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Bild 9: Geiüge eines von 780° abgeschreckten
Stahles mit 1,3 °/o C
Bild 10: Gefüge eines von 1150° abgeschreckten
Stahles mit 1,65 °/o C
sozusagen dabei „eingekeilt", wodurch gleich
zeitig die Härtung erklärt wird. Bei mäßiger
Abkühlungsgeschwindigkeit werden Zwischen
zustände erreicht. Ein Teil des Perlits wird noch
gerade eben sich abscheiden können, während
ein anderer Teil „verkeilt" bleibt (Bild 5).
So erzählt das mikroskopische Bild die
Wärmebehandlung des Werkstoffes. Wie ein
Detektiv kann der Fachmann, der sich „Metallo
graph" nennt, alle Gefügekennzeichen (Indizien)
untersuchen und ein recht genaues Urteil über
falsche und richtige Härtung abgeben. Ja, er
ist überdies auch in der Lage, die Zusammen
setzung des Werkstoffes aus dem Bild abzu
schätzen. Desgleichen erkennt der Metallograph
noch andere Einwirkungen, denen der Stahl
oder das Eisen ausgesetzt waren. Besonders
weich geglühten Stahl zeigt Bild 6. Bei kalt
gezogenem Stahl sieht man wie die Kristalle
gestreckt werden: Bild 7.
Gehärteten und wieder „blau" angelassenen
Stahl läßt Bild 8 erkennen.
Weitere Gefügebilder zeigen die Aufnahmen
9—11.
Jedes Stück Eisen oder Stahl hat seine Vor
geschichte. Die Zahl der Bilder ließe sich noch
beliebig vergrößern. Ganze Bilder-Werke (At
lanten) mit Hunderten von Schliffbildern be
nützt der Fachmann. Es gehören viele Kennt
nisse und Erfahrungen dazu, sich in der Welt
der eisernen und stählernen Werkstoffe sicher
zurechtzufinden.
Wurde unsererseits der Metallograph mit
einem Detektiv verglichen, der alle „Indizien*
seines „Falles" sammelt, um zum Schluß seine
Werkstoff-Rätsel zu lösen und die Knoten des
Geflechtes zu entwirren, so ist andererseits
auch noch ein Vergleich mit dem Arzt erlaubt.
Stahl und Eisen können Krankheiten auf
weisen, durch die die Lebensfähigkeit des Werk
stoffes beschränkt und gefährdet ist. Solche
Krankheiten zu entdecken, zu erkennen und —
wenn möglich — Heilverfahren anzugeben, ge
hört ebenfalls zur Aufgabe des Metallographen.
Gefährliche Krankheiten sind: Schlacken und
Einschlüsse im Stahl, überhitztes grobes Gefüge,
Feinrisse zwischen den Kristallen, löcherige
Stellen u. a. m. (Bild 12).
Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um
einen Überblick der vielfältigen Erkenntnisse
aufzuzeigen, die uns der Blick durch das Mikro
skop zu eröffnen vermag.
Bild 11: Gefüge eines von 1180° in Wasser ab
geschreckten Stahles mit 1,6 %> C und 2,5 % Mn
(Maurerscher Austenit)
Bild 12: Einschlüsse (grau) in Eisen