Full text: 1955 (0083)

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Entwicklung und Stand 
des Vorentgasungswesens 
Der gegenwärtige Stand 
im Saarland 
Oberster Grundsatz: 
Sicherheit des Bergmanns 
Von L. Meisberger 
Mit Schrecken denkt wohl noch jeder Bewoh 
ner unseres Industriegebietes an die großen 
Schlagwetterunglücke, die im Laufe des Be 
stehens unserer Kohlengruben Hunderten von 
Bergleuten das Leben gekostet haben. Ich 
brauche nur die Namen Reden, Maybach 
oder Frankenholz zu nennen. Aber nicht nur 
unser kleines Gebiet wurde davon betroffen, 
sondern auch in anderen Kohlenrevieren in 
Deutschland, England, Belgien, Frankreich usw. 
forderte dieses Schreckgespenst „Schlagwetter" 
seine Opfer. 
Was versteht man eigentlich unter „Schlag 
wetter"? Sie sind ein Gemisch von Methangas 
und Luft. Bei einem Methangehalt von unge 
fähr 10% liegt die größte Explosionskraft die 
ses Gemisches. Methangas ist ein Kohlenwas 
serstoff mit der chemischen Formel CH4, also 
ein Atom Kohlenstoff und 4 Atome Wasserstoff, 
und verbrennt mit Sauerstoff nach der Formel 
CH« + 2 Oj 2 H, O + CO2 
Woher stammt nun dieses Methangas? 
Es entsteht neben anderen Kohlenwasserstof 
fen bei dem sogenannten „Inkohlungsprozeß" 
unter dem Einfluß von Temperatur und Druck 
im Laufe der Entstehung der Kohle und ist nur 
locker an diese gebunden. Die verschiedenen 
Theorien über die Art der Bindung hier auf 
zuführen würde zu weit führen. Jedenfalls wird 
es beim Abbau der Kohle, wobei diese ent 
spannt wird, in mehr oder weniger starkem 
Maße frei und bildet mit der Luft die soge 
nannten Schlagwetter. Bei entsprechendem 
Mischungsverhältnis genügt ein kleiner Funke, 
um dieses Gasgemisch zu entzünden. Schlag 
wetter-Explosionen sind meist nur örtlich be 
grenzt, da sich explosible Gasgemische kaum 
im ganzen Grubengebäude befinden. Weitaus 
gefährlicher kann eine dadurch entstehende 
Kohlenstaubexplosion werden, denn Kohlen 
staub befindet sich überall in der Grube. 
Es wurden im Laufe der Jahre viele Verfah 
ren entwickelt und angewandt, um einmal eine 
Methangasansammlung zu verhüten, zum an 
deren dem Kohlenstaub seine Explosionsfähig 
keit zu nehmen oder doch stark zu begrenzen. 
Die für diese Sicherheitsmaßnahmen herausge 
gebenen Verordnungen sind sehr streng und 
ihre Einhaltung wird von der Bergpolizei lau 
fend überprüft. So darf z. B. der Methangehalt 
in den Grubenbauen 1 % nicht übersteigen. In 
Ausnahmefällen werden auf Antrag 2 % CH« 
genehmigt. Um in diesen Grenzen zu bleiben, 
wurde das Gas bisher mit Luft verdünnt. Die 
Wettergeschwindigkeit (und damit die Wetter 
menge) ist jedoch ebenfalls auf 8 m/sec. be 
schränkt, so daß man praktisch nicht unbegrenzt 
verdünnen kann. Die Abbauabteilungen in 
schlagwetterreichen Flözen mußten also immer 
klein gehalten werden und es war dadurch 
keine wirtschaftliche Betriebskonzentration mög 
lich. Hier schaffte die Vorentgasung sowohl in 
sicherheitlicher, als auch in wirtschaftlicher 
Hinsicht Abhilfe. Die Versuche zur systemati 
schen Gasabsaugung begannen während des 
Dretjkoibengebläse 
Dref) kolben 
öasaustritf *— : 
Rotationsgebtöse 
Krieges, doch hatte man auch schon früher 
sogenannte „Bläser", worunter man außerge 
wöhnlich hohe Gasaustritte an örtlich begrenz 
ten Stellen z. B. Bohrlöchern, versteht, abge 
fangen und mittels Rohrleitungen abgeleitet. 
Auf diese Weise wurde z. B, auf Grube Fran 
kenholz um die Jahrhundertwende Gas gefan 
gen und unter den Dampfkesseln verfeuert. 
Es ist dies allerdings keine Vorentgasung im 
eigentlichen Sinne, da das Auftreten von Blä 
sern nicht sicher vorausgesehen werden kann 
und mehr oder minder vom Zufall abhängt. 
Ebensowenig kann man die Dauer des Gas 
austrittes bzw. die Menge vorher bestimmen. Die 
planmäßige Vorentgasung bedient sich anderer
	        
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