Full text: 1948 (0076)

102 
im Herzogtum Mailand bereits um 1300 Sta 
tionen mit Pferdewechselgelegenheiten an den 
Hauptverkehrsstraßen bestanden, die „posta“ 
hießen, und an denen Pferde zur Benutzung 
bis zur nächsten derartigen Station bereit 
gehalten wurden, erregte diese Tatsache be 
rechtigtes Aufsehen. Indes ließen sich Er 
scheinungen des Verkehrs niemals eingebieten, 
am wenigsten bei einem so regen Handelsver 
kehr, wie er damals zwischen der Lombardei 
und den Niederlanden bestanden hat. Es muß 
ten sich demnach an die großen Verkehrs 
und Handelsstraßen die gleichen Einrichtun 
gen umso schneller verpflanzt haben, als sie 
für die Reisegemächlichkeit unentbehrlich 
waren. Es konnten also keine Errungenschaf 
ten im Verkehrsleben lokalisiert oder einmalig 
bleiben. Sie mußten sich, selbst wenn sie un 
ter Umständen schon einmal weite Regionen 
überbrückten und gar den eigenen Ursprung 
zu verwischen schienen, an gleicher oder un 
mittelbar verbindender Verkehrslinie in über 
einstimmenden Formen wiederholen. 
Tatsächlich haben in den Rheinlanden, im 
Saargebiet, in Süddeutschland und in Frank 
reich ebenfalls Mietpferdestellen bestanden. 
Sie bedurften gamicht einmal des lombardi 
schen Vorbildes, da dieses bereits durch den 
römischen cursus publicus, die römische 
Staatspost, gegeben war, deren Spuren sich 
bis ins Mittelalter erhalten hatten. Wohl führt 
die Bezeichnung „Post“ auf die italienische 
„posta“ zurück. Als solche wurde noch bis ins 
sechzehnte Jahrhundert die Wechselstelle für 
das Mietpferd, die Raststätte und die mit die 
ser zusammenhängende Stallung genannt. 
Andererseits war posta aber auch die Bezeich 
nung für das Mietpferd selber sowie für die 
von Stall zu Stall — also von Station zu 
Station — zurückzulegende Entfernung. Im 
Jahre 1550 waren Redewendungen wie „mit 
der Post reisen“ oder „sich auf die Post 
setzen“ durchaus geläufig. Unter Post war 
aber ausschließlich das Mietpferd zu ver 
stehen, wie ja auch „reisen“ damals noch 
gleichbedeutend war mit „reiten“. Unter 
Metzgerposten sind also ausschließlich Beför 
derungsanstalten für Reisende (Reitende) und 
Kuriere zu verstehen. 
Bis zum Jahre 1300 sind in den Rheinlanden 
zahlreiche Mietpferdestellen als Reisestatio 
nen an großen Verkehrsstraßen nachweisbar. 
Sie lagen großenteils in der Hand von Wirten 
oder Roßtäuschern. Sie bildeten kein öffent 
liches Unternehmen, sondern meist nur ein 
Nebengewerbe, eine Mietangelegenheit. Ihre 
Entwicklung war durch den Bedarf begrün 
det, ihre gegenseitige Ergänzung war private 
Geschäftsangelegenheit. Anders die Metzger 
posten, die unverkennbar das Zeichen von 
Organisation an sich trugen, da sie Ange 
legenheit der Zünfte waren. Sie sind anzu 
treffen in Gebieten, die als Metzgerpostgebiete 
anzusprechen sind, insofern den Metzgern auf 
größere Entfernungen hin die Priorität in der 
Beförderung von Reisenden zustand. 
Das Mittel- und Oberrheingebiet, Württem 
berg und Bayern scheinen über größere 
Metzgerpostgebiete verfügt zu haben. Die 
Saarbrücker Metzger hatten Gelegenheit, auf 
der niederländisch-lombardischen Handels 
straße sowohl in der Richtung auf Luxemburg 
bzw. Trier als auch in der Richtung auf 
Straßburg an Metzgerpostorte anzuschließen. 
Auch die Saarbrücker Mainzer Straße soll 
durch Metzgerpostgebiet geführt haben. Es 
spielte dabei keine Rolle, ob die eine oder die 
andere Zwischenstation auch anderen Per 
sonen angehörte als Metzgern. Wurden der 
artige Lehnsrößler doch in Ulm, ohne des 
wegen das Metzgerhandwerk erlernt haben zu 
müssen, sogar in die Metzgerzunft aufgenom 
men. Auf jeden Fall bedeuten die Metzger 
posten die ältesten anstaltsmäßigen Einrich 
tungen zur Personenbeförderung. Das Mittel- 
alter zeigt in ihnen Verkehrsgelegenheiten 
auf, die unsere Gegenwart kaum zu vermuten 
wagte. 
Danach aber ist es erst verständlich, wie 
die Landesherrschaften dazu kamen, die 
Metzger auch in ihre Reitdienste zu nehmen. 
Die Saarbrücker Grafen insonderheit, die die 
kostenfreie Reisebeförderung des Schultheißen 
bzw. der Gerichtsherren zum Hochgerichte in 
St. Nabor verlangten, sowie ähnliche Dienste 
im Umkreis von drei Meilen. Die Metzger 
posten müssen also bereits bestanden haben, 
bevor ihnen die herrschaftlichen Botenritte 
auferlegt werden konnten. Und zwar bedeu 
teten die Metzgergänge und Rittverpflichtun 
gen nichts anderes als Leistungen an Ab 
gabenstelle. 
Lange bevor es eine öffentliche Post gab 
und lange bevor diese öffentliche Post eine Per 
sonenbeförderung zu Pferde einführte, gab es 
Metzgerposten, die den Reiseverkehrsdienst 
ausübten. Und als die Kaiserliche Post vor 
Einführung des Reisedienstes ausnahmsweise 
hohen Staatswürdenträgern die Gemächlich 
keit von Postpferden zur Verfügung stellen 
mußte, wurden diesen Reisen die orts 
üblichen Taxen für Miet- bzw. Metzgerpferde 
zugrunde gelegt. Auch das zum Symbol der 
Post gewordene Posthorn führt auf eine Ge 
pflogenheit der Metzger zurück, die sich auf 
ihren Postritten eines zum Blasen hergerich 
teten Ochsenhorns zu bedienen pflegten, um 
ihre Anwesenheit kundzugeben. Dies war 
namentlich vor Stadttoren, vor Brücken und 
Fährschiffen oft genug geboten, um vor Ver 
zögerungen und Verspätungen geschützt zu 
sein. Im Jahre 1615 wurde das bisher einzig 
von den Metzgern gebrauchte Hörnchen bei 
der Taxisschen Post eingeführt, den Metzgern 
dagegen jeder Gebrauch des ihrem Beruf 
entstammenden Hörnchens untersagt. Dem 
nach aber erwuchs der Taxisschen Post in 
den Metzgerposten eine schwerwiegende Kon 
kurrenz. Denn die Metzger beförderten jetzt 
ziemlich allenthalben Briefe, bis die gegen 
mißbräuchliche Führung des Posthorns und 
die verbotene Briefbeförderung ergangenen 
Straferlasse so fühlbar wurden, daß die Metz 
ger vor der Monopolstellung des Hauses Thum 
und Taxis kapitulierten. 
In Saarbrücken scheint das Metzgerpost 
wesen schon lange vor dem Dreißigjährigen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.