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Franz Fuchs war Invalide, hatte unter Tage
ausgedient, wurde nur noch über Tage beschäf
tigt, und war nebenbei beim Betriebsführer, dem
alten Obersteiger, als Faktotum nach der Schicht
beschäftigt, mähte einmal in der Woche Hof
und Ställe sauber und verrichtete sonstige grö
bere Arbeiten. So verdiente er sich nebenbei ein
ganz schönes Taschengeld. Sonst war er überall
dort anzutreffen, wo es etwas zu „erben“ gab,
— er besaß das seltene Talent, an drei Stellen
zu gleicher Zeit zu sein. Er wußte auch alles,
alle Neuigkeiten aus der Ortshaft und den Nach-
bargemeinden, wußte, wie man so sagt, was in
der Hölle gekocht wird.
So war er der Frau Obersteiger mit der Zeit
unentbehrlich geworden. Jedesmal wußte er
etwas Neues, Interessantes zu berichten. In sei
nem Fuehsgesiht fand sah niemand zureht.
Sonst hatte er auh die lobenswerte Eigenshaft,
für alles, was nicht niet und nagelfest war, —
was andere Leute so „liegen“ ließen, eine Ver
wendung zu haben. Er war ein Meister im
„Finden“.
Sein sechzigster Geburtstag stand bevor, zu
gleicher Zeit sein 35jähriges Hohzeitsjubiläum,
und diese doppelte Familienfeier schien ihm
schwere Kopfschmerzen zu bereiten. In tiefen
Gedanken versunken konnte man ihn tagdang
auf der Bank vor seinem Häuschen sitzen sehen.
Nachdenklich zog er an seiner Tabakpfeife. Da,
— eine Erleuchtung blitzte in seinem von tau
send Falten und Fälthen zerknitterten Spitzbu-
bengesiht auf. Er suchte ein kleines Fläschchen
aus seiner Gerümpelkiste heraus und mähte sih
auf den Weg zu seiner Stammkneipe.
Am nächsten Tag hatte er wieder Dienst beim
Obersteiger. Er kam diesmal sehr zeitig am
Nachmittag, bevor der Obersteiger von der Grube
nah Hause zurückgekehrt war. Er fegte den
Hof, säuiberte den Hühnerstall, fütterte auh die
Hühner, doch heute eigenartigerweise im Stall,
nicht draußen auf dem Hofe. Mit liebevollem
Blick betrachtete er die zahlreihe Hühnershar,
vor allem den größten und fettesten der drei
Hähne.
Er hackte noch etwas Holz, füllte alle Kohlen-
eiimer und -kästen, — nun war er fertig, ging hin
auf in die Kühe zur Hausfrau, die shon voll
Spannung auf die neuesten Nachrichten wartete:
Dort erhielt er auh immer ein anständiges Ves
perbrot und Kaffee.
„Nun, was gibt es Neues, Franz?“ begrüßte
ihn die Hausfrau. Franz setzte sein bekümmert-
stes Gesiebt auf, legte es noch mehr in Falten.
„Eijentlih nix guttes, Frau Obersteiger!“ — „Ja
wieso denn?“ „Ja — gucke se mol, ich hann
doch dahemm aah e paar Hühner“ —, er legte
eine kleine Spannungspause ein — „un newe-
dran im Birkenhof soll die Geflügelholera aus-
gebroch sin. Wenn die erseht mol bei uns kummt,
dann is es mit den Hinkele voabei. Dann hilft
nix meh wie abshlahte! Un das ausgerechnet
jetzt, wo sie anfange solle zu leje. Mir han doh
shun voa paar Joohr das Gedings gehatt, — ich
kenne das!“ — „Ist ja nicht gesagt, daß sie ge
rade zu uns kommen sollte.“ — „San se das net,
das geht schnell! In e paar Shtunne heischts
donn dabba — 'dabba! Soball wie das ershte
Hinkel anfängt ze wackele un ze torkele, heishts
nix wie Kopp ab! Do muß ma uffpasse. Ih will
ihne kä Angsht mähe, awa die schwarz Henne
mit denne weiße Bän, die huckt so traurisch do,
die gefallt mir garnitl Sie müsse mol öfters noh-
gucke. No, ich muß jetzt hemmgehn, han de-
bemm noch zu schaffe.“
Er mähte Anstalten, sih zu verabschieden.
„Warten sie doh einen Augenblick, Franz. Jetzt
haben Sie mir solche Angst gemäht, da muß ih
doh mal selbst nah meinen Hühnern shauen.“
— „Noja, soviel Zeit han ih jo dann auh
noch,“ beeilte sih Franz, bereitwillig zu ent
gegnen.
Sie gingen beide in den Hof hinunter, die
Hausfrau Zählte .ihre Hühner. „Wo ist denn nur
die shwarze Henn? Und der große weiße Hahn
ist nicht zu sehen!“ — „Mir misse doh mol im
Stall gucke.“
Dort bot sih ihnen ein seltsames Bild: Die
schwarze Henne mit den weißen Beinen konnte
sih offenbar nur mit Aufbietung aller Kräfte
auf den Beinen halten, torkelte andauernd hin
und her, sperrte den Schnabel Immerzu weit
auf, als wolle sie nah Luft shnappen. Sie jam
merte und stöhnte herzzerreißend. Und der große
weiße Hahn machte die absonderlichsten Kaprio
len, schlug mit den Flügeln, verdrehte den Kopf,
Hals und Augen, hopste und sprang herum
konnte sich aber offensichtlich ebenfalls niht