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Am Ende dieser Darlegung angelangt, wird
es dem Leser klar geworden sein, daß die
Kohle, die manchmal mit Recht als „Brot der
Industrie" bezeichnet wird, schließlich eine kost
bare Ware ist, die nicht nur zu Tage gefördert
zu werden braucht, sondern daß ihr auch die
zahlreichen Unreinigkeiten entzogen und sie
sorgfältig in bestimmte Größen eingeteilt wer
den muß. Sie soll sich damit nicht nur dem ver
schiedenartigen Bedarf der Käufer anpassen,
sondern muß auch den wachsenden Ansprüchen
der Abnehmerschaft gerecht werden.
Unwillkürlich drängt sich uns hierbei der Ver
gleich der Kohle mit dem Diamanten auf, dessen
Werdegang mit demjenigen der Kohle verwandt
ist. Auch der Diamant muß veredelt, d. h. auf
bereitet werden. Die unreinen Teile werden
von ihm abgeschieden und dienen anderen
Zwecken; nur der gereinigte, gehauene und
sorgfältig geschliffene Kern wird in luxuriösen
Schaufenstern zum Verkauf angeboten, begehrt
und gekauft. Das Tragen eines solchen Edel
steines hebt die weibliche Eleganz und Anmut
je nach der Feinheit des fertigen Schliffes.
Diamant und Kohle erhalten erst durch Auf
bereitung zu einem bestimmten Zweck ihren
höchsten Nutzwert.
Wir beenden diese Abhandlung, die manchen
Bergmann und auch manchen Leser einer bisher
unbekannten Sache näher gebracht hat, und
hoffen, besonders unseren Bergleuten damit
Freude bereitet zu haben.
Franz Stenger
Der saarländische Bergmann steht in enger
Beziehung zu der Knappschaft, deren Rolle es
ist, ihm in Krankheiten oder Unfällen beizu
stehen.
Er ist mit Recht stolz auf seine Knappschafts-
Kameraden, die sich durch eine besondere Lei
stung hervorgetan haben. Deshalb soll hier des
verstorbenen Herrn Franz
S t e n g e r gedacht werden.
Er wurde im Jahre 1874 in
Quierschied geboren als 3.
Kind einer Kaufmannsfami
lie. Seine Schwester heira
tete einen Kaufmann, einer
seiner Brüder wurde Lehrer
und der andere, Robert,
starb in Lauterbach, wo er
Maschinen-Werkmeister im
Kraft- und Wasserwerk war
und auch an der Bergschule
in Saarbrücken unterrichtete.
F. Stenger begann seine
Laufbahn auf der Grube Göt
telborn und später besuchte
er die Bergvorschule in
Neunkirchen. Im Jahre 1898 begann man die
Röntgenstrahlen, die drei Jahre vorher von
Röntgen entdeckt worden waren, in der Medizin
anzuwenden. Herr Stenger interessierte sich so
fort für die Sache, besonders, da er immer bereit
war, zu helfen und zu lindern, wo Krankheit
und Leid war. Unter Anleitung von Herrn Dr.
Füller erlernte er so schnell die neue Technik,
so daß seine Röntgenaufnahmen bald den Stolz
des Knappschaftskrankenhauses bildeten. Sie
retteten vielen das Leben.
Im Jahre 1901 heiratete Franz Stenger Wil
helmine Barth und aus dieser Ehe entsprangen
2 Töchter, die sich beide im Ausland verheira
tet haben.
Beim Ausbruch des 1. Weltkrieges konnte
das Knappschaftslazarett Herrn Stenger nicht
entbehren, der wie ein Soldat, zu jeder Stunde
des Tages oder in der Nacht da war, um den
Kranken und Verwundeten zu helfen und ihre
Schmerzen zu lindern.
Als er sich nach Jahren in
den wohlverdienten Ruhe
stand setzte, war ihm doch
noch keine Ruhe vergönnt.
Er hatte schwer unter dem
Naziregime zu leiden, und
der 2. Weltkrieg brachte ihn
um die Früchte seiner schwe
ren Arbeit.
Leider kannte man damals
die Gefahren der Röntgen
strahlen noch nicht. Herr
Stenger überprüfte die Röh
ren seines Apparates immer
mit dem vorgestreckten Fin
ger seiner rechten Hand. Um
1930 bildeten sich an diesem
Finger kleine Geschwüre, die als Röntgenkrebs
erkannt wurden. Nach der Amputation dieses
Fingers ging es eine Zeitlang gut, aber dann
stellte sich eine Verschlechterung des Allge
meinbefindens ein. Im Mai 1949 starb er dann,
nachdem eine Aussaat des Röntgenkrebses auf
den Körper übergegangen war.
Nur wenige derer, denen Herr Stenger durch
seine Arbeit Linderung und Heilung gebracht
hatte, konnten an seinem Begräbnis teilnehmen,
aber die junge Generation sollte den Namen
des nur zu bescheidenen Franz Stenger, der als
ein Opfer seines Berufes und Märtyrer der Wis
senschaft dahingegangen ist, kennen.