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Ist Energie aus Naturkraft begrenzt ?
Von Alois T h i e r y , Sulzbach.
Über zwei Milliarden Menschen bevölkern
die Erde. Dasein und Kultur sind vom Grad
der Ausnutzung der Naturkräfte abhängig.
Die schaffenden Hände dieser Menschheit
werden hundertfach widergespiegelt im Rhyth
mus der Maschinen.
Nur der Segen der Arbeit dieser gewaltigen
Energiemengen ermöglichte die Vermehrung
der Menschen bei gleichzeitiger Verbesserung
der Lebensbedingungen. In der Energiewirt
schaft aller Zeiten liegt die materielle Seite
der Zivilisationen begründet.
Eine Erde ohne Naturwissenschaftler, Ma
schinenbauer, ohne Turbine, Dynamo, ohne
Verkehrs- und Nachrichtenmittel würde die
sen zwei Milliarden Menschen überhaupt nicht
die Existenz ermöglichen. Das Wirken der
Naturkräfte hat unsere Forscher und Tech
niker gelehrt, die Zahl der unsichtbar sich
regenden Arme ins Gewaltige zu steigern. Der
Menschen Streben seit Urzeit ist, die eigene
Muskelkraft zu schonen. Er schuf sich Ar
beitsmaschinen, von den primitiven Steinzeit
werkzeugen bis zu den Großkraftwerken un
serer Tage. Mensch und Maschine wuchsen
zusammen, vervollkommneten sich, so daß sie
heute unzertrennlich, beide allein auf sich
gestellt, ohne Nutzen sind.
Bild 1 Römische Heizanlage
Die letzten zwei Jahrhunderte vor allem
haben bewiesen, daß die maschinelle Energie
viel rascher anwachsen mußte als die Men
schen, um deren stets anspruchsvolleren
Lebensbedingungen zu genügen. Während die
Zahl der Menschen sich verdoppelt hat, mußte
sich die Energieausnutzung verhundertfachen.
Industrie, Landwirtschaft und Verkehr ver
schlingen heute Energiemengen, die in 1000
Milliarden KWTI. ausgedrückt werden. Diese
Energien müssen laufend erzeugt werden,
wenn nicht eine tödliche Lähmung den Erd
ball erfüllen soll.
Energiespender ist die Natur; dem Menschen
oblag es nur, ihr diese Kräfte nutzbringend
abzuringen.
Das Sonnenlicht hat durch die Chlorophyll
synthese aus der natürlichen Kohlenstoffver
bindung das Holz wachsen lassen. Bedenken
wir dies und wir kommen zum Ursprung aller
Energie auf unserem Erdball: der Sonne, mit
ihren Strahlungen, wovon nur einige Wärme
heißen. Alles ist durch dieses Licht geworden,
was Naturkraft heißt. Noch vor zweihundert
Jahren war das Holz gewaltiger Wälder der
Hauptenergieträger; sein Verbrauch war so
gewaltig, daß sich bald die Wälder lichteten
und Not nach neuen Energiespendem ward.
Besonders im römischen Weltreich, mit den
Anfängen von Industrie, Verkehr und Groß
raumpolitik, war die gesamte Wirtschaft vom
Holzbestand der Gefilde des Mittelmeeres ab
hängig. Holzkohle ermöglichte das Schmelzen
der Metalle, Heizen der Bäder, Holz war Bau
stoff von Schiff und Wagen, Mazedoniens
Wälder verschwanden und entblößten öden
Karst.
Nur der Kohle ist es zu verdanken, daß
der Waldbestand nicht völlig ausgerottet
wurde.
Der Sieg der Dampfmaschine im 18. Jahr
hundert wäre ohne Kohle nie möglich ge
wesen. Kohle ist ja auch der zur Zeit größte
Energiespender.
Vor vielen Jahrmillionen entstanden in
feuchtem, sehr heißem Klima Urwälder von
unvergleichlicher Üppigkeit, im Laufe der
Jahrtausende verfielen sie zu Moorland. Erup
tion und Erosion überlagerten diese mit Ge
röll, und heute finden wir die Reste in den
Steinkohlenflözen. Dieses Schauspiel der Natur
wiederholte sich oft, so oft als heute Flöz
lagerungen davon zeugen. Später entstand in
höherer Lagerung aus anderen Holzarten, aber
auf ähnliche Weise, die Braunkohle.
In vielen Bergwerken schürfen tapfere
Männer den Reichtum der Erde. Unserer Hei
mat Wohlstand beruht im besonderen auf
diesem schwarzen Diamanten, Segen einer
Urzeit-Laune der Natur. So ist Kohle auf
gespeicherte Sonnenenergie, die heute in un
seren Dampfmaschinen und -Turbinen Wärme
energie in mechanische Energie verwandeln
läßt. Damit war an jedem Ort mit der Wärme
Arbeit zu leisten, doch der Mensch, unzufrie
den, wie immer, sann nach Neuem. Die Er
forschung der Elektrizität, die Leitfähigkeit,
die Möglichkeit, im Dynamo mechanische
Energie in elektrische Kraft zu verwandeln,
brachte erst das Zeitalter der gewaltigen
Energieerzeugung. Im Kraftwerk geleistete
Arbeit wird durch den dünnen Draht an jeden
beliebigen Punkt gebracht und im Motor