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Pittchen steht vor der Haustür und schaut
nach dem Wetter. Ein Fremder tritt auf ihn zu
und fragt : « Bin ich hier in Steinberg? »
«Nä, so’n Dorf geffd et hei net !» Der
Fremde stapft weiter, da stutzt Pittchen und
ruft ihn zurück. « Han S’ vielleicht Stämerisch
gemend? »
« Ganz richtig — Stämerisch. »
Pittchen : « Dat leid hei. »
Michel : « Geht do net Theisse Roder? »
Hannes : « Tatsächlich ! »
Matz : « Mensch, wie es der sesamme gang. »
Michel : « Bei dene schlechde Zeide. »
Hannes : « Do wor es frijer doch annerschd.»
Matz : «Jo, ich han emol e Bierbrauer
kannt, der war so iwermässisch dick, dass er alle
drei Daach e. Liter Wasser schwitze musst,
sonschd wärem die Aue zugewachs. »
Michel : « Das es noch gar nix. Off da Rede-
ner Grub hat emol e Steijerschfraa ihr Kend
gesucht, un do han die Leiid geruf: « Ei gucke
doch emol richtisch, es spielt jo unner Eierrn
Bauch. »
Hannes : «Un ich erinnere mich an e sch-eck-
Iich dicker Metzjer. Wenn der sei Metzjerschirz
hat wolle umdun, had de Lehrbub misse gelaaf
kumme un hat 5 m misse de Schirzebännel um
sei dicker Bauch binne, denn sei eigne Arm han
dezu nimmeh ausgereicht.
*
Hannes : « Gott sei Dank, dass das do Johr
endlich erom es ! »
Michel : « E richtisch Hongerjohr. Grombier-
cher so dick wie e Finger, un es Kor reicht
kaum bis Aschermittwoch. »
Hannes : « En Kanada awer wor die Weize
so hoch un so dick wie e Bohnestang, un mei
Bub, der die vorisch Woch aus das Gefange-
schaft komm es, haPn misse raem Beil um-
haue. »
Michel : «Un meiner hat aus England ge-
schrieb : «Vadder, bei uns stecke die Riewe
so dief em Boddem, dass ma se met zwei Pär
rausziehe misse ... » Awer Matz, du sahschd jo
ga kä Word !» (Matz, vor dessen Haus die
Libank steht, verschwindet im Keller und
kommt mit einem Igel zurück.)
Hannes und Michel : « Was hasch de denn
do? »
Matz : « Ei, ’n dod Laus. »
Llannes : «Mm, — un wie kommsch de
dann zu der? »
Matz : « Ei, die hat mei Jingschder aus da
russisch Gefangenschafd met hemm brong. »
*
NUR KEIN GEWOHNHEITSRECHT
1s der Koschderfranz den
Grubenstecken an den Na
gel hing, wählte ihn die
Kapellengemeinde zum Kir
chenschöffen. Das Dorf
war eine kleine Filiale, und
hier war es ein alter
Brauch, dass der Schulleh
rer aus dem Nachbardorf,
der hier allsonntäglich die
Orgel spielte, vor seinem Heimweg beim
Kirchenschöffen einen Morgenimbiss verzehrte,
und die Frau des Koschderfranz tischte ihrem
Gast neben Brot, Kaffee und Butter jedesmal
drei fingerdicke Schinkenscheiben auf.
« Oh, hausgemachter Schinken ist mein Leib
gericht ! » lobte der Schullehrer und tat dem
Essen solche Ehre an, dass jedesmal nur ein An-
standsrestchen übrigblieb.
«Du verwöhnst den Herrn Lehrer,» rügte
der Koschderfranz, « und stärkst ihn in der Mei
nung, der Schinken gehöre zum althergebrach
ten Frühstück. »
« Das habe ich mir auch schon überlegt, »
erwiderte die Frau, « aber schneide ich keinen
mehr auf, so sieht das nach Geiz aus ».
« Lass das meine Sorge sein, » entschied der
Koschderfranz, und wie die Frau wieder das
Leibgericht auftrug, sagte er : « Hoffentlich hast
du heute keine Maden gefunden. »
«Aber Franz, du verdirbst ja unserm Gast
den Appetit,» stammelte die Frau und ver
schwand mit hochrotem Kopf. »
« Nicht im geringsten, » lautete die Antwort,
aber nach dem Mahl lagen die Scheiben un
berührt auf dem Teller. »
Das Leibgericht fand auch fernerhin keine Be
achtung mehr und konnte sich nicht zu einem
Gewohnheitsrecht entwickeln.
Von der Libanic