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Philippsborn - Wanborn - Neuhaus
Von
Kurt Hoppstädter, Wiebelskirchen
J eder Saarbrücker kennt den Ausflugsort Neu
haus, das Forsthaus, wo er nicht weit von der
Stadt und doch entfernt von ihrem Lärm im Frie
den großer Wälder ausruhen und frische Kräfte
für den kommenden Werktag sammeln kann. Die
Gastwirtschaft ist heute freilich geschlossen, und
ein Rasten an diesem Ort ist also nicht mehr
möglich. Aber trotzdem lohnt sich der Weg hier
herauf. Wollte man aber an Hand der Karte den
Weg suchen, so würde man erstaunt feststellen
müssen, daß das Forsthaus, in dessen freund
lichen Räumen man früher ein kühles Glas Bier
trinken konnte, gar nicht Neuhaus heißt, son
dern Wanborn, und daß das Forsthaus Neuhaus
in Wirklichkeit etwa 400 m davon entfernt liegt.
Der Volksmund macht also von dem amtlichen
Namen keinen Gebrauch. Das kommt öfters vor
und wäre auch nicht weiter tragisch zu nehmen.
Bedauerlich ist nur, daß die Historiker dieser
Verwechslung zum Opfer gefallen sind. Denn daß
wir uns hier an einem Ort mit Geschichte befin
den, erkennt jeder, der sich einmal im Hofe des
Forsthauses Neuhaus (das in Wirklichkeit Wan
born heißt) umgesehen hat. Er erkennt, daß in
dem Gebäude Reste eines alten Baues stecken
und sieht eine Lattentür mit der verblaßten In
schrift „Histor. Keller". Der Keller mit seinen
mächtigen Gewölben und Steinsäulen ist heute
allerdings, mit altem Gerümpel gefüllt und
stockfinster, nicht mehr zu betreten. Vor eini
gen Jahren konnte man auch neben dem Tor
eine Inschrift auf einer Marmortafel lesen des
Inhalts, hier habe einst Schloß Philippsborn ge
standen, von dem Grafen Philipp III. 1577 er
baut und von den Franzosen 1793 zerstört. Da
diese Inschrift nicht ganz richtig war, soll etwas
näher auf die Geschichte der Örtlichkeit ein
gegangen werden.
Seit es eine saarländische Geschichtsschrei
bung gibt, geistert durch die Berichte die „Wald
burg Wanborn", die hier gestanden haben soll.
Sie soll nach einer Jahreszahl 1113, die sich am
Brunnen im Burghof befand, im Jahre 1113 von
Graf Siegebert erbaut worden sein.
Was ist nun an dieser Geschichte? Irgend
eine urkundliche Nachricht über die „Waldburg"
Wanborn ist nicht zu finden. Alle Berichte
gehen auf den Saarbrücker Registrator Andreae
zurück, der im Jahre 1638 schreibt:
(Enealogia saraepontana, pag 241)
„Das alte Jagd-Hauß Wanborn, im Wald V2
Meil von Saarbrücken ließ er (Graf Philipp v.
Nassau-Saarbrücken) abbrechen und ein schön
Schloß: Philippsborn, nach seinem Namen, dahin
bauen."
Auch Köllner spricht in seiner Geschichte der
Grafen und Fürsten von Saarbrück noch vom
„Jagdhaus Wanborn', während er in einer
Handschrift (Archiv d. Histor. Vereins) sagt:
„Da, wo jetzt auf einer der höchsten waldigen
Höhen des Saargebirges das Neuhaus liegt,
lag in den frühesten Zeiten unserer Geschichte
Wanborn, eine alte Waldburg, die schon unter
Graf Friedrich von Saarbrücken vorhanden ge
wesen sein muß, wie aus der Jahreszahl 1113,
die sich am Brunnen im Burghof befand, her
vorgeht."
Diese Angaben Köllners bilden dann die
Quelle aller späteren Erzählungen von der
Waldburg Wanborn (vgl. z. B. Grande, Neu-
haus-Saarbrücken 1924),
Die „Waldburg Wanborn“ hat nie bestanden,
und zwar sprechen folgende Gründe dagegen:
1. Sie wird nie in Urkunden genannt. Erst An
dreae nennt 1638 ein ehemaliges Jagdhaus
Wanborn, erst Köllner spricht noch zwei Jahr
hunderte später von einer Waldburg.
2. Die Zahl 1113 kann nicht auf dem Brunnen
gestanden haben, und wenn sie doch auf dem
Brunnen gestanden haben sollte, so ist sie in
einer späteren Zeit angebracht worden. Aus
dem Jahre 1113 stammt sie keinesfalls. Ich
glaube aber, das die Sache anders liegt. Ara
bische Zahlen kommen in Schriftstücken und
Siegeln erst seit Anfang des 13. Jahrhunderts
vor, ihre Anwendung durch Steinmetzen wird
erst im 15. Jahrhundert allgemein. Die alten
Formen der Ziffern sind zudem recht schwierig
zu lesen und sind vieldeutig. Nehmen wir an,
daß die von Köllner gefundene Inschrift etwa
so wie in der Abbildung ausgesehen hat, so
könnte das zwar für 1113 gelesen werden,
heißt aber in Wirklichkeit 1574 und würde
somit auf die Er
bauung des Schlos
ses Philippsborn Be
zug nehmen.
3. Wanborn ist vom
althochdeutschen
wani — Mangel
oder wan = ver
schwinden, Weg
gehen, zu Ende ge
hen, abzuleiten und
bedeutet also eine
spärlich fließende
Quelle. Nach solch
bescheidenem
Brünnlein mag man
vielleicht ein klei-