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richtigen Sorgen kommen? Das hier ist noch gar
nichts. Mein Großvater“, fuhr der Pilz fort, „soll
immer gesagt haben: Mode vergeht und Natur
besteht.“ Darauf schwieg der Pilz, denn es lief
ihm ein garstiger Käfer über den Rücken, und
gern hätte er sich gekratzt, aber es ging nicht.
Gern hätte ihm auch der Tannenzapfen geant
wortet, aber es ging auch nicht, denn die Tränen
drückten ihm den Hals zu, und er hätte sich
gar zu viel geschämt, wenn es die anderen ge
merkt hätten.
Überdem kam ein Vater mit seinen zwei Buben
des Wegs daher. Der Vater trug einen großen,
schweren Rucksack, den die Mutter zu Hause
vollgepackt hatte. Dieser drückte ihn sehr, und er
dachte, die Mutter habe ihnen, wie immer, viel
zu viel mitgegeben, so daß er die Hälfte davon
wieder mit nach Hause nehmen müßte. Aber sage
einer etwas, die Mütter packen doch immer wie
der zu viel ein. Die Mütter sind eben so, und
er trug ihn daher mit Geduld.
„Siehe den schönen Tannenzapfen“, rief einer
der Knaben, „den nehmen wir mit nach Hause
und hängen ihn an den Christbaum.“ Dabei hob
er ihn auf und bat den Vater, er möge ihn in
den Rucksack stecken. Zuerst wollte der Vater
nicht, aber dann mochte er dem Jungen die
Freude nicht nehmen und tat es doch.
Sein Bruder sah inzwischen auf dem Boden
umher und gewahrte den Pilz. Da rief er: „Ach,
da steht ein garstiger Pilz.“ Er gab ihm einen
Tritt, daß der arme Pilz weit davonflog. Der
arme Pilz! Das war nicht redit.
Nun lag der Tannenzapfen still im Rucksack
und wurde dermaßen hin und her geschüttelt, daß
ihm davon ganz wehe wurde. Zuletzt konnte er
es nicht mehr aushalten und schlief ein.
Die anderen aber, welche liegengeblieben, waren
redit erbost. Sie schimpften darüber, daß aus
gerechnet jener und nicht sie an den Christbaum
gehängt wurden. „Ja, entweder hat einer Glück
oder er hat keines“, zeterten sie, „aber redit ist
es einmal nidit, daß es nur immer dieselben
haben.
Als der Tannenzapfen wieder erwadite, da lag
er auf dem Küchenschrank, und die ganze Fa
milie saß um den Tisch herum und verzehrte das
Abendbrot. Die Mutter hielt auf ihrem Sdioß
ein ganz kleines Mädchen, dem sie das Essen
einsteckte. Nadidem sie alle mit dem Essen fertig
waren, holte der Vater eine Pappsdiaditel, welche
laut klirrte, hob davon den Deckel auf und warf
den Tannenzapfen hinein, worauf er die Sdiaditel
wieder schloß.
Die Glaskugeln, welche darin lagen, sdirien
auf vor Sdireck, als sie den Eindringling gewahr
ten, und sehr reserviert zogen sie sich in eine
Ecke zurück. Es war so entsetzlich finster in der
Schachtel, daß man sich überhaupt nidit sehen
konnte.
„Was polterte denn jetzt da für eine garstige
Person so anstandslos herein“, flüsterte eine Glas
kugel, „ich dädite, man stellt sich doch zum
wenigsten vor.“
„Wir werden bald leuchten“, sagte ein Wachs-
lidit, „dann wird es hell. Fast scheint mir aber,
als sei es ein Stück Holz gewesen.“ „Ich bin kein
Stück Holz“, ließ sidi der Tannenzapfen zaghaft
vernehmen, „sondern ein Tannenzapfen, und ich
soll an den Christbaum gehängt werden.“ „Was?“
schrien entsetzt die Glaskugeln, „an den Christ
baum gehängt werden? Ja, hat man denn sdion
so etwas gesehen oder gehört? Einen Tannen
zapfen an den Weihnachtsbaum hängen? Nein,
das lassen wir uns nicht gefallen! Ist man viel-
leidit dazu als vornehme Glaskugel auf die Welt
gekommen, um sidi in so schlediter Gesellsdiaft
sehen lassen zu müssen?“
Dabei rückten die Glaskugeln noch ein wenig
weiter ab, daß es nur so klirrte, und die Wachs-
liditer taten desgleidien, denn sie wollten es nicht
mit ihnen verderben.
Die Stimmung war recht eisig. Der arme Tan
nenzapfen war bedrückt, und trotzig drehte er
sich auf die Seite, indem er murmelte: „Mode
vergeht und Natur besteht, mach' dir nichts draus,
hat der Pilz gesagt, und so werde ich es tun.“
Und das tat er und schwieg.
„Was soll ich gesagt haben?“ platzte der Glas
pilz heraus, denn er glaubte, zuerst nidit recht
verstanden zu haben. „Jetzt hört dodi alle Frech
heit auf. Ich habe dodi überhaupt nidits gesagt.“
„Idi meinte ja nicht didi“, erwiderte der Tan
nenzapfen, „sondern den Pilz draußen im Walde.“
„Den Pilz im Walde?“ empörte sich der Glas
pilz. „Ja, gibt es denn dort auch Pilze? Nein, da
protestiere idi dagegen!“
Dodi der Tannenzapfen versteifte sich darauf,
daß es draußen im Wahle riditige Pilze gäbe
und keine so sdiäbige aus Glas wie dieser hier.
Er wandte sidi dabei erklärend an die Wadis-
liditer in der Annahme, diese seien die Ver
nünftigsten. Diese merkten, daß er sie für ver
ständige Leute hielt, und weil sie sich ge-
sdimeichelt fühlten, schwiegen sie vorsiditig, um
keinem an den Kopf zu stoßen. Desto mehr
sdirien aber die Glaskugeln, die Glocke und der
Glaspilz, und je lauter der Tannenzapfen brüllte,
es gäbe im Walde edite Pilze, um so lauter
wetterten die anderen, sie glaubten es nidit, und
er sei ein ganz gemeiner Lügner. Und obgleidi
sie nidit den geringsten Beweis dafür hatten, be
standen sie darauf, weil sie sich für sehr gesdieit
hielten und einfach nidits zugeben wollten.
Zuletzt waren sie alle heiser. Der Tannenzapfen
schwieg gekränkt und auch die anderen verhielten
sich still oder flüsterten unter sich. Kurz, der
Kradi war da, und dabei blieb es, weil keiner
den ersten Schritt tun wollte. Aber langweilig
war es dodi, so in Feindschaft dahinzuleben, und
es bedrückte alle. Unfriede ist eine peinliche
Sache, besonders wenn man zusammen wohnt.