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Q)as neue
BERGMANNS-
HEIM
Von Ingeborg Margait, Saarbrücken
V 1 yoi uns das weiße Band der Landstraße,
in das sich der Wagen hineinfrißt—dunkle
Tannen — Mischwälder, in denen die Sonne
tanzt — über hügeliges Land das bunt gewürfelte
Tischtuch der Äcker und Wiesen gebreitet —
im Brautschmuck der blühende Schwarzdorn am
Rande der Straße — verschwiegene Wiesen
täler, auf denen Maßliebchen, Wiesenschaum
kraut und Sumpfdotterblumen ihren holden
Frühlingstraum träumen — Fördertürme und
Schlote, die sich dunkel gegen den Horizont
abheben — Schächte — Gruben, schwarz in der
Landschaft — und dazwischen alte Bergmanns
dörfer und -orte im Schmuck ihrer roten Ziegel
dächer —- die meist einstöckigen Häuser sauber
gestrichen, mit Blumen an den Fenstern, so daß
man ihnen ihr Alter kaum ansieht. Wie schwer
wird es oft für die Bergleute gewesen sein,
sich diese Häuschen zu bauen! Hat nicht man
cher von ihnen sein Leben lang dafür gearbeitet
und gespart? Und ist eingezogen in den halb
fertigen Bau, wenn die Küche bewohnbar war
und das Schlafzimmer, hat sich einen Raum nach
dem andern hergestellt, meist selbst nach ver
fahrener Schicht. Ja, sie haben sich alle ihr Leb
tag abgerackert, aber dafür ihr eigenes Heim
besessen, das sie weitergeben konnten an ihre
Kinder und Kindeskinder. . . Diese Gedanken
überfallen uns, während die Landschaft in bun
tem Wechsel an uns vorüberzieht. Könnte es
einen günstigeren Tag geben als diesen holden
Frühlingstag, der die Heimat in einem unbe
schreiblichen Zauber vor uns ausbreitet, um
uns die Bodenständigkeit des saarländischen
Bergmanns verständlich zu machen? Und ist
diese Bodenständigkeit nicht in erster Linie der
Grund für den seit jeher so stark ausgeprägten
Bauwillen des Saarbergmanns?
Vielleicht haben die Bauherren, zu denen wir
jetzt hinfahren, es leichter als ihre Vorgänger.
Auch Bergarbeiter, die vor kurzem in ihre neuen
Häuser eingezogen sind. Sie haben von der
Regie des Mines de la Sarre ein Darlehen er
halten und mit diesen Geldern den Bau ermög
licht. Halten wir nun vor dem ersten dieser
neuen Bergmannsheime still. Mittelbexbach. Wir
befinden uns auf dem Ausstellungsgelände am
Haus Nr. 2. Einladend und freundlich steht es
da hinter einem kleinen, hübsch angelegten Vor
garten. Eine breite Treppe, die zur Haustür führt,
ein großes Fenster zu beiden Seiten und als ein
ziger Schmuck eine schön gearbeitete schmiede
eiserne Lampe mit dem Zeichen des Bergbaus —
den gekreuzten Schlegel und Hammer. Wir wer
den freundlich empfangen, und bereitwillig zeigt
uns die glückliche Besitzerin dieses „Schmuck
kästchens" ihre Räume. Blitzblank ist es überall
und glänzt vor Neuheit, so daß es den Anschein
hat, als hätte die Frau des Hauses eben erst
ihren Umzug beendet und im Augenblick die
letzte Schublade zugeschoben, in die sie ihre
Siebensachen räumte. Aber dem ist nicht so,
denn schon wohnen sie sechs Monate in ihrem
neuen Heim. Vier Zimmer besitzen sie zu
ebener Erde und eins im Dachgeschoß, so daß
für die fünfköpfige Familie genügend Platz ist.
Gewandt übernimmt die Bergmannsfrau die
Führung, öffnet geschwind die Klappläden, so
daß die Sonne in breiten Streifen durchs Fenster
fällt und die hellen, hübsch tapezierten Zimmer
mit ihrem Licht belebt. Ein Wohnzimmer, das