10 Saarbrücker Bergmannskalender
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MALEREI
des*
M
ja kudundehts
\ / on der Hochrenaissance bis zum Ende
* des 17. Jahrhunderts gehört unstreitig
Italien der Vorrang in den bildenden Kün
sten. Diese bevorzugte Stellung wurde ihm
im 18. Jahrhundert durch Frankreich ent
rissen, das von da ab bis in unsere Gegen
wart die führende Rolle auf den Gebieten
der Malerei und der Bildhauerei spielen sollte.
Dieses Aufrücken Frankreichs in die füh
rende Stellung ist, soweit man auf dem Ge
biete der Kunst überhaupt von Ursachen und
Wirkungen reden kann, auf mehrere Um
stände zurückzuführen. Die beiden haupt
sächlichster! waren ohne Zweifel einerseits
der von Ludwig XIV. den französischen
Künstlern des 17. Jahrhunderts gewährte er
lauchte Schutz, der diesen erlaubte, eine
eigenwüchsige französische, von ausländi
schen Schulen unabhängige Überlieferung zu
schaffen, andererseits der geringe Einfluß
des barocken Geistes in Frankreich, der we
nig dazu angetan war, wahrhaft schöne
Kunstwerke hervorzurufen. Wie dem auch
sei, die französische Malerei bewahrte wäh
rend des ganzen 19. Jahrhunderts das hohe
Ansehen, das es im vorhergehenden besessen
hatte. Dieses hohe Ansehen war so unbe
stritten, daß die Besieger Napoleons für die
malerische Darstellung des Wiener Kongres
ses einen französischen Künstler bestimmten,
und zwar Isabey, Maler und Zeichner des
Kaisers. So erkannte Europa die Überlegen
heit der französischen Malerei an, die sich
auch weiterhin während des ganzen Jahr
hunderts behauptete. Es ist dies eine seit
der romantischen Epoche von allen unpar
teiischen Beurteilern gleich welcher Nation
anerkannte Tatsache. Fast alle großen Maler
des 19. Jahrhunderts waren Franzosen, und
alle Revolutionen, die sich in dieser Epoche
auf dem Gebiete der bildenden Künste er
eignet haben, hatten Frankreich zum Schau
platz. Die für diesen bemerkenswerten Hoch
stand der Leistungen französischer Künstlei
im allgemeinen angeführten Gründe sind
wenig überzeugend, denn auch andere Län
der haben damals überaus glänzende Zeiten
sowohl auf dem Gebiete der Wirtschaft wie
auf dem der Literatur, Philosophie oder Mu
sik erlebt. Diese in der Geschichte einzig
artige Blütezeit bedeutender Maler entzieht
sich einer eigentlichen Erklärung. Hatten
auch einige dieser Maler klingenden Erfolg,
so blieben doch zahlreiche andere verkannt
und hatten schwer mit der Not zu kämpfen.
Während des ganzen 19. Jahrhunderts, das
wohl das große Jahrhundert der französi
schen Kunst und Malerei war, erlitt diese
Glanzzeit keine Abschwächung. Wir haben es
daher für angebracht gehalten, den Lesern
des Bergmannskalenders die größten dieser
bedeutenden Maler vor Augen zu führen.
Erster Abschnitt: Der Neu-Klassizismus und
die Romantik.
Der hervorragendste Meister der franzö
sischen Malerei im Revolutionszeitalter und
des Kaiserreiches war DAVID. Ihm war es
vergönnt, vor diesem bewegten Zeitalter eine
fünfjährige Studienreise nach Italien zu
machen, und er kehrte von dort als glühen
der Bewunderer der klassischen, besonders
der römischen Antike zurück. „Der Schwur
der Horatier“ (Bild 1), ein während seines
Aufenthaltes in Rom entstandenes Werk,
zeigt uns nüchterne, kräftige Gestalten in
der vollendeten Schönheit und gelassenen
Würde römischer Statuen. Nach Frankreich
zurückgekehrt, stürzte. er sich blindlings in