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D ie Elektrifizierung der Eisenbahnen spielt in
jeder nationalen Energiewirtschaft eine sehr
große Rolle, da sie eine bedeutende Kohlen
ersparnis mit sich bringt, sogar wenn die elek
trische Energie durch Kohle in einer thermischen
Zentrale erzeugt werden muß. Wenn man eine
alte thermische Kraftzentrale mit einer modernen
Dampflokomotive vergleicht, so beträgt die Er
sparnis etwa 50 Prozent unter Berücksichtigung
der Verluste bei der Übertragung und der
Transformierung des Stromes. Diese Ersparnis
beträgt 75 Prozent, wenn man einen Vergleich
zwischen der Gesamtheit der Lokomotiven der
S.N.C.F. — die natürlich nicht alle modern sind
— und einer modernen thermischen Kraftzentrale
zieht. Ferner muß man bei diesem Vergleich in
Betracht ziehen, daß die thermischen Zentralen
unter günstigen Verhältnissen Magerkohle oder
Kohle mit großem Aschengehalt verbrennen,
während die Beheizung der Lokomotiven Kohle
erfordert, die, wie die in der Metallindustrie
verwendete, hochwertiger sein muß, jedoch von
den französischen Gruben nicht in ausreichenden
Mengen gefördert wird.
Die Elektrifizierung der Eisenbahnen stellt
demnach eines der interessantesten Unter
nehmen dar, das man im Hinblick auf die natio
nale Wirtschaft durchführen kann, um eine Ein
sparung an Kohle zu erreichen und die Einfuhr
hochwertiger Kohle zu vermeiden.
ln bezug auf den Betrieb gestattet die elek
trische Zugförderung gewisse Einsparungen
von Personal und Material, sie vermittelt ferner
eine größere Geschwindigkeit und eine merklich
größere Regelmäßigkeit als sie bei der Zug
förderung mit Dampflokomotiven erreicht wer
den kann. In Anbetracht der größeren Stetig
keit ihres Verhältnisses Leistung/Geschwindig
keit und ihrer Überlastungsmöglichkeit, können
die elektrischen Lokomotiven wesentlich schwe
rere Züge ziehen als die Dampflokomotiven und in
Steigungen eine größere Geschwindigkeit ent
wickeln. Die auf der kürzlich in Betrieb ge
nommenen Strecke Paris — Dijon verwandten
elektrischen Lokomotiven ziehen einen 1000 t
schweren Zug in einer Steigung von 5 °/oo mit
einer Geschwindigkeit von 98 km/std und einen
850 t schweren Zug in einer Steigung von 8 °/oo
mit einer Geschwindigkeit von 86 km/std.
Weitere indirekte Vorteile, die schwer durch
Zahlen wiedergegeben werden können, dürfen
indessen nicht außer acht gelassen werden, und
zwar: Größere Bequemlichkeit für die Reisen
den, Fortfall der mühsamen Arbeit des Heizens
und in den Bekohlungsanlagen und schließlich
Verminderung der Unkosten für die Reinigung
der Lokomotiven und Wagen.
Trotz der hohen Rentabilität hat der vorüber
gehende Mangel an elektrischer Energie, unter
welchem die französische Industrie zu leiden