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keit gewidmet. Einen kleinen Prozentsatz be
kömmlicher Salze darf es enthalten, aber keines
wegs gesundheitsschädliche Stoffe; es soll keim
frei, klar, farblos, durchsichtig, eisenfrei und mög
lichst chlorfrei sein. Dazu bedarf es meist beson
derer Reinigungsanlagen mit Filtern und Sterili
sierungseinrichtungen. Nicht keimfreies Trink
wasser ist häufig die Ursache für Seuchen und
Krankheiten. Die Erreger von Typhus finden
sidi leicht in ungereinigten Gewässern, in die sie
durch Versickerung durch menschlichen Auswurf
hineingelangen können. Audi Trinkwasser für
Tiere soll keimfrei sein, Milchkühe, die typhöses
Wasser aus nicht einwandfreien Brunnen saufen,
gefährden bei ihrer Milchabgabe wiederum den
Menschen.
Wenn das Wasser keinerlei Salze enthält,
spricht man von weichem Wasser. Sein Ge
schmack ist fad, dafür aber ist es geeignet für
Kesselanlagen und gut zum Waschen. Hartes
Wasser schmeckt wieder besser, es enthält
Kalk- und Magnesiumsalze, die andererseits je
doch den Waschprozeß stören. Für die Bierher
stellung bevorzugt man hartes Wasser. Regen
wasser, ebenso Sdinee enthält neben Staubteil
chen und Luft etwas Kohlensäure und Spuren
von Ammoniumsalzen, aber weder Kalk noch
Gips. Destilliertes Wasser kommt dem Regen
wasser sehr nahe. Wirklich reinstes Wasser er
hält man durdi Destillieren unter Luftabschluß
mit besonderen Vorsichtsmaßnahmen. Wenn man
nun aber meint, dieses reinste Wasser sei der
Weisheit letzter Sdiluß, so irrt man abermals.
Dem Chemiker Lavoisier ist es vor ca. 200
Jahren gelungen, nachzuweisen, daß das Wasser
kein Grundstoff ist, der nicht weiter zerlegt wer
den könne, sondern daß es auf chemischem
Wege noch gespalten werden kann. Durch den
elektrischen Strom kann es zersetzt werden. Das
Wasser ist eine chemische Verbindung von Was
serstoff und Sauerstoff. Beide Substanzen sind
gasförmig: Sauerstoff ist uns bekannt als ein Teil
der Luft, die wir einatmen, Wasserstoff ist ein
brennbares Gas, mit dem man die Luftballons
füllt, es findet sich auch im Leuchtgas, das wir
zum Kochen benutzen. Man kann den Beweis
leicht führen, daß diese beiden Gase, im richtigen
Mengenverhältnis gemischt, und zur chemischen
Vereinigung gebracht, wieder Wasser (Wasser
dampf) ergeben. Die Vereinigung der beiden
Gase geschieht explosionsartig (Knallgas).
Der Chemiker stellt diesen Vorgang durdi eine
Gleichung dar; er schreibt 2 H -r O = H2O,
Mit H bezeidmet er dabei die kleinste Menge
Wasserstoff (Hydrogenium), die es gibt, das ist
das Atom Wasserstoff, und mit O das Atom
Sauerstoff (Oxygenium), HoO heißt die Formel
des reinen Wassers. Im Zeitalter der Technik, so
behauptete ein bedeutender Physiker, sei es für
die Mensdiheit wichtiger, zu wissen, wie die For
mel des Wassers laute, als zu wissen, wer Goethe
war. Nun, wenn wir uns auch nicht dieser An
sicht ansdiließen wollen, weil sich das eine über
haupt nicht mit dem anderen vergleidien läßt,
so wollen wir aber darauf hinweisen, daß die
Kenntnis der Wasser Zusammensetzung einen
Markstein bedeutet für das Verständnis der
Chemie.
Seit der Entdeckung des Radiums hat die che
mische Wissenschaft ungeheure Fortschritte ge-
Apparatur zur Trennung des schweren Wassers
von normalem Wasser
macht, und heute wissen wir, daß das obenge
nannte Wasser mit der Formel HoO nicht das
einzige Wasser ist, das auf der Erde existiert.
Es gibt noch eine weitere Art reinsten Wassers,
die 1932 von Urey entdeckt wurde. Um das ver
ständlich zu machen, sei ein Vergleich erlaubt:
Jemand kauft einen Zentner Kartoffeln. Beim Ver
brauch merkt er, daß trotz völlig gleichen Aus
sehens zwei verschiedene Sorten in dem Zentner
vorhanden sein müssen, denn eine Sorte wird
beim Kochen etwas früher weich, auch ihr Ge
schmack ist ein wenig anders. Es ergibt sich bald,