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ESPRIT JOUSSEAUME
Marquis de la BRETESCHE
Gouverneur von Homburg / Saar von 1680-1697
W ohl kaum ist nach 1697 der Name « La Bre-
tesche» so oft im Munde der vielen Tausende
von Saarländern gewesen, wohl selten wurde
der Name eines hohen französischen Offiziers der
alten Zeit soviel in der Tagespresse geschrieben, wie
gerade in der Zeit nach der letzten Evakuierung.
Wievielen Saarländern, auch wenn sie nicht aus
Homburg stammen, ist dieser Name geläufig, der
meist in Verbindung mit einer dortigen Siedlung
genannt wird. Gross war die Zahl jener, die nach
der Zerstörung ihrer Heimstätte und nach der
Rückkehr aus dem Bergungsgebiet in der Siedlung
«La Bretesche» Obdach fanden, wieviele wurden
im Zuge der sogenannten Landüberweisung hier un
tergebracht und warten im Rahmen einer grossen
Schicksalsgemeinschaft auf ihre Heimkehr an die
Saar. Aber wohl die wenigsten wissen mit diesem
Namen «La Bretesche» etwas anzufangen, weil
ihnen die Heimatgeschichtsforschung bisher nichts
davon zu sagen wusste.
Schon anfangs des 15. Jahrhunderts hatte das
Saarbrücker Grafenhaus ansehnlichen Anteil an
Schloss und Flerrschaft Homburg, und man ver
stand es im Laufe der Zeit, diesen Besitz vollstän
dig an sich zu bringen. Als dann Frankreich um
1680 an die Saar kam, weil der französische König
damals alle Länder und Landesteile, die in irgend
einer Form vom Westen lehnsabhängig waren, wie
der mit seinem Lande vereinigen wollte, wurde auch
das gesamte Land an der Saar besetzt und in Ver
waltung genommen. Im Zuge dieser Massnahme
hatte der französische Oberst de La Claude in
Homburg seinen Einzug gehalten, als dessen vor
läufiger Gouverneur d’Humieres, Sieur de La Gar-
dette, bestimmt wurde. Noch im Laufe des Jahres
1680 wurde er durch den Obersten Esprit Jous-
seaume, Marquis de La Bretesche ersetzt.
In Homburg war der Sitz der Regierung der
Province de la Sarre, von hier aus verwaltete An
toine Bergeron de La G 0 u p i 11 i e r e, der Inten
dant der Saarprovinz und der angrenzenden Län
der, unsere Heimat. Er, wie Gouverneur de La
Bretesche wohnten auf Schloss Homburg. Was
wissen wir nun von Marquis de La Bretesche ?
Im Jahre 1638 war er als Sohn von Louis Jous-
seaume geboren, der die Herrschaft La Bretesche
innehatte, die 1657 zum Marquisat, sagen wir zur
Grafschaft erhoben wurde. Marquis Louis Jous-
seaume erscheint in der Geschichte ebenfalls als
hoher königlicher Offizier und war zeitweise Gou
verneur von Poitiers.
Da offensichtlich Soldatenblut ln den Adern des
jungen Esprit Jousseaume pulsierte, trat auch er
schon früh in militärische Dienste und durfte mit
Erlaubnis des französischen Königs 1674 ein eige
nes Regiment aufstellen, das seinen Namen trug.
Im französisch-holländischen Kriege zeichnete er sich
als Offizier und Kommandeur seines eigenen Dra
goner-Regimentes besonders aus, wurde allerdings
im Verlaufe dieser Kämpfe schwer verwundet, so
Esprit Jousseaume, Marquis de la Bretesche
dass ihm ein Bein amputiert werden musste. Nach
seiner Genesung, nämlich im Mai 1678, wurde er
zum Gouverneur der Stadt Löwen in Brabant er
nannt, wo er bis zum Frieden von Nymwegen 1679
blieb.
Aus dem Wirken dieses hervorragenden Soldaten
wissen wir nun, dass er im Verein mit dem Inten
danten der Saarprovinz in Homburg bedeutende
Arbeiten durchführen liess, nicht nur am dortigen
Schloss, sondern auch in der Stadt selbst. Was
Vauban für Saarlouis war, bedeutete für Homburg
der zu diesen Arbeiten eigens hinzugezogene
Festungsbaumeister Louvois. Homburg hatte bald
ein anderes Gesicht, ganz abgesehen von seiner
Bedeutung als Residenzstadt.
Im Jahre 1684, als Ludwig XIV. die katholische
Religion an der Saar wiedereinführte, dieselbe
gleichberechtigt mit der evangelischen stellte, da
war es Marquis de La Bretesche, der Patres aus
der Kölner Kirchenprovinz kommen liess, die neben
seelsorgerischer Arbeit auch Dienst im Flomburger
Militär-Hospital taten. Am Fusse des Schlosses er
richteten sie ein Kloster, aber erst 1679 eine Kirche,
zu der noch unter La Bretesche der Grundstein
gelegt wurde.
König Ludwiig ehrte die Verdienste seines Hom-
burger Gouverneurs dadurch, dass er ihn 1690 zum
Generalleutnant der königlichen Armeen und zum
mestre de camp seines eigenen Dragoner-Regimen
tes ernannte. Vier Jahre später verlieh er ihm die
höchste französische Auszeichnung, den Orden des
hl. Ludwig.
Am 27. Julj 1706 starb Marquis de La Bretesche,
dessen Mission an der Saar 1697 mit Abzug der
Franzosen erfüllt war, im Alter von 68 Jahren in
Sables-d’Olonnes, wo er im Chor der dortigen
Kirche seine letzte Ruhestätte fand. —er.