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ler zugängig, sondern speziell zu einer Form
des persönlichen Ausdrucks bei Günter Maas.
Die Verbindung von materialgerechter Ver
arbeitung und persönlicher Handschrift ist eben
so das Merkmal der Bildhauerarbeiten, die oft
Sandstein oder Ulme und Linde bevorzugen. Die
Schlankheit eines Engels ist aus dem Stamm ge
wachsen. Die Ansatzstellen von Ästen zeichnen
bedeutungsvolle Runen in die Gesichter einer
Pieta-Gruppe. Das Gesicht der Muttergottes ist
das einer Frau unserer Tage und enthält das
ganze Erlebnis unserer Zeit. Die von den Holz
narben angelegte Steilfalte in ihrer Stirn er
scheint ebensowenig wie in Christi Antlitz zu
fällig, sondern geradezu vorbestimmt. In der
Saarbrücker Christ-König-Kirche steht ein Chri
stus mit Johannes in farbig gebeiztem Linden
holz, in der Kirche in Maybach die „Unbe
fleckte“, und im Besitz des luxemburgischen
Konsuls befindet sich die Sandsteinplastik „In
memoriam".
Das größte bildhauerische Werk von Günter
Maas ist der Marktbrunnen in Homburg, der
im Jahre 1952 aufgestellt und eingeweiht wurde.
Aus dem internationalen Wettbewerb ging Maas
unter 88 Bewerbern als erster Preisträger her
vor. Er war einer der jüngsten Teilnehmer,
aber seine künstlerischen Ideen und sein Kön
nen siegten doch im Wettstreit mit sehr nam
haften Künstlern aus Stuttgart, Darmstadt, Mün
chen, Berlin, Mailand und noch anderswoher.
Auf drei Stufen setzt die Sternform des Brun
nenbeckens an. In zwölf Reliefs aus Kunststein
ist die Homburger Heimatgeschichte geschildert,
wobei Maas sogar bestrebt war, die historischen
Personen porträtähnlich zu geben. Uber der
Brunnenschale, die ihr Wasser aus den sechs
Ecken des Sterns in weitbogigen Strahlen emp
fängt, erhebt sich der Sockel, der mit den vier
wasserspeienden Fischen aus einem einzigen
Block Euville-Muschelkalk gehauen ist. Darüber
die drei Frauengestalten, deren dunkler Bronze
ton so feierlich vom weißen Muschelkalk ab
sticht, sind aus dem von Bauxit gewonnenen
Lafarge-Schmelzzement gegossen worden, wo
bei dieses neuartige, unbegrenzte Dauer ver
sprechende Verfahren überhaupt zum ersten
mal angewandt wurde.
Das Schmuckstück für eine saarländische Stadt
ging aus der Bauhütte Rotenbühl des Bildhauers
Günter Maas hervor. Mögen auch im heutigen
Bauschaffen die Aufträge für bildende Künstler
infolge fehlender gesetzlicher Verpflichtung
noch spärlich fließen, so zeigt sich doch, daß
sich Auftraggeber eher finden lassen, wenn
ihnen der Künstler aus seinem elfenbeinernen
Turm entgegenkommt und mit handwerklicher
Erfahrung ans praktische Werk geht. Günter
Maas ist noch jung und verspricht noch viele
Beweise seines sicheren, vielseitigen und mit
echtem Handwerksgeist gepaarten Könnens.