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Von Konrad Lubos, Schwalbach
Im Sommer naht die „Kreuzottergefahr“.
Es gab Zeiten, — und sie sind noch gar nicht
so lange her, — wo für jede eingebrachte, tote
Kreuzotter eine Prämie gezahlt wurde.
Was hat es denn mit der Kreuzottergefahr
in Wirklichkeit auf sich? Wem wird sie denn
gefährlich? Den Menschen? Wo kommt sie denn
mif den Menschen soviel in Berührung? Die we
nigen Beerenklauber und Pilzsucher? In den
meisten Fällen ist sie beim Nahen eines Menschen
längst ins Gestrüpp gehuscht und verschwunden,
bevor der Mensch sie zu Gesicht bekommen hat.
Und wen und wann greift sie denn an? Erwie
senermaßen nur dann, wenn sie gereizt oder an
gegriffen wird! Gewiß, man kann von ihr ge
bissen werden, wenn man aus Versehen auf sie
tritt. Denn wenn sie etwa in seltenen Fällen
träge am Wegrand zusammengerollt liegt, so ist
sie sattgefressen, also ungefährlich. Ich selbst
bin bei meinen vielen Wanderungen des öfteren
mit Kreuzottern in Berührung gekommen, aber
bisher noch nie von einer angegriffen worden.
Es gibt aber andere Wesen, denen die Kreuz
otter gefährlich wird! Und dies sind alle Arten
von Mäusen! Unsere Kreuzotter ist eine der
besten Mäusevertilger, die wir in unserer Heimat
haben. Und zwar an Stellen, wo andere Mäuse
jäger nicht herankommen können, wie etwa der
Mäusebussard oder die Eule.
Der Beweis ist bereits des öfteren von Fach
leuten auf diesem Gebiet erbracht worden. In
einem norddeutschen Gebiet wurde vor etlichen
Jahren, wie oben erwähnt, eine Prämie für jede
eingebrachte Kreuzotter von amtlicher Stelle ge
zahlt. Die betreffende Gegend ist zu einem
großen Teil moorig und beherbergte viele
Ottern. Der Erfolg war überraschend! Es wurde
eine unerwartet hohe Zahl von Ottern abgelie
fert! Für viele Otternjäger wurde es ein lohnen
der Verdienst.
Aber auch ein anderer unerwarteter Erfolg
stellte sich ein: Die Bauern der Umgebung konn
ten sich im Herbst vor Mäusefraß nicht retten!
Diese schädlichen Nager hatten erschreckend in
der gesamten Gegend überhand genommen! Der
Schaden war viel hundertmal größer als der an
gebliche Nutzen durch die Vertilgung deT Ottern.
Dazu kam noch, daß außer den Kreuzottern min
destens ebensoviel Ringelnattern und Blindschlei
chen zur Ablieferstelle gebracht worden waren,
— die ersteren ebenfalls eifrige Mäusejäger, die
letzteren fleißige Schneckenvertilgerl
Man kam in diesem Kreis also schleunigst von
der Kreuzotterprämie wieder ab. Und siehe da!
Als sich infolgedessen die Otternjagd nicht mehr
lohnte, diese also in Ruhe gelassen wurden und
sich wieder vermehren konnten, ließ auch der
Mäusefraß nach, da die Ottern dem Überhand
nehmen der kleinen grauen Nager Einhalt ge
boten.
Darum FingeT weg von der Kreuzotter! Laßt
sie leben, wenn ihr ihr begegnet! Sie ist ein
Freund des Bauern und sein Wächter gegen
die wahren Schädlinge unserer Ernährung, ge
gen die Mäuse! Was die Katze im Haus ist, das
ist die Kreuzotter in Feld und Busch! Darum
geh' ihr aus dem Wege, und laß die Finger von
ihr weg!
WBttemntelkänig
Saarbrücken, Rathausstrasse 8 Neunkirchen, Bahnhotstrasse 35
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