47
Entwicklung und Stand
des Vorentgasungswesens
Der gegenwärtige Stand
im Saarland
Oberster Grundsatz:
Sicherheit des Bergmanns
Von L. Meisberger
Mit Schrecken denkt wohl noch jeder Bewoh
ner unseres Industriegebietes an die großen
Schlagwetterunglücke, die im Laufe des Be
stehens unserer Kohlengruben Hunderten von
Bergleuten das Leben gekostet haben. Ich
brauche nur die Namen Reden, Maybach
oder Frankenholz zu nennen. Aber nicht nur
unser kleines Gebiet wurde davon betroffen,
sondern auch in anderen Kohlenrevieren in
Deutschland, England, Belgien, Frankreich usw.
forderte dieses Schreckgespenst „Schlagwetter"
seine Opfer.
Was versteht man eigentlich unter „Schlag
wetter"? Sie sind ein Gemisch von Methangas
und Luft. Bei einem Methangehalt von unge
fähr 10% liegt die größte Explosionskraft die
ses Gemisches. Methangas ist ein Kohlenwas
serstoff mit der chemischen Formel CH4, also
ein Atom Kohlenstoff und 4 Atome Wasserstoff,
und verbrennt mit Sauerstoff nach der Formel
CH« + 2 Oj 2 H, O + CO2
Woher stammt nun dieses Methangas?
Es entsteht neben anderen Kohlenwasserstof
fen bei dem sogenannten „Inkohlungsprozeß"
unter dem Einfluß von Temperatur und Druck
im Laufe der Entstehung der Kohle und ist nur
locker an diese gebunden. Die verschiedenen
Theorien über die Art der Bindung hier auf
zuführen würde zu weit führen. Jedenfalls wird
es beim Abbau der Kohle, wobei diese ent
spannt wird, in mehr oder weniger starkem
Maße frei und bildet mit der Luft die soge
nannten Schlagwetter. Bei entsprechendem
Mischungsverhältnis genügt ein kleiner Funke,
um dieses Gasgemisch zu entzünden. Schlag
wetter-Explosionen sind meist nur örtlich be
grenzt, da sich explosible Gasgemische kaum
im ganzen Grubengebäude befinden. Weitaus
gefährlicher kann eine dadurch entstehende
Kohlenstaubexplosion werden, denn Kohlen
staub befindet sich überall in der Grube.
Es wurden im Laufe der Jahre viele Verfah
ren entwickelt und angewandt, um einmal eine
Methangasansammlung zu verhüten, zum an
deren dem Kohlenstaub seine Explosionsfähig
keit zu nehmen oder doch stark zu begrenzen.
Die für diese Sicherheitsmaßnahmen herausge
gebenen Verordnungen sind sehr streng und
ihre Einhaltung wird von der Bergpolizei lau
fend überprüft. So darf z. B. der Methangehalt
in den Grubenbauen 1 % nicht übersteigen. In
Ausnahmefällen werden auf Antrag 2 % CH«
genehmigt. Um in diesen Grenzen zu bleiben,
wurde das Gas bisher mit Luft verdünnt. Die
Wettergeschwindigkeit (und damit die Wetter
menge) ist jedoch ebenfalls auf 8 m/sec. be
schränkt, so daß man praktisch nicht unbegrenzt
verdünnen kann. Die Abbauabteilungen in
schlagwetterreichen Flözen mußten also immer
klein gehalten werden und es war dadurch
keine wirtschaftliche Betriebskonzentration mög
lich. Hier schaffte die Vorentgasung sowohl in
sicherheitlicher, als auch in wirtschaftlicher
Hinsicht Abhilfe. Die Versuche zur systemati
schen Gasabsaugung begannen während des
Dretjkoibengebläse
Dref) kolben
öasaustritf *— :
Rotationsgebtöse
Krieges, doch hatte man auch schon früher
sogenannte „Bläser", worunter man außerge
wöhnlich hohe Gasaustritte an örtlich begrenz
ten Stellen z. B. Bohrlöchern, versteht, abge
fangen und mittels Rohrleitungen abgeleitet.
Auf diese Weise wurde z. B, auf Grube Fran
kenholz um die Jahrhundertwende Gas gefan
gen und unter den Dampfkesseln verfeuert.
Es ist dies allerdings keine Vorentgasung im
eigentlichen Sinne, da das Auftreten von Blä
sern nicht sicher vorausgesehen werden kann
und mehr oder minder vom Zufall abhängt.
Ebensowenig kann man die Dauer des Gas
austrittes bzw. die Menge vorher bestimmen. Die
planmäßige Vorentgasung bedient sich anderer