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Ein menschliches Problem:
Die Silikosebekämpfung
bei der Regie des Mines
Seit langem hatten Ärzte beobachtet, daß die Ein
atmung von bestimmten Staubarten für den mensch
lichen Organismus keineswegs harmlos ist. Aber
diese ärztlichen Beobachtungen mußten so lange un
vollständig bleiben, bis die Ära der Rö-Strahlen
neue ungeahnte Möglichkeiten geschaffen hatte, um
Lungenkrankheiten festzustellen. In Südafrika, in
den Randminen, die besonders reich an kieselsäure
haltigem Staub sind, machten die Ärzte besondere
eindrucksvolle Beobachtungen.
Das Internationale Arbeitsamt erkannte die
soziale Bedeutung des Silikoseproblems und gab den
Anlaß zu einer Internationalen Silikosekonferenz,
welche im Jahre 1930 in Johannisburg zusammen
trat. Diese Konferenz hatte eine ganz besondere
Bedeutung; auf ihr wurden die wichtigsten Merk
male der Silikose festgelegt, die Rolle der freien
Kieselsäure erkannt, Verhütungsmaßnahmen und zu
ergreifende sonstige Maßnahmen besprochen.
Nach den Arbeiten dieser Konferenz wandten alle
Ärzte der Industrie und der Gruben ihr besonderes
Augenmerk dieser Krankheit zu.
Das Saarland hat dieser Frage nicht gleichgültig
gegenübergestanden. 1934 begann Krauß, der auf
Grund seiner langen Tätigkeit an der Universität
an methodisches und gewissenhaftes Arbeiten ge
wöhnt war, ein bis in alle Einzelheiten gehendes
Studium der Silikosefälle im Saarland, die sowohl
die klinische als auch die röntgendiagnostische
Seite dieses schwierigen Problems aufzeigte.
Die Behörden des Saarlandes, die Saargruben, die
Bergbau-Berufsgenossenschaft und das Oberbergamt
nahmen an diesem Kampf gegen die Silikose teil,
indem sie in Anlehnung an die Richtlinien des
Oberbergamtes Bonn vom März 1935 eine voll
ständige ärztliche Untersuchung der Bergleute ver
langten, welche Arbeiten verrichteten, die damals
als besonders gefährlich angesehen wurden, nämlich
die Arbeiten im Gestein.
Das harte Gesetz des Krieges von 1939—1945,
um jeden Preis die Kohlenförderung aufrecht zu er
halten, hat trotz den Ermahnungen des Oberberg
amtes die Gesundheit der Bergleute mit einer
schweren Hypothek belastet.
Die Regie des Mines de la Sarre legte bei Ende
des Krieges den größten Wert auf dieses vor allen
Dingen menschliche Problem. In Zusammenarbeit mit
bestehenden Dienststellen bemühten sie sich, eine
Silikose-Bilanz zu ziehen und die Anweisungen in
die Tat umzusetzen, die während des Krieges nicht
durchgeführt wurden. Aber die Tätigkeit der Direc-
tion de la Main-d'Oeuvre beschränkte sich nicht
allein darauf. Sie war darauf bedacht, diesen Kampf
gegen die Silikose noch mehr als bisher zu führen
und den Feind in seinen Verstecken aufzuspüren
und alle Sicherheitsvorkehrungen für die Betroffenen
so schnell wie möglich zu ergreifen.
Der Kampf gegen die Silikose wird heute sowohl
von technischer als auch von medizinischer Seite
geführt.
Der Techniker führt den Kampf gegen die Ent
stehung von Staub. Die Staubentwicklung in den
Gesteins- und Kohlengewinnungsbetrieben ist eine
naturgemäße Folge der in ihrem Querschnitt be
grenzten Wetterwege und der auf künstlicher Be
wetterung aufgebauten Belüftung der Untertage-
Betriebe.
Die für die Entstehung der Silikose hauptsächlich
maßgebenden Faktoren sind Dichte, Feinheit und
Quarzgehalt der eingeatmeten Stäube.
Das hereinzugewinnende Haupt- und Nebengestein
sowie die Bergelagen in den abzubauenden Flözen
enthalten je nach Gesteinsart einen mehr oder
weniger starken Anteil an Quarz. Der Quarzgehalt
der Gesteine bewegt sich etwa zwischen 5 und
75 Prozent, je nachdem es sich um Tonschiefer, Sand
schiefer, Sandstein oder Konglomerat handelt.
Zur Prüfung der Staubgefährlichkeit eines Be
triebes werden Staubmessungen mittels geeigneter
Geräte durchgeführt. Hierzu werden von der Sili
kosebekämpfungsstelle folgende Geräte verwandt:
1. Das Tyndallometer (Abb. 1), das gestattet,
die für das bloße Auge unsichtbaren gefährlichen
Staubteilchen von weniger als Vioo mm Korngröße
unter Ausnutzung des Tyndall-Effektes in einem
Lichtkegel aufleuchten zu lassen und die Stäube
mengenmäßig in mg/m 3 Luft zu bestimmen.
Abb. 1