Full text: 1956 (0084)

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ikLunute 
Von Studienrat 
Erich Hagel, 
Homburg 
In den letzten Jahrzehnten wurden in den 
Naturwissenschaften epochemachende Entdeckun 
gen gemacht. Wir brauchen nur an die Maschi 
nen- und Motorindustrie, die Entwicklung der 
Luftfahrt und an die Atomforschung zu denken. 
Aber auch auf ganz anderem Gebiet sind For 
schungserfolge von weittragender Bedeutung er 
zielt worden. In Presse und' Rundfunk hören 
wir beinahe täglich von Penizillin, Hormonen 
und Vitaminen. 
So lange es Menschen gibt, hat man sich um 
den Küchenzettel Gedanken und Sorgen gemacht 
Dabei war man stets bestrebt, die Speisen 
schmackhaft und köstlich zu bereiten, was auch 
durchaus seine biologische Berechtigung hat. 
Heute werden die meisten Hausfrauen in Kursen 
und Fachschulen so vorbereitet, daß sie unsere 
tägliche Kost emährungsmäßig richtig zusammen 
stellen können. Dazu gehören bestimmte Men 
gen an Eiweiß, Fetten und Kohlehydraten, wie 
Zucker und Stärke, sowie Salze und Vitamine. 
Dieses Wissen ist heute zur Gesunderhaltung 
unbedingte Voraussetzung, da der Kulturmensch 
viele seiner Nahrungsmittel künstlich herstellt 
und zubereitet und sich häufig einseitig ernährt. 
In grauer Vorzeit ernährten sich unsere Vorfah 
ren von dem, was ihnen die Natur bot. Sie 
aßen das Fleisch der erlegten Tiere. Sie verzehr 
ten Wurzeln, Knollen, Pilze, Samen und Früchte. 
Sie waren also Jäger und Sammler, Menschen 
dieser niedrigen Kulturstufe finden wir auch heute 
noch auf anderen Erdteilen. So leben die Busch 
männer in der trostlosen Steppe der Kalahari 
Südafrikas von Fröschen, Heuschrecken, Vögeln, 
Straußeneier, Knollenfrüchten u. a. Zum Fangen 
des Wildes haben sie sich zahlreiche sinnreiche 
Verfahren ausgeklügelt. Da die Nahrung solcher 
Menschen recht bunt zusammengesetzt ist, ent 
hält sie auch alle lebensnotwendigen Stoffe. 
Anders lagen die Verhältnisse, wenn Seefahrer 
monatelang mit Segelschiffen auf dem Weltmeere 
umherfuhren und sich nur von Schilfszwieback, 
Hülsenfrüchten und getrocknetem Fleisch ernäh 
ren konnten. Eine unausbleibliche Folge war 
dann der Skorbut, der einstmalige Schrecken 
der Seefahrer. Das Zahnfleisch fing an zu bluten 
und eitern, die Zähne fielen aus. In schweren 
Fällen traben Magen- und Darmblutungen auf, 
die Muskeln schrumpften und konnten ihren 
Dienst nicht mehr versehen. Schließlich trat der 
Tod infolge Herzschwäche ein. Erreichten die 
Seefahrer rechtzeitig Land, so konnte die Krank 
heit sehr schnell wieder durch den Genuß von 
frischem Obst und Gemüse behoben werden. 
Einseitige Emährungsverhältnisse sind auch die 
Ursache der bekannten Englischen Krank 
heit oder Rachitis. Sie wird namentlich 
durch Mangel an Sonnenlicht und durch fehler 
hafte Ernährung hervorgerufen. Die Rachitis be 
ginnt daher fast ausschließlich in den Wintermona 
ten. Eine Ausnahme machte der letzte Krieg, 
wo sich die sog. Bunkerkinder die Krankheit in 
folge Sonnenlichtmangel zu jeder Jahreszeit zu 
ziehen konnten. Die Rachitis führt durch ver 
zögerte Knochenverkalkung zur Bildung weicher, 
stark zu Verbiegungen neigenden Knochen. Es 
kommt zu Verdickungen der Gelenke, Verküm 
merungen der Beine, der Wirbelsäule, Entstel 
lungen des Brustkorbs, mangelhafter Zahnent 
wicklung usw. Die Krankheit läßt sich durch 
reichliche Zufuhr von Sonne und Luft sowie 
durch Aufnahme von Lebertran heilen. Weniger 
bekannt bei uns ist die Beriberi, die durch 
mangelhafte Ernährung mit geschältem Reis ent 
steht. Sie ist naturgemäß in den Gebieten anzu 
treffen, in denen sich die Menschen hauptsäch 
lich von Reis ernähren (Süd- und Ostasien). Durch 
Genuß von Reiskleie kann die Krankheit wieder 
geheilt werden. Zu dieser Art Krankheiten gehören 
auch gewisse Ermüdungs- und Erschöpfungs 
zustände, wie die bei uns bekannte und weit 
verbreitete Frühjahrsmüdigkeit. Alle diese Krank 
heiten lassen sich beheben, wenn wir dem Kör 
per bestimmte Stoffe zuführen. Nur bei Mangel 
derselben erkrankt der Körper. Man spricht da 
her beim Skorbut, bei der Rachitis und der 
Beriberikrankheit von Mangelkrankhei 
ten. Sie beruhen also darauf, daß in unserer 
Nahrung irgendwelche Stoffe fehlen. Das sind 
die Vitamine, die unsere Nahrungsstoffe ergän 
zen und deshalb auch Ergänzungsstoffe 
genannt werden. Wie die bisherigen Ausführun 
gen erkennen lassen, kommen sie z. B. in frischem 
Obst, Gemüse und in der Kleie vom Reis vor 
Da die Vitamine für die Gesunderhaltung des 
Menschen so überaus wichtig sind, hat sich diie 
Forschung in jüngster Zeit besonders stark mit 
ihnen beschäftigt. Dabei wurde festgestellt: 
Während unsere Nahrungsmittel, die Eiweiß 
stoffe, Fette, Zucker und Stärke enthalten, all 
gemein zum Aufbau des Körpers und als Kraft 
spender dienen, sind die Vitamine für den rei
	        
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