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ikLunute
Von Studienrat
Erich Hagel,
Homburg
In den letzten Jahrzehnten wurden in den
Naturwissenschaften epochemachende Entdeckun
gen gemacht. Wir brauchen nur an die Maschi
nen- und Motorindustrie, die Entwicklung der
Luftfahrt und an die Atomforschung zu denken.
Aber auch auf ganz anderem Gebiet sind For
schungserfolge von weittragender Bedeutung er
zielt worden. In Presse und' Rundfunk hören
wir beinahe täglich von Penizillin, Hormonen
und Vitaminen.
So lange es Menschen gibt, hat man sich um
den Küchenzettel Gedanken und Sorgen gemacht
Dabei war man stets bestrebt, die Speisen
schmackhaft und köstlich zu bereiten, was auch
durchaus seine biologische Berechtigung hat.
Heute werden die meisten Hausfrauen in Kursen
und Fachschulen so vorbereitet, daß sie unsere
tägliche Kost emährungsmäßig richtig zusammen
stellen können. Dazu gehören bestimmte Men
gen an Eiweiß, Fetten und Kohlehydraten, wie
Zucker und Stärke, sowie Salze und Vitamine.
Dieses Wissen ist heute zur Gesunderhaltung
unbedingte Voraussetzung, da der Kulturmensch
viele seiner Nahrungsmittel künstlich herstellt
und zubereitet und sich häufig einseitig ernährt.
In grauer Vorzeit ernährten sich unsere Vorfah
ren von dem, was ihnen die Natur bot. Sie
aßen das Fleisch der erlegten Tiere. Sie verzehr
ten Wurzeln, Knollen, Pilze, Samen und Früchte.
Sie waren also Jäger und Sammler, Menschen
dieser niedrigen Kulturstufe finden wir auch heute
noch auf anderen Erdteilen. So leben die Busch
männer in der trostlosen Steppe der Kalahari
Südafrikas von Fröschen, Heuschrecken, Vögeln,
Straußeneier, Knollenfrüchten u. a. Zum Fangen
des Wildes haben sie sich zahlreiche sinnreiche
Verfahren ausgeklügelt. Da die Nahrung solcher
Menschen recht bunt zusammengesetzt ist, ent
hält sie auch alle lebensnotwendigen Stoffe.
Anders lagen die Verhältnisse, wenn Seefahrer
monatelang mit Segelschiffen auf dem Weltmeere
umherfuhren und sich nur von Schilfszwieback,
Hülsenfrüchten und getrocknetem Fleisch ernäh
ren konnten. Eine unausbleibliche Folge war
dann der Skorbut, der einstmalige Schrecken
der Seefahrer. Das Zahnfleisch fing an zu bluten
und eitern, die Zähne fielen aus. In schweren
Fällen traben Magen- und Darmblutungen auf,
die Muskeln schrumpften und konnten ihren
Dienst nicht mehr versehen. Schließlich trat der
Tod infolge Herzschwäche ein. Erreichten die
Seefahrer rechtzeitig Land, so konnte die Krank
heit sehr schnell wieder durch den Genuß von
frischem Obst und Gemüse behoben werden.
Einseitige Emährungsverhältnisse sind auch die
Ursache der bekannten Englischen Krank
heit oder Rachitis. Sie wird namentlich
durch Mangel an Sonnenlicht und durch fehler
hafte Ernährung hervorgerufen. Die Rachitis be
ginnt daher fast ausschließlich in den Wintermona
ten. Eine Ausnahme machte der letzte Krieg,
wo sich die sog. Bunkerkinder die Krankheit in
folge Sonnenlichtmangel zu jeder Jahreszeit zu
ziehen konnten. Die Rachitis führt durch ver
zögerte Knochenverkalkung zur Bildung weicher,
stark zu Verbiegungen neigenden Knochen. Es
kommt zu Verdickungen der Gelenke, Verküm
merungen der Beine, der Wirbelsäule, Entstel
lungen des Brustkorbs, mangelhafter Zahnent
wicklung usw. Die Krankheit läßt sich durch
reichliche Zufuhr von Sonne und Luft sowie
durch Aufnahme von Lebertran heilen. Weniger
bekannt bei uns ist die Beriberi, die durch
mangelhafte Ernährung mit geschältem Reis ent
steht. Sie ist naturgemäß in den Gebieten anzu
treffen, in denen sich die Menschen hauptsäch
lich von Reis ernähren (Süd- und Ostasien). Durch
Genuß von Reiskleie kann die Krankheit wieder
geheilt werden. Zu dieser Art Krankheiten gehören
auch gewisse Ermüdungs- und Erschöpfungs
zustände, wie die bei uns bekannte und weit
verbreitete Frühjahrsmüdigkeit. Alle diese Krank
heiten lassen sich beheben, wenn wir dem Kör
per bestimmte Stoffe zuführen. Nur bei Mangel
derselben erkrankt der Körper. Man spricht da
her beim Skorbut, bei der Rachitis und der
Beriberikrankheit von Mangelkrankhei
ten. Sie beruhen also darauf, daß in unserer
Nahrung irgendwelche Stoffe fehlen. Das sind
die Vitamine, die unsere Nahrungsstoffe ergän
zen und deshalb auch Ergänzungsstoffe
genannt werden. Wie die bisherigen Ausführun
gen erkennen lassen, kommen sie z. B. in frischem
Obst, Gemüse und in der Kleie vom Reis vor
Da die Vitamine für die Gesunderhaltung des
Menschen so überaus wichtig sind, hat sich diie
Forschung in jüngster Zeit besonders stark mit
ihnen beschäftigt. Dabei wurde festgestellt:
Während unsere Nahrungsmittel, die Eiweiß
stoffe, Fette, Zucker und Stärke enthalten, all
gemein zum Aufbau des Körpers und als Kraft
spender dienen, sind die Vitamine für den rei