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Sonne und locken die durstigen und hungrigen
Insekten an. Kleine Tiere, die auf diesen
„Leim" kriechen oder fliegen, bleiben kleben.
Nun spielen sich dieselben Vorgänge ab wie
beim Sonnentau. Die Tierchen versuchen zap
pelnd sich zu befreien, beschmieren sich dabei
aber mehr und mehr mit der klebrigen Flüssig-
Abb. 9: Kannenstrauch
keit. Der chemische Reiz, den das gefangene
Tier auf das Blatt des Fettkrautes ausübt,
bewirkt eine vermehrte Schleimabsonderung.
Gleichzeitig rollen sich die Blattränder über das
Opfer oder schieben es, wenn es größer ist,
zur Mitte des Blattes hin. Nach wenigen Stun
den ist das gefangene Tier in einer mit Drüsen
saft gefüllten Kammer eingeschlossen. Das im
Schleim ertrinkende Tier erstickt und wird von
den flüssigen Ausscheidungen anderer Drüsen
aufgelöst. Die Aufsaugung der gelösten Stoffe
erfolgt durch alle Drüsenarten. Anschließend
nimmt das Blatt wieder seine ursprünglichen
Eigenschaften an, die unverdaulichen Hartteile
der Insekten trocknen und werden fortgeweht.
Das Blatt ist wieder zum Insektenfang bereit.
Auffälliger und leistungsfähiger sind die
Fangeinrichtungen ausländischer fleischfressen
der Pflanzen. Geradezu überraschend ist die
Einrichtung bei der Venusfliegenfalle, einer
Pflanze, die man erstmals im 18. Jahrhundert
in einem der zahlreichen Waldsümpfe des süd
lichen Nordamerikas fand, nahe der atlantischen
Küste. Der große Naturforscher Darwin bezeich-
nete sie als „die wunderbarste Pflanze der
Welt". Wie beim Sonnentau und Fettkraut
bilden die rotpunktierten Blätter der Venus
fliegenfalle eine Rosette. Nur die Form der
Blätter weicht völlig von den beiden anderen
ab (Abb. 8), Die nahezu kreisrunden Blätter
sitzen auf breiten, geflügelten Stielen. An den
Blatträndern sehen wir lange Zähne. Die Blatt
flächen können in der Mitte zusammengeklappt
werden. Jede Blattfläche trägt außerdem drei
steife Borsten, bei deren Berührung die Blatt
flächen in wenigen Sekunden zusammen
klappen. Die Schnelligkeit dieser Bewegung ist
frappant. Man ist sie bei Pflanzen nirgends
gewöhnt. Die Insekten, die mittels dieser sinn
reichen Einrichtung gefangen werden, werden
durch die purpurroten Drüsen angelockt. Be
rühren sie mit ihrem Rüssel oder ihren Beinen
die Borsten, die sich auf der Innenseite der
zu einer klaffenden Spalte zusammengelegten
Blattfläche, befinden, dann schlagen dieselben
fast augenblicklich zu. Dabei greifen die spitzen
Zähne der Blattränder ineinander wie die
Finger gefalteter Hände. Für das gefangene
Insekt gibt es kein Entrinnen mehr. Die Blatt
drüsen sondern jetzt eine verdauende Flüssig
keit ab, die die fleischigen Teile des Tieres
auflöst. Hierauf wird die Lösung von denselben
Drüsen wieder aufgesaugt. Dünn öffnet sich die
Falle und richtet sich zum neuen Fang wieder
ein. Mit Recht nennt man diese Pflanze einen
Klapplallenfanger.