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des bildender Künstler des Saarlandes" re
organisiert wurde, trat Becker wiederum an die
Spitze und ist damit als Führer von 22 Künst
lern geehrt, die mehreren Richtungen angehö
ren. Richard Becker selbst malt nicht ,,modern",
wenn man die surrealistische Modernität meint.
Aber er schätzt die Künstler seines Bundes,
die das können, hoch ein. So ist Richard Becker
der rechte Mann an seinem Platz, die Richtung
des saarländischen Kunstschaffens maßgeblich
mitzubestimmen.
Fritz Zolnhofer
Prominentes Mitglied des
Bundes bildender Künstler
ist der 1896 geborene Fritz
Zolnhofer. Wenn man von
einer besonderen saarlän
dischen Kunst reden könnte,
wäre er ihr typischer Ver
treter, weil er die Bergleute
malt, die das Gesicht des
Saarlandes bestimmen.
Das ist ihm schon an der
Wiege gesungen, obwohl sie
in Wolfstein in der Pfalz
stand. Denn dies beruhte nur
auf einem Zufall, und hätte
die Mutter damals den als
Mechaniker zur See fahren
den Vater begleitet, wäre
Zolnhofer ebenso zufällig in
Rio geboren worden. Da die
Eltern frühzeitig starben, kam
der Junge in seine eigent
liche Heimat zur Großmutter nach Schnap-
pach und wuchs in einer Bergmannswirtschaft
auf. Das war nun das Milieu, dem er die be
stimmende Richtung für seine Kunst verdankt.
Was er später malte, das war diese seine Um
welt, seine unmittelbare Umgebung von Berg
mannshäusern, Zechen, Kohlehalden, Förder
gerüsten und Schlammweihern, und die das
Bergbaurevier bevölkernden Menschen waren
seine Freunde und Kameraden, mit denen er
die Schulbank gedrückt hatte.
Ihm wurde das Glück zuteil, mit siebzehn
Jahren schon die Kunstakademie in München
besuchen zu dürfen, wo Professor Carl Caspar
sein Lehrer wurde und ihm eine Freistelle
eingeräumt war. Die Teilnahme am Weltkrieg
unterbrach diese rasche Entwicklung. Nach ins
gesamt achtjährigem Studium in München und
Stuttgart folgten Reisen und ging es zunächst
einmal nach Südfrankreich und Italien. Spätere
Kunstreisen hatten wiederum Frankreich, Spa
nien, die Schweiz und Holland zum Ziel. Aber
das Reisen war für diesen Maler nicht ent
scheidend. Er stellte sich in Neapel doch nur
in den Kohlenhafen und suchte in schönen,
fremden Städten doch nur die engsten und
schmutzigsten Gassen auf. Den blauen Himmel
konnte er übersehen, das Gesicht eines Arbei
ters nicht.
Seit 1929 wohnt Fritz Zolnhofer ununter
brochen in Saarbrücken, wohnt in der Heimat,
deren Bereich er mit dem Stoff und Inhalt
seiner Bilder nie verlassen hatte. 1930 geschah
das Grubenunglück in Maybach, dem 95 Berg
leute zum Opfer fielen. Unter dem Eindruck
der Katastrophe entstand ein Denkmal des
Bergmannes in drei Bildern, das in seinem
Wahrheitsausdruck seinesgleichen sucht. Ergrif
fen von der Fülle des Leids, malte Zolnhofer
mit dem Triptychon „May
bach" die Tragödie des Men
schen. Vor der fanatischen,
nackten Aeußerung von To
desangst und Grauen muß
der Beschauer erschrecken.
Diese Ausdruckskunst ist Ex
pressionismus, aber es ist
schon nicht mehr die bloße
Zugehörigkeit zu einer künst
lerischen Richtung, sondern
Expressionismus rein um der
Wahrheit willen.
So ist er auch nicht ein
fach als sozialer Maler zu
begreifen. Das Leiden, das
er in Maybach sah und das
er im täglichen Umgang mit
seinen Mitmenschen beob
achtet, veranlaßt ihn zum
Mit-Leiden und zum Aus
druck dieser Regung. Er ver
zichtet aber auf die soziale Anklage der Käthe
Kollwitz. Er verzichtet auf eine gegen die Be
sitzenden und die bestehende Ordnung der
Gesellschaft gerichtete Tendenzkunst. Insbe
sondere verzichtet er auf die soziale Phrase
und nimmt die wahre Darstellung des Men
schen als ein hartes Problem, dem seine Hand
mit gestaltender Kraft zu Leibe geht. Die neue
Wahrheit zeigt den Bergmann nicht nur schwarz
von Kohle, Dreck und Schweiß, sondern auch
in seinem Lebensdrang und seiner Behauptung
vor steter Gefahr.
Das Wesen der Industrie- und Kohlenland
schaft an der Saar hat Zolnhofer ebenso typisch
erfaßt. Ja er versteht es, alles Typische in
einem Bild zusammenzufassen. Die Farben sind
selbst geschwärzt von Kohlenstaub und Rauch,
und nur sparsam leuchten zwischen Blau und
Grau und Violett brennende Farbeffekte auf.
Gestalten bleiben schemenhaft. Auf Einzelhei
ten kommt es nicht an, sondern auf den all
gemein gültigen Ausdruck.
Nach dem Kriege gibt es plötzlich einen
neuen Zolnhofer, der aber doch nicht zu über
raschen braucht, wenn man sich die Entwick
lung vom Expressionisten, vom Ausdrucks
Bergmannsfrau
Kohlezeichnung von Fritz Zolnhofer