Full text: 1954 (0082)

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Sonne und locken die durstigen und hungrigen 
Insekten an. Kleine Tiere, die auf diesen 
„Leim" kriechen oder fliegen, bleiben kleben. 
Nun spielen sich dieselben Vorgänge ab wie 
beim Sonnentau. Die Tierchen versuchen zap 
pelnd sich zu befreien, beschmieren sich dabei 
aber mehr und mehr mit der klebrigen Flüssig- 
Abb. 9: Kannenstrauch 
keit. Der chemische Reiz, den das gefangene 
Tier auf das Blatt des Fettkrautes ausübt, 
bewirkt eine vermehrte Schleimabsonderung. 
Gleichzeitig rollen sich die Blattränder über das 
Opfer oder schieben es, wenn es größer ist, 
zur Mitte des Blattes hin. Nach wenigen Stun 
den ist das gefangene Tier in einer mit Drüsen 
saft gefüllten Kammer eingeschlossen. Das im 
Schleim ertrinkende Tier erstickt und wird von 
den flüssigen Ausscheidungen anderer Drüsen 
aufgelöst. Die Aufsaugung der gelösten Stoffe 
erfolgt durch alle Drüsenarten. Anschließend 
nimmt das Blatt wieder seine ursprünglichen 
Eigenschaften an, die unverdaulichen Hartteile 
der Insekten trocknen und werden fortgeweht. 
Das Blatt ist wieder zum Insektenfang bereit. 
Auffälliger und leistungsfähiger sind die 
Fangeinrichtungen ausländischer fleischfressen 
der Pflanzen. Geradezu überraschend ist die 
Einrichtung bei der Venusfliegenfalle, einer 
Pflanze, die man erstmals im 18. Jahrhundert 
in einem der zahlreichen Waldsümpfe des süd 
lichen Nordamerikas fand, nahe der atlantischen 
Küste. Der große Naturforscher Darwin bezeich- 
nete sie als „die wunderbarste Pflanze der 
Welt". Wie beim Sonnentau und Fettkraut 
bilden die rotpunktierten Blätter der Venus 
fliegenfalle eine Rosette. Nur die Form der 
Blätter weicht völlig von den beiden anderen 
ab (Abb. 8), Die nahezu kreisrunden Blätter 
sitzen auf breiten, geflügelten Stielen. An den 
Blatträndern sehen wir lange Zähne. Die Blatt 
flächen können in der Mitte zusammengeklappt 
werden. Jede Blattfläche trägt außerdem drei 
steife Borsten, bei deren Berührung die Blatt 
flächen in wenigen Sekunden zusammen 
klappen. Die Schnelligkeit dieser Bewegung ist 
frappant. Man ist sie bei Pflanzen nirgends 
gewöhnt. Die Insekten, die mittels dieser sinn 
reichen Einrichtung gefangen werden, werden 
durch die purpurroten Drüsen angelockt. Be 
rühren sie mit ihrem Rüssel oder ihren Beinen 
die Borsten, die sich auf der Innenseite der 
zu einer klaffenden Spalte zusammengelegten 
Blattfläche, befinden, dann schlagen dieselben 
fast augenblicklich zu. Dabei greifen die spitzen 
Zähne der Blattränder ineinander wie die 
Finger gefalteter Hände. Für das gefangene 
Insekt gibt es kein Entrinnen mehr. Die Blatt 
drüsen sondern jetzt eine verdauende Flüssig 
keit ab, die die fleischigen Teile des Tieres 
auflöst. Hierauf wird die Lösung von denselben 
Drüsen wieder aufgesaugt. Dünn öffnet sich die 
Falle und richtet sich zum neuen Fang wieder 
ein. Mit Recht nennt man diese Pflanze einen 
Klapplallenfanger.
	        
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