Full text: 1951 (0079)

75 
UNSERE JUBILARE 
I. 
Wer vierzig oder sogar fünfzig Jahre im Berg 
bau oder in den dem Bergbau angegliederten 
Betrieben gearbeitet hat, der kann von sich 
sagen, daß er der gesamten Menschheit große 
Dienste — ja sogar Dienste der Nächstenliebe — 
geleistet hat. 
Dieser Tatsache sind wir uns alle nicht an 
jedem Tage unseres Arbeitslebens voll bewußt 
geworden. An vielen Tagen unseres Lebens 
sind wir, bedingt durch unser eigenes Erleben, 
in der eigenen Person oder im Hinblick auf das 
Zusammenleben mit unseren Eltern, Ge 
schwistern, unserer Frau, unseren Kindern, 
unseren Verwandten und Kameraden, sowie 
unserer engeren und weiteren Umgebung, nicht 
zu der Erkenntnis gelangt, daß wir unsere 
Arbeit im Dienste des Nächsten verrichteten 
und täglich neu verrichten. 
Wer von uns — die wir zu den Jubilaren 
gehören — und darüber hinaus alle die 
arbeitenden Menschen — dachte und denkt am 
Morgen, wenn wir uns vom Schlaf erheben und 
uns anziehen, wo das Hemd, der Anzug, die 
Strümpfe und die Schuhe, die Mütze oder der 
Hut „gewachsen" und angefertigt worden sind? 
Wer denkt beim Essen des Brotes an den 
Bauer, der den Roggen oder den Weizen gesät 
und in menschlicher Sorge um das Gedeihen 
gehegt und gepflegt hat bis zur Ernte? 
Sehen wir den Müller und den Bäcker und 
die Menschen, die hinter der Mühle und hinter 
der Backstube stehen? 
Sehen wir auf dem Wege von und zur Arbeit, 
wer hinter der Straße, hinter dem Fahrrad, 
hinter dem Autobus, hinter der Eisenbahn, 
hinter dem Förderkorb, hinter dem Ventilator 
usw. steht? 
Sehen wir bei unserer Arbeit mit Schlägel 
und Eisen, mit dem Pick- und Bohrhammer, mit 
der Schräm-, Schäl- und Lademaschine, wer und 
was hinter diesen Arbeitsgeräten steht? 
Sehen wir beim Drehen des Schalters an der 
elektrischen Lichtleitung, um der durch den 
Schalter gestoppten Energie den Weg zur 
Brennstelle freizugeben, was und wer hinter 
dem Schalter steht? 
überall können wir, wenn wir wollen, bei 
allen Vorgängen in unserem Leben und Wirken 
den wirkenden Mitmenschen, den Nächsten 
sehen, gleich wessen Standes oder Berufes oder 
Geschlechtes er ist. 
Nicht selten betrachten wir das, was uns um 
gibt und mit uns lebt, als eine Selbstverständ 
lichkeit! 
Wir empfinden nur dann das Nichtvorhanden- 
sein des Nächsten — auch den aus der weiten 
Welt —, wenn das Fehlen eines Gutes uns am 
Magennerv kitzelt oder uns auf der eigenen 
Haut oder den eigenen Füßen oder dem eigenen 
Gehirn oder durch den Heimgang eines lieben 
Menschen sich unangenehm bemerkbar macht. 
Erkennen wir: So wie unsere eigene Hand 
— die ein wunderbares Kunstwerk aus Gottes 
Schöpferhand darstellt — den eigenen Körper 
bedient, so bedient der Nächste den Nächsten 
in der nächsten Umgebung und der ganzen 
weiten Welt durch die Arbeit. 
Wer den inneren Wert der Arbeit kennen 
lernen will, muß den Kranken, den Arbeits 
unfähigen oder den Arbeitslosen — Nächsten — 
fragen, was er innerlich durch das Unvermögen, 
Arbeit zu leisten, empfindet. 
Arbeit ist der Segen Gottes für die von ihm 
erschaffenen Menschen in der von ihm er 
schaffenen Welt. 
Ihr, liebe Freunde und Jubilare, habt das 
große und seltene Glück gehabt, in vierzig- 
oder gar in fünfzigjähriger Tätigkeit dem 
Nächsten zu dienen. 
Dieses Dienen wurde Euch nicht immer leicht 
gemacht. Ihr hattet oft berechtigte Ursache ge 
habt, mit Eurem Los unzufrieden zu sein. Auch 
in der Zukunft werden nicht alle Sorgen von 
Euch genommen sein. 
Eines jedoch steht fest: Ihr habt Eurer Ver 
pflichtung gegenüber dem Nächsten Genüge ge 
leistet. Das wird durch das sichtbare Ergebnis 
Eurer Arbeit und Eures Wirkens in der Zeit 
von 1900 bis 1950 in unserer engeren Heimat 
und in der weiten Welt — trotz zweier Welt 
kriege — für jeden, der guten Willens ist, er 
kennbar. 
Mögen die Kommenden dieses Ergebnis 
Eurer Arbeit als ihre Verpflichtung Euch gegen 
über erkennen, damit auch sie am Ende ihrer 
Arbeitstätigkeit von sich sagen können: Wir 
haben in unserem Arbeitsleben der Nächsten 
liebe den vollen Tribut geleistet. 
In dieser Gesinnung wollen wir dem Feier 
abend unseres Lebens entgegengehen. Zu 
diesem Weg ein 
Frohes GLÜCKAUF! 
II. 
Am 30. April 1950 waren 
3 Angestellte und 6 Arbeiter 50 Jahre u. 
34 Angestellte und 215 Arbeiter 40 Jahre 
ununterbrochen in den Diensten der Saargruben be 
schäftigt. 
In 191 Fällen war der Vater und 
in 136 Fällen der Vater und der Großvater bei 
den Saargruben beschäftigt. 
Von den Jubilaren arbeiten 90 Kinder im Saarbergbau. 
Von 1 Jubilar arbeiten 4 Söhne, 
von 2 Jubilaren arbeiten je 3 Söhne, 
von 18 Jubilaren arbeiten je 2 Söhne und 
von 44 Jubilaren arbeiten je 1 Sohn 
in den Betrieben der Saargruben, in welchen ihre 
Väter 50 bzw. 40 Jahre tätig sind.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.