mußten begossen werden. Wir waren davon
etwas müde geworden und legten uns ein biß
dien lang. Das Gedinge stand gut, wir konnten
uns schon mal eine kleine Feierstunde leisten,
zumal bei so freudigem Anlaß, noch dazu am
Samstagabend.
Die anderen hatten ihre Lampen an den
Stempeln aufgehängt, — ich hatte meine neben
mich auf die Sohle gestellt. Ich merkte, wie
mich plötzlich eine unüberwindliche Müdigkeit
übermannte, ich versuchte dagegen anzukämp
fen — vergeblich. Bleischwer lag es mir in Kopf
und Gliedern. Die drei anderen waren offen
bar eingeschlafen. Der Qualm meiner Lampe
schlug mir ins Gesicht. Ich bekam keinen Atem,
mußte aufstehen. Ich richtete midi auf, schaute
nach der Lampe hin, sie blakte und qualmte
entsetzlich. Ich schüttelte sie, — öl war noch
genügend darin. Ich erhob mich vollends, und
siehe da, sie brannte heller! Ich ließ sie auf die
Sohle herunter, sie qualmte wieder so furcht
bar. Ich wurde mit einem Schlage munter: Matte
Wetter! Wir lagen dicht am .alten Mann'. Viel
leicht ein plötzlicher Barometersturz, der sie aus
dem .alten Mann' herausgedrückt hatte. Das
hätte sehr leicht verhängnisvoll werden können!
Ich konnte die anderen Kameraden nicht wach
bekommen, mußte Wasser aus der nahen
Wassersaige holen, ihnen über das Gesicht gie
ßen, ehe sie zu sich kamen. Es war höchste Zeit
gewesen!
Für mich war es eine ernste Lehre, mir war
es, als schaute mich die Lampe böse und zür
nend an. ,Was machst du für Geschichten! Unter
Tage saufen, sich dann lang hinlegen, auf matte
Wetter nicht achten, und dann beinahe ins Jen
seits hinüberschlafen! Und so etwas will Berg
mann sein!'
Wieviel Geschichten und Erlebnisse konnte
diese Lampe zum besten geben! Es ist vielleicht
ganz gut, daß ihr blecherner Mund zum Schwei
gen verurteilt ist.
Jeder anständige Bergmann hält etwas auf
sein Geleucht. Meine Anhänglichkeit an meine
Lampe fiel jedoch natürlich bald auf, schien
manchem anderen übertrieben und lächerlich
und führte zu manchen Hänseleien und Scher
zen. Nun bin ich ja in jungen Jahren auch kein
Spaßverderber gewesen und machte manchen
Scherz mit. Doch manchmal mußte ich Einhalt
gebieten. So war es der Fall, als ich noch sehr
jung zum Oberhauer befördert wurde, was na
türlich gebührend gefeiert werden mußte. Im
Übermut der vorgerückten Stunde verabreichte
einer der älteren Kollegen .meiner Braut' —
der Lampe — damit sie nicht so trocken und
durstig Zusehen sollte, ebenfalls einen zwei
stöckigen Korn, indem er diesen ihr in den Öl
kessel eingoß. Das ging mir denn doch zu weit.
Erstens war es schade um den schönen Korn,
und zweitens ließ ich meine Lampe nicht ver
unglimpfen.
Als ich aber schließlich Steiger geworden
war, habe ich ihr selbst zur Feier des Tages
einen reinen Sechsundneunziger eingeflößt. Ich
denke, sie hat mich sicher verstanden, wie ich
es gemeint habe, und es mir nicht übel
genommen.
Die Streiche der Jugend legen sich bald, und
an jeden tritt der Ernst des Lebens zeitig genug
heran.
Ich mußte als Abteilungssteiger einmal im
Monat den Fahrschacht revidieren. Es war im
Winter. Die Fahrten waren im obersten Teil des
Schachtes bei dem herrschenden Frost dick von
Eis überkrustet. Meine Stiefel waren mit dicken
Zwecken benagelt und fanden auf den vereisten
Fahrtensprossen keinen sicheren Untergrund.
So vorsichtig ich auch die Fahrten abwärts klet
terte, einmal kam doch der Augenblick, wo
mein Fuß auf einer Sprosse abgleiten mußte.
Ich verlor das Gleichgewicht, meine rechte Hand
fand keinen Halt, ich war im Begriff abzustür
zen, da hakte ich den Haken der Lampe, die ich
in der linken Hand trug, an einer Sprosse ein.
Das bewahrte mich vor dem Absturz. Ich fand
mein Gleichgewicht wieder, ich konnte im letz
ten Augenblick mit der Rechten besser zufassen
und mich festklammern. Bei dem Einhaken hatte
ich jedoch versehentlich den Bügel der Lampe
geöffnet, der Deckel klaffte ein wenig, und das
heiße öl ergoß sich über meine linke Hand. Ein
wahnsinniger Schmerz ließ mich aufschreien,
aber es war nicht mehr ungeschehen zu machen.
Ich mußte die Höllenqualen verbeißen, in dieser
unbequemen Lage ausharren, vor allem erst
mal wieder die Lampe schließen, dann erst vor
sichtig weiter abwärts steigen. Ich konnte noch
von Glück reden. Als ich auf der nächsten
Bühne ankam, sah ich es erst. — Einige Ver
schalungsbretter hatten sich gelöst, hingen nur
noch ganz lose in den Schacht hinein. — Wenn
ich auf der Fahrt den Halt verloren hätte, wäre
ich in den Schacht, hundertachtzig Meter tief,
hinabgestürzt.
Ich habe die Rettung allerdings mit der ver
brannten Hand bezahlen müssen. In Zukunft
habe ich bei Frost und Glatteis keine benagelten
Stiefel mehr zur Schachtbefahrung angezogen.
Es hat monatelang gedauert, bis die Hand
einigermaßen wieder heil war, und jeden Win
ter sprang sie mir immer wieder von neuem
auf. Das große Brandmal auf meiner linken
Hand wird nie mehr verschwinden.
In mir wollte damals ein finsterer Groll ge
gen meine Lampe aufsteigen. Erst später, bei
ruhiger Überlegung kam ich zu der Einsicht, daß
sie damals wohl meine Rettung gewesen ist. Sie
jfii