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Als Beispiel der spartanischen Jugend
erziehung, die unsere Eltern genossen, wurde
uns der Geburtstagswunsch unseres Vaters über
mittelt, der lautete: Einen grünen Käse oder ein
lebendig' Tier. Denn der Vater, damals viel
leicht ein sechs-, siebenjähriger Stöpsel, bekam
natürlich nicht das lebendige Tier. Er bekam
den grünen Käse, einen kleinen Zehnpfennig-
Kräuterkäse, und der Dreikäsehoch, gelinde
enttäuscht, aber doch glücklich, verspeiste den
seltsamen Leckerbissen, feingerieben auf butler
bestrichenes Schwarzbrot gestreut, auf einen
Sitz. Was blieb? Ein etwas fauligsüßer Nach
geschmack und der Wunsch: Ein lebendig' Tier.
Ein Wunsch, der dem Knaben auch weiteihin
unerfüllt und vielleicht gerade darum noch dem
Manne unvergessen blieb.
Die unerfüllten Wünsche sind die liebsten
Spielgefährten unserer Phantasie. Aus diesem
Wunderland der unbegrenzten Möglichkeiten in
die rauhe Wirklichkeit versetzt, behalten sie
nur selten ihren bezaubernden Glanz. Was nie
manden hindern wird, erfüllbare Wünsche zu
erfüllen, und was durchaus nicht dazu ermuntern
soll, bei jedem Entweder-Oder den bequemeren
Weg zu gehen, den Kräuterkäse zu wählen oder
— die Eisenbahn, um damit endlich wieder auf
die Überschrift zu kommen. Sie war der erste
Weihnachtswunsch meines kleinen Freundes
Konrad, der heute etwas über drei Jahre alt
ist. „Eine Eisenbahn und einen Eimer Dreck“
wünschte sich der Zweijährige, wie er seiner
Mutter ohne lange Überlegung deutlich zu ver
stehen gab. Was daraus wurde? Natürlich eine
Enttäuschung. Und zwar eine doppelte, für die
Eltern nämlich und für Konrad. Als er an Vaters
Hand die Weihnachtsstube betrat und die präch
tige, buntbemalte Eisenbahn sah, die sich in
einer eleganten Kurve um den Weihnachtsbaum
schlängelte, sprach er die heute bereits ge
flügelten Worte: „Ist auch Dreck bei?" und be
gann, trotz aller Ablenkungsversuche und aller
elterlichen Anstrengungen, die Schönheit der
Eisenbahn ins rechte Licht zu rücken, das Weih
nachtszimmer nach dem ersehnten Eimer Dreck
zu durchsuchen, der wohl einen winterlichen
Ersatz für die schmerzlich entbehrte sommerliche
Sandkiste darstellen sollte.
Heute hat Konrad die Enttäuschung über
seinen ersten unerfüllten Weihnachtswunsch
längst überwunden, denn er ist, wie gesagt, gut
drei Jahre alt. Seine Mutter aber, eifrig be
müht, aus der Erfahrung zu lernen, erlebte in
diesem Jahr eine neue Überraschung. Diesmal
wünscht sich ihr Ältester gar nichts. Der Weih
nachtsmann habe doch schon eine Eisenbahn
gebracht, „Das so nügt!" Lachen Sie nicht und
glauben Sie nicht etwa, Konrads Eltern und
Freunde nähmen jede seiner Äußerungen als
eine Weissagung. Diese hat's wirklich in sich.
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