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WISSENSCHAFTLICHE
cmtasien
Von Studienrat W. H e n s e I, Homburg
Ist dies schon Tollheit,
Hat es doch Methode,
(Shakespeare)
P hantastische Zukunftsträume müssen dem
Menschen seit Urzeiten vorgeschwebt ha
ben. Sicherlich hat es schon in der Stein
zeit Menschen gegeben, die beim Anblick eines
Vogelfluges gewünscht haben mögen: Könnten wir
doch den beschwingten Vögeln gleich uns in die
Lüfte erheben und über die Länder daher schwe
ben!
Ist nicht die griechische Sage vom Ingenieur
Dädalos ein Ausdruck des sehnsüchtigen Wun
sches, fliegen zu können: „Auf einem Turm im
Gebirge ward Dädalos mit seinem Sohn Ikaros
gefangen. Dennoch brachte es Dädalos fertig,
vermöge seiner Geschicklichkeit von dort zu ent
fliehen. Mit einer Schleuder nämlich, die er sich
machte, erlegte er viele Vögel, die über den
Turm flogen, wilde Tauben, Eulen, Sperber und
Raben, und aus ihren Federn klebte er für sich
und seinen Sohn Flügel, die so fest und gewaltig
waren, daß die beiden über das Meer damit ent
flohen. Sie flogen sehr hoch, damit keiner sie
sähe. Allein Ikaros ergriff unterwegs die Freude
des Fluges so, daß sie ihn berauschte; und weil
immer die Söhne glauben, daß sie tüchtiger
seien als die Väter, so dachte nun Ikaros seinen
Vater, der nur die Flügel gemacht hatte, in der
Kunst des Fliegens zu übertreffen. Er schwang
sich höher und höher empor, und da kam er der
Sonne zu nahe, und die Glut schmolz das Wachs
aus den Flügeln, es regnete Federn und Ikaros
stürzte ins Meer. Als einmal der Vater sich nach
ihm umdrehte, war nur überall die Leere von
Nacht und Himmel“.
Jedermann weiß, wie der alte Zukunftstraum,
fliegen zu können, in unserem Jahrhundert ver
wirklicht wurde.
Nicht anders verhielt es sich mit dem Wunsch
traum des Fernsehens. Wir wundern uns heute
durchaus nicht mehr darüber, wenn wir auf dem
Bildschirm bedeutende Ereignisse sehen, die sich
im gleichen Augenblick Hunderte von Kilometern
entfernt von uns abspielen, so etwa die Krö
nungsfeierlichkeiten der Königin Elisabeth von
England, den Kölner Karneval oder ein olym
pisches Kampfspiel. Ein Mensch vergangener
Jahrhunderte oder gar Jahrtausende, der heute
einen Blick in unsere Welt werfen könnte, würde
das Fernsehen für eine ganz ungeheuerliche Zau
berei erklären, ebenso aber auch eine Röntgen
durchleuchtung seines Körpers, das Radio, das
Telefon, das elektrische Licht, ganz zu schweigen
von Uberschallfliegem, Atombomben und Atom
energie.
Welche Lehre ist daraus zu ziehen? Zweifel
los doch die, daß wahrhaft kein Ding unmöglich
ist. Welche Zeit darüber hingehen mag, ehe diese
oder jene Phantasie Wirklichkeit wird, ist eine
zweite Frage. Was tuts! Ist nicht schon die Be
schäftigung mit solchen Plänen interessant genug?
Ist nicht die Idee allzeit der Antrieb zum Suchen
und Streben, zum Forschen und Wissen gewesen?
Lacht nur über die Schildbürger, die in ihrem
Rathausbau die Fenster vergessen hatten und ver
suchten, das Tageslicht mit Schaufeln und Schip
pen in Säcke und Gefäße zu laden und es hinein
zutragen. Ihre Erfolglosigkeit entmutigte sie
durchaus nicht, sondern sie sagten: „Es geht zwar
nicht, aber es wäre doch eine feine Kunst, wenn
es geraten wäre. Und zogen ab und tranken —
dieweil sie ein gemeinsames Werk getan — auf
öffentliche Kosten einige erquickliche Schoppen.“
Wartet nur ab, vielleicht geht’s doch einmal.
Audi die Wärme sperrt man heute — an eine
Flüssigkeit gebunden — in die Thermosflasche
und läßt sie Stunden später zum Frühstück oder
zum Mittagessen wieder heraus.
In Amerika gibt es seit einem Jahrzehnt eine
neue Romanliteratur unter der Überschrift „Sci
ence Fiction“, welches Wort sich mit „Wissen
schaftsdichtung“ oder „wissensdiaftlidie Phanta
sie“ übersetzen läßt. Das klingt sehr wider
spruchsvoll, weil die echte (Natur) Wissenschaft
nichts mit Dichtung oder Phantasie oder Romanen
zu tun hat, sondern nur mit den beobaditbaren
Tatsachen unserer Welt.
Gemeint ist mit dem Wort „Science Fiction“
aber nur, daß die Zukunftsphantasien sich auf
bauen auf modernen wissenschaftlichen Einsich
ten, daß man ausgeht von dem Glauben, der
maleinst könnte auf Grund solcher Einsichten
diese oder jene Idee Wahrheit werden. Im übrigen