Full text: 1953 (0081)

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ser herüberfallen, wo dann das Spiel sich von 
neuem wiederholen würde. 
Die Unmöglichkeit ergibt sich daraus, daß die 
beiden Flüssigkeiten, Quecksilber und Wasser, 
nicht —■ wie gezeichnet — im Gleichgewicht blei 
ben, sondern daß das Quecksilber als die schwe 
rere Flüssigkeit auch in den rechten Schenkel 
des Rohres hineinsteigt und das Wasser dort 
teilweise zum Ueberlauf in den linken Schenkel 
verdrängt. 
Nicht immer waren die Fehler der Maschinen 
sofort zu erkennen, zumal, wenn absichtlich Be 
trug und Täuschung mit im Spiele waren. Ein 
berühmt gewordener Gauner war Elias Orffy- 
reus, auf den nach anderen auch Landgraf Karl 
von Hessen-Kassel im Jahre 
1717 hereinfiel. Der Betrüger 
tauchte mit einem „trium 
phierenden" perpetuum mo 
bile in Gera auf, wo er es 
am 6. Juni angesichts vieler 
fähiger Beobachter auf dem 
Nikolausberg im Hause eines 
Herrn Richters in Betrieb 
setzte. In einem Gutachten 
vom 9. Oktober 1712 wurde 
ihm bestätigt, daß die Ma 
schine vom 6. Juni bis 9. Ok 
tober 1712 in „perfektem Lauf 
curieus zu schauen" gewesen 
sei. Der Landgraf Karl von 
Hessen-Kassel holte fünf Jahre 
später Maschine und Mann 
auf sein Schloß Weißenstein, 
ließ die Maschine in einem 
Zimmer aufstellen, während 
der „Künstler" zum Kommer 
zienrat ernannt wurde und eine Wohnung im 
Schloß bezog. Mehrfach besichtigte der Hof die 
laufende Maschine. Nach jeder Besichtigung 
wurde das Zimmer versiegelt und durch Wach 
posten gesichert. Immer wieder bestaunte man 
das perpetuum mobile, das ununterbrochen 
seinen Lauf machte. Der Erfinder erhielt einen 
Schutzbrief und wurde mit Ehren überhäuft. 
Nähere Beschreibungen der Maschine sind nicht 
bekannt, sie soll mit Steinen gefüllte Kästen 
gehoben und ein Pochwerk sowie eine Messer 
schmiede betätigt haben. 
Flugschriften, die in Umlauf kamen, deuteten 
einen Betrug an. In der Tat kam der Schwindel 
heraus, als das Hausmädchen des Orffyreus, Ro 
sine Mauersberger, wegen nichtbezahlten Loh 
nes erzürnt, oder aus anderen Gründen rach 
süchtig, alles ausplauderte. Die Achse der Ma 
schine wurde vom Nebenzimmer aus bei jeder 
Besichtigung, die rechtzeitig bekannt sein mußte, 
von ihr gedreht. Alle Kontrolleure, Geldgeber 
und Gutachter waren blamiert. Vermutlich un 
terblieb nur deshalb ein großes Geschrei und 
die Bestrafung des Betrügers. 
Warum aber behauptet die Wissenschaft mit 
unerschütterlicher Gewißheit, ein perpetuum 
mobile sei unmöglich? 
Es ist eine sichere Erkenntnis der Natur 
wissenschaft geworden, daß der gesamte Ener 
gievorrat der Welt unveränderlich ist. Wenn 
irgendwo irgendwelche Energie erzeugt oder er 
halten wird, muß dafür an anderer Stelle der 
gleiche Energiebetrag verloren gehen. „Aus 
nichts wird nichts". Dabei ist es einerlei, um 
welche Form der Energie es sich handelt. Solche 
Energieformen sind zum Beispiel Wärme, Licht, 
Elektrizität, mechanische Arbeit, Schall, aber 
auch Materie (Substanzen wie Wasser, Eisen, 
Stein, Gold, Kohle). Jede Form der Energie 
kann sich in jede andere um 
wandeln. Beim Reiben der 
Hände wird mechanische Ar 
beit in Wärme verwandelt, 
beim Stauwerk erhält man aus 
der mechanischen Wasserkraft 
des gestauten Wassers Elek 
trizität zu Wärme. Aus dem 
Licht der Strahlung und der 
Wärme der Sonne entstehen 
Naturkräfte wie Verdunstung 
des Meerwassers, Wolkenbil- 
dung, Regen, Pflanzenwachs 
tum; aus dem Zerfall der Sub 
stanz, dem Stoff in der Atom 
bombe, die ungeheure Explo 
sionskraft nebst der unglaub 
lichen Wärme. Kurz, es gibt 
nirgends Energiegewinn, ohne 
daß an irgendeiner anderen 
Stelle der Preis dafür bezahlt 
werden muß. Man nennt 
diese Erkenntnis den Satz von der Erhaltung 
der Energie. 
Ein Heilbronner Arzt, Robert Meyer, der zur 
Erkenntnis dieser Auffassung wesentlich bei 
getragen hat, mußte wegen seiner Entdeckung 
in der Mitte des vorigen Jahrhunderts viel Un 
gemach erleiden. Zehn Jahre lang kämpfte er 
um Anerkennung seiner Idee. Mit stichhaltigen 
Beweisen lehrte er die Einheit, Unzerstörbarkeit 
und gesetzmäßige Verwandlung der Naturkräfte 
ineinander. „Es gibt im Weltall nur eine einzige 
Kraft. In ewigem Wechsel kreist dieselbe in der 
toten, wie in der lebendigen Natur. Dort und 
hier kein Vorgang ohne Formveränderung der 
Kraft.“ 
Niemand wollte diese Erkenntnis wahrhaben, 
man kanzelte ihn wie einen Schulbuben ab und 
gab ihm dem Gespött der Leute preis. Voller 
Verzweiflung über das mangelnde Verständnis 
bei seinen Zeitgenossen verfiel er fast in 
Wahnsinn. 
„In der Frühe des 28. Mai 1850 bei dem da 
mals herrschenden heißen Frühlingswetter in 
steigende Aufregung geraten, nach schlaflos 
Julius Robert Meyer
	        
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