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eines
Von C. L. Schaffner, Ottweiler
Es ist um die Mittagsstunde, kurz nachdem der
heulende Ton der Sirenen noch einmal die Er
innerung an dunkle vergangene Tage wach
gerufen hat. Von und zum Bahnhof der Stadt
fluten die Massen hastender Menschen, getrieben
und gepeitscht durch den trüben Alltag von der
Sorge um das tägliche Brot. Auf dem Damm
der schier endlosen Straße drängt sich eine unab
reißbare Kette von Autos aller Typen und Größen
und ihr zur Seite wie eine leichte, aufklärende
Truppe das Heer der Motorräder und Fahrräder.
Langsam nur, zitternd und stöhnend vor Unge
duld, schiebt sich die Schlange in gebändigtem
Tempo weiter. In das Gehupe der Wagen und in
das Brummen der gedrosselten Motore mischt sich
mit hellem Klang das Geläut der Straßenbahn
züge.
Wie ein Fels im brodelnden Meer steht inmitten
des Straßengewühls ein weißgekleideter Verkehrs
schutzmann. Unermüdlich sucht sein Arm der
Verkehrsschlange nach allen Richtungen Bahn zu
brechen. Doch immer wieder sammeln sich neue
Wagen an diesem Brennpunkte des Verkehrs. In
dichten Reihen säumen die Passanten die Bürger-
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ihr Taschentudi, dann bricht es hysterisch aus ihr
hervor: Dodran sin Sie doch ganz allän schuld!“
Der Alte stellt sich noch harmloser: „Was wollen
Sie? — Ich?“ „Nadierlich! Das hätte Ihre Frau
doch kinne gleich son, daß die än Kotelett vagift
war. Wenn mei Mann stirbt, han Sie in uff em
Gewissen!“
Der Obersteiger konnte sich nicht halten, —
er mußte hell auflachen. Die Frau wurde bös
artig: „Was? Sie lache noch! Na, — so ebbes!“
Der Alte ließ sich nicht beirren; „Also, gehen
Sie nur ruhig nach Hause und sagen Sie Ihrem
Mann, er soll morgen wieder zur Schicht kom
men, — das Kotelett war gamicht vergiftet.
Meine Frau hatte ein falsches eingepackt. Ignaz
soll es sich aber zur Lehre dienen lassen. Es
kann doch sehr leicht tatsächlich mal der Fall
sein, daß ein Kotelett für die Mäuse vergiftet ist.“
Boshafter konnten die Augen der Frau wirklich
nicht mehr funkeln. Die Empörung verschlug ihr
die Sprache. Wortlos und grußlos rauschte sie
davon. Ignaz erschien am nächsten Tage wieder
gesund, wenn auch noch etwas bleich und klein
laut, zur Schicht. Und die Fleischportionen waren
seitdem wieder merklich größer.
steige. Wenige Waghalsige schlängeln sich durch
die Wagenkette. Doch die meisten warten, er
geben in ihr Schicksal, auf das Abheben der
VVagenflut.
Mitten unter ihnen, in vorderster Reihe, steht
eine junge Mutter mit zwei herzigen, pausbäckigen
Kleinen. Ungeduldig zerren sie an der Mutter
hand und trampeln mit ihren kleinen Füßchen in
den weißen Gamaschen. Unablässig fragen und
plappern die Mündchen. Die rauhe Winterluft
läßt ihre Stupsnäschen rot anlaufen. Die Kleinen
frieren. Die Kälte kriecht durch ihre Wollkleidchen
und die junge Mutter sieht mit Sorge das Ende
des tapferen Aushaltens ihrer Kinder. Doch das
Gewühl auf dem Straßendamm will kein Ende
nehmen.
J
Da erkennt der weißgekleidete Herrscher des
Straßenverkehrs die stumme Not der jungen
Mutter. Wer weiß, vielleicht ist er selbst Vater
zweier kleinen Menschenkinder, die zu Hause
voll Sehnsucht auf ihn warten? Seine behand
schuhte Rechte fliegt gebieterisch hoch, teilt die
Kette der Wagen und schafft für die junge Mutter
und ihre Kleinen eine Lücke, die sie eilig pas-
sieTen. Hoch erhoben bleibt die Rechte des Man
nes zur Abwehr, bis Mutter und Kinder den
schützenden Bürgersteig gegenüber erreicht haben.
Patschhändchen winken dem Retter. Dankend
neigt die junge Mutter den Kopf, und der Ver
kehrsschutzmann salutiert freundlich zurück.
Noch ein frohes Kinderlachen — dann dröhnt
wieder der Verkehr in brausenden Akkorden über
die Straße und erfüllt die Schluchten der Häuser
mit seinem eintönigen Lied.