Full text: 1949 (0077)

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Pittchen steht vor der Haustür und schaut 
nach dem Wetter. Ein Fremder tritt auf ihn zu 
und fragt : « Bin ich hier in Steinberg? » 
«Nä, so’n Dorf geffd et hei net !» Der 
Fremde stapft weiter, da stutzt Pittchen und 
ruft ihn zurück. « Han S’ vielleicht Stämerisch 
gemend? » 
« Ganz richtig — Stämerisch. » 
Pittchen : « Dat leid hei. » 
Michel : « Geht do net Theisse Roder? » 
Hannes : « Tatsächlich ! » 
Matz : « Mensch, wie es der sesamme gang. » 
Michel : « Bei dene schlechde Zeide. » 
Hannes : « Do wor es frijer doch annerschd.» 
Matz : «Jo, ich han emol e Bierbrauer 
kannt, der war so iwermässisch dick, dass er alle 
drei Daach e. Liter Wasser schwitze musst, 
sonschd wärem die Aue zugewachs. » 
Michel : « Das es noch gar nix. Off da Rede- 
ner Grub hat emol e Steijerschfraa ihr Kend 
gesucht, un do han die Leiid geruf: « Ei gucke 
doch emol richtisch, es spielt jo unner Eierrn 
Bauch. » 
Hannes : «Un ich erinnere mich an e sch-eck- 
Iich dicker Metzjer. Wenn der sei Metzjerschirz 
hat wolle umdun, had de Lehrbub misse gelaaf 
kumme un hat 5 m misse de Schirzebännel um 
sei dicker Bauch binne, denn sei eigne Arm han 
dezu nimmeh ausgereicht. 
* 
Hannes : « Gott sei Dank, dass das do Johr 
endlich erom es ! » 
Michel : « E richtisch Hongerjohr. Grombier- 
cher so dick wie e Finger, un es Kor reicht 
kaum bis Aschermittwoch. » 
Hannes : « En Kanada awer wor die Weize 
so hoch un so dick wie e Bohnestang, un mei 
Bub, der die vorisch Woch aus das Gefange- 
schaft komm es, haPn misse raem Beil um- 
haue. » 
Michel : «Un meiner hat aus England ge- 
schrieb : «Vadder, bei uns stecke die Riewe 
so dief em Boddem, dass ma se met zwei Pär 
rausziehe misse ... » Awer Matz, du sahschd jo 
ga kä Word !» (Matz, vor dessen Haus die 
Libank steht, verschwindet im Keller und 
kommt mit einem Igel zurück.) 
Hannes und Michel : « Was hasch de denn 
do? » 
Matz : « Ei, ’n dod Laus. » 
Llannes : «Mm, — un wie kommsch de 
dann zu der? » 
Matz : « Ei, die hat mei Jingschder aus da 
russisch Gefangenschafd met hemm brong. » 
* 
NUR KEIN GEWOHNHEITSRECHT 
1s der Koschderfranz den 
Grubenstecken an den Na 
gel hing, wählte ihn die 
Kapellengemeinde zum Kir 
chenschöffen. Das Dorf 
war eine kleine Filiale, und 
hier war es ein alter 
Brauch, dass der Schulleh 
rer aus dem Nachbardorf, 
der hier allsonntäglich die 
Orgel spielte, vor seinem Heimweg beim 
Kirchenschöffen einen Morgenimbiss verzehrte, 
und die Frau des Koschderfranz tischte ihrem 
Gast neben Brot, Kaffee und Butter jedesmal 
drei fingerdicke Schinkenscheiben auf. 
« Oh, hausgemachter Schinken ist mein Leib 
gericht ! » lobte der Schullehrer und tat dem 
Essen solche Ehre an, dass jedesmal nur ein An- 
standsrestchen übrigblieb. 
«Du verwöhnst den Herrn Lehrer,» rügte 
der Koschderfranz, « und stärkst ihn in der Mei 
nung, der Schinken gehöre zum althergebrach 
ten Frühstück. » 
« Das habe ich mir auch schon überlegt, » 
erwiderte die Frau, « aber schneide ich keinen 
mehr auf, so sieht das nach Geiz aus ». 
« Lass das meine Sorge sein, » entschied der 
Koschderfranz, und wie die Frau wieder das 
Leibgericht auftrug, sagte er : « Hoffentlich hast 
du heute keine Maden gefunden. » 
«Aber Franz, du verdirbst ja unserm Gast 
den Appetit,» stammelte die Frau und ver 
schwand mit hochrotem Kopf. » 
« Nicht im geringsten, » lautete die Antwort, 
aber nach dem Mahl lagen die Scheiben un 
berührt auf dem Teller. » 
Das Leibgericht fand auch fernerhin keine Be 
achtung mehr und konnte sich nicht zu einem 
Gewohnheitsrecht entwickeln. 
Von der Libanic
	        
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