieder zu.
	        
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