Full text: 1948 (0076)

6 Saarbrücker Bergmannskalender 
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Infolge der oben näher beschriebenen und 
angewandten Mittel, die schließlich zur Über 
gabe der alten Burg im Jahre 1351 führten, 
wurde die Belagerung von Montclair s. Zt. als 
eine der bemerkenswertesten Kriegsopera 
tionen im Mittelalter hingestellt. 
Einsam und verlassen liegen heute die 
Ruinen von Siersburg und Burg Montclair. 
Dornröschenschlaf liegt über dem alten Ge 
mäuer. In den nahen Baumkronen raunt es 
von Ritterglanz und Burgherrlichkeit, dann 
aber auch von Sturm- und Brandzeiten, die 
diese zwei Felsennester umtobten und nur 
zerfallenes Turm- und Mauerwerk übrig 
ließen. 
Hirtenbube, Papst und Zauberer 
(Gerbert von Aurillac und die Abtei Mettlach) 
Von Heinrich KUHN, Saarbrücken. 
Eine alte Sage erzählt: 
,,Einst hütete auf den stillen Bergweiden 
der südfranzösischen Auvergne ein Hirten 
bube die Herden seines Dorfes. Vorbei 
ziehende Mönche sahen, wie er durch eine 
leere Holunderröhre den Himmel beobachtete. 
Seine klugen Antworten veranlaßten die 
Klosterleute, den Knaben in die nahe Abtei 
Aurillac zu führen. Auffallende Leistungen 
zeichneten ihn bald vor seinen Mitschülern 
aus. Wissensdrang und Ehrgeiz aber verleite 
ten den jungen Novizen, mit dem Teufel 
einen Pakt zu schließen. Der verspricht ihm 
Gelehrsamkeit, Ruhm und Ehre. Er führt 
ihn sogar nach Spanien, zu den ungläubigen 
Mauren, wo er auf den arabischen Univer 
sitäten von Sevilla und Cordoba die schwarze 
Kunst und das weltliche Wissen erlernt. Auf 
den Flügeln des Teufels fliegt er mit geraub 
ten Büchern über die Pyrenäen in die christ 
liche Welt zurück. Er erregt allgemeine Be 
wunderung, wird Bischof und schließlich so 
gar — mit Hilfe der Dämonen — Papst! Und 
da der Böse ihm versprochen hatte, er werde 
nicht eher sterben, als bis er in Jerusalem 
die Messe gelesen habe, fühlt er sich auf 
dem höchsten Stuhle der Christenheit sicher. 
Aber er hatte nicht an die römische Jerusa 
lem-Kirche gedacht. Wie er einmal zum 
Osterfeste dort amtiert, tritt plötzlich der 
Teufel vor ihn und fordert hohnlachend seine 
Seele. Verzweifelnd bekennt der Schuldige 
vor aller Öffentlichkeit sein Vergehen. Zur 
Sühne läßt er sich Hand und Zunge ab 
schneiden, um durch einen schmerzlichen 
Tod den Frevel zu büßen. Seitdem pflegt 
jedesmal das Rasseln seiner Gebeine im 
Grabe den bevorstehenden Tod eines Papstes 
anzuzeigen 
Der Held dieser grausigen Sage ist kein 
Geringerer als Gerbert von Aurillac, 
Erzbischof von Reims und Ravenna, schließ 
lich, unter dem Namen Sylvester II., 
erster französischer Papst. Und dieser 
Mönch Gerbert, der gelehrteste Mann seiner 
Zeit, soll nach einer alten Tradition Scholas- 
ticus, also Leiter der Klosterschule in unserer 
einstigen saarländischen Benediktiner-Abtei 
Mettlach gewesen sein. 
Noch heute spiegelt sich an der landschaft 
lich schönsten Stelle unserer Saarheimat die 
rote Prachtfassade des barocken Kloster 
palastes im rauschenden Flusse. Hart da 
neben erheben sich die grauen Mauern de9 
„Alten Turmes“, jener ehrwürdig-seltenen 
Rundkirche, Einmal, in ihrer langen und be 
wegten Geschichte, trat auch diese Abtei aus 
dem klösterlichen Alltag heraus ins helle 
Rampenlicht der Berühmtheit. Es war im 
10. Jahrhundert, eben in der Zeit jenes 
Mönches Gerbert. Zuerst waren die Trierer 
Erzbischöfe gleichzeitig auch Äbte von Mett 
lach, bis schließlich im Jahre 941 die Lut- 
winus-Stiftung ihren ersten selbständigen 
Abt Rat wich erhielt. Die Epoche, die unter 
Ratwich beginnt, kirchlich aufs stärkste be 
einflußt durch die von der Abtei Gorze bei 
Metz ausgehende lothringische Reformbewe 
gung, ist die Blütezeit des Klosters Mettlach, 
die steht und fällt mit dem 100 Jahre dauern 
den Ansehen seiner berühmten Schule, die 
durch die Verknüpfung mit dem Namen 
Gerbert-Sylvester ihr besonderes Gepräge 
erhielt. 
Über den historischen Gerbert wissen wir, 
daß er vor etwa 1000 Jahren, zwischen 940 
und 945, als armer Leute Kind geboren 
wurde. Als solches hütete er zuerst das Vieh 
auf dem saftigen Graspolster der auverg- 
natischen Vulkanberge, der Heimat des gal 
lischen Nationalhelden Vercingetorix. Seine 
erste Erziehung erhielt er in Aurillac. 
Später weilte der junge Mönch einige Jahre 
in Spanien. Hier legte er den Grund zu seiner 
umfassenden Gelehrsamkeit, die ihn im 
Mittelalter als „Weltwunder — mirabilia 
mundi —“ erscheinen ließ. Die maurischen 
Araber waren damals die besten Kenner 
der Mathematik und Naturwissenschaften, 
Gebiete, die dem naiv staunenden Mittel- 
alter stets unheimlich vorkamen.
	        
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