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Den ersten Schritt hat dabei Frankreich
mit dem Projekt des Meereskraftwerkes an
der Rance-Mündung getan. So hat die Natur
immer eine neue Wohltat in Reserve, wenn
der arme Mensch glaubt am Ende zu sein.
Die „blaue“ Kohle wird also die „weiße“ er
gänzen. Diesmal sind Sonne und Mond am
Werk, wenn ihre Bahnen sich kreuzen oder
sie in Quadratur stehen, dann gehorchen ihnen
die Meeresfluten: Ebbe und Flut lösen sich in
gleichem Rhythmus ab. Dabei tritt ein Was
serstandsunterschied auf, dessen größte Diffe
renz zwischen den Gezeiten verschieden sein
kann, je nach Beschaffenheit der Küsten
form. So sind die großen nach Westen liegen
den französischen Küsten am Kanal mit be
sonders großem Wasserstands-Unterschied be
dacht. Diese Voraussetzung des Meereskraft
werkes muß gegeben sein, da ähnlich den nor
malen Wassergefällen unserer Flüsse die Fall
kraft des Wassers in elektrische Arbeit um
gewandelt werden soll. Dieses Gefälle reicht
an folgenden Punkten aus: Mont St. Michel
12,40 m, Rance-Mündung 11,40 m und anderen;
in 10% der jährlichen 705 Gezeiten werden
diese Höhen noch übertroffen. Außerdem sind
die Küsten flachgrundig, was den Bau von
Staudämmen erleichtert und die Kosten
niedrig hält.
Um die Gezeitenkräfte auszunutzen, können
verschiedene Systeme angewandt werden; das
im Falle der Rancezentrale gewählte ist wie
folgt zu erläutern:
Zuerst steigt die Flut durch Schleusen in
den hinter einem Staudamm gelegenen Mün
dungsteil der Rance. Die Turbinen stehen
still. Bei Höchstflut werden die Schleusen
geschlossen, das Meer sinkt zur Ebbe. Nach
dem ein genügend großer Höhenunterschied
herrscht, werden die Speisekanäle der Tur
binen geöffnet, das Wasser fließt ins ebbende
Meer ab.
Die Fachleute haben es als das billigste und
am schnellsten zu bauende System bezeichnet.
Ein 33 m hoher und 900 m langer Damm
trennt dabei die Rance-Mündung vom offenen
Meer, und die Produktion wäre jährlich 700
Millionen KW. Die Bucht vom Mont St. Michel
würde bei 23 km Dammlänge 21 Milliarden
KW jährlich liefern, was ungefähr der Ener
giegesamtmenge entspricht, die Frankreich
1946 erzeugte. Doch liegt der Kostenpunkt der
letzten Anlage so hoch, daß vorerst nur das
Rance-Projekt in Frage kommt.
Nachdem die Generationen jedoch für Jahr
hunderte planen müssen, darf nicht über
sehen werden, daß der Wasserkraftausnutzung
wirtschaftliche Grenzen gesetzt sind, die in
30 Jahren bestimmt erreicht sein werden. Zu
diesem Zeitpunkt werden wir es uns auch
nicht mehr leisten können, Kohle nur zu 50 %
in Dampfmaschinen auszunutzen oder gar im
Küchenherd durch den Kamin zu jagen.
Die unerschöpfliche Windkraft.
Ohne auf holländische Windmühlenromantik
zurückzukehren, sagen die Windkraftfach
leute, daß diese Energieform in quantitativer
Bild 4 Windkraftwerk
wie auch kostenmäßiger Hinsicht dem Bedarf
bis in das nächste Jahrtausend gewachsen
sein soll.
So wird die Leistungsfähigkeit des Windes
allein in den windstarken Gebieten der Erde
mindestens auf 100 Milliarden KW je Stunde
geschätzt, was einer Jahreserzeugung von ca.
500 000 Milliarden KW gleichkommt.
Wenn wir aber aus der Sonnenenergie diese
Kraftreserven errechnen — es werden ja 2V2
Prozent in Windkraft umgesetzt — so erhalten