Full text: 1954 (0082)

99 
Eine heimatgeschichtlidie Erzählung aus dem Revolutionsjahr 1789 
Von K, H o 11 b o t n , Saarbrücken 
achtliche Ruhe lag über dem Dörfchen Alsch 
bach im Gräflich Leyenschen Oberamt Blies 
kastel. Von dem Talweg jenseits der Hügel 
kette, die die Gemarkungen Lautzkirchen und 
Alschbach von der Residenz Blieskastel trennt, 
erklang das Geräusch trabender Pferde. Ein 
kleiner Reitertrupp mit einem Planwägelchen 
bewegte sich dem in einem Seitentälchen lie 
genden Ort zu, der in der Nacht selten von 
einem Wanderer aufgesucht wurde. Was in der 
nächtlichen Stille aus Alschbach zu hören war, 
kam aus Stallungen, das Muhen einer Kuh und 
das Aufschlagen eines Pferdehufes. Die größere 
Störung der Stille war auf dem Weg, näherte 
sich dem Ortseingang. Ein Dutzend kurpfälzi 
sche Dragoner vom 600 Mann starken kur- 
pfälzisch-kurmainzischen Exekutionsheer, unter 
Führung des Obersten, Freiherr v. Jansen, 
waren es, die sich einem Bauerngehöft näherten. 
Es galt in dieser Nacht die Aushebung eines 
als gefährlich bezeichneten Mannes, des Maire 
(die Dörfler sagten „Meier") Johann Rothermel, 
des „Aufwieglers" braver Untertanen der 
Reichsgräfin Marianne in Blieskastel, durchzu 
führen. Man schrieb den 8. Dezember 1789. Die 
sem Tage waren im Bliesgau Wochen voller 
Spannungen vorausgegangen, worüber folgen 
des berichtet werden kann. 
Noch waren im Rheinland und in der Pfalz 
die regierenden Herrschaften und die ihnen die 
nenden Beamten nicht so recht im Bild, was 
jenseits der Grenze, im nahen Frankreich, ge 
schehen war: die Erklärung der Menschenrechte 
und die Abschaffung der Adels- und der Kirchen- 
Vorrechte durch die Nationalversammlung am 
4. August 1789. Die revolutionäre Stimmung 
hatte aber bereits auf die Nachbarschaft über 
gegriffen. Flüchtlinge und fahrende Leute be 
richteten von aufgerichteten Freiheitsbäumen 
und von Reden der Volksvertreter über Frei 
heit und Brüderlichkeit. In St. Ingbert glimmte 
ein Funke zu einem Brand seit längerer Zeit. 
Diese Gemeinde führte mit der Herrschaft in 
Blieskastel einen Prozeß wegen eines Waldes. 
Hier fanden neue Ideen, wie sie aus Frankreich 
bekannt wurden, besten Boden und von hier aus 
wurden die Gemeinden des Oberamts Blies 
kastel aufgefordert, sich auch gegen Ungerech 
tigkeit, insbesondere unberechtigte Abgaben, 
zur Wehr zu setzen. Ein Hauptwortführer der 
St. Ingberter war der Bauer Peter Eich, der von 
Gaudorf zu Gaudorf reiste, um bei den Meiern 
und Schöffen Stimmung zu machen für die neue 
Auffassung über das Herrschaftsrecht. Eich be 
suchte auch den Bauern Johann Rothermel, den 
weithin bekannten Meier von Alschbach, der 
das Vertrauen der Dorfbewohner genoß und 
wegen seiner Rechtschaffenheit bei der Herr 
schaft in Blieskastel in Ansehen stand. Am 
17. September 1789 griff Rothermel zum Stab 
und wanderte das Tälchen hinauf, dem Biesin- 
ger Berg zu, um über diesen das Dorf Ommers 
heim zu erreichen. Alle Meier und Gerichts 
leute der Gemeinden des Oberamts waren zu 
einer Zusammenkunft nach Ommersheim ein 
geladen. Die mündliche Einladung überbrachten 
Boten aus St. Ingbert. Der Meier und Schank 
wirt Walle zu Ommersheim erwartete die aus 
wärtigen Dorfvertreter in seiner Trinkstube, die 
St. Ingberter waren frühzeitig gekommen. 
Dem im gewohnten Bauernschritt dahergehen 
den Rothermel drängten sich widerstrebende 
Gedanken auf. Unzufrieden waren auch er und 
seine Dorfinsassen. Er kannte die Ursachen und 
er dachte an die schwerwiegendste, den seit 
einigen Jahren eingeführten Grundbeeren- 
(Kartoffel)-Zehnten, den der Herr Pfarrer ein- 
treiben mußte, wenn sich kein Steigerer ein 
fand. Bisher wurde nur im kleinen Kreise der 
Unzufriedenheit Ausdruck gegeben. War diese
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.