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gedinge zu Neumünster bei Ottweiler. In
unser heutiges Deutsch übertragen lautet es:
„Die Schöffen lassen heute wissen, daß
alle Funde in der Grafschaft von Ottweiler,
es sei auf dem Lehen oder anderswo,
unter der Erde oder über der Erde, es sei
Gold, Silber, Kupfer, Blei, Eisen, Stein
kohlen oder anderes, wie oder was man
den Fund nennen mag, dieser der Herr
schaft von Saarbrücken mit Recht zu
gehört.“
Noch war damals unser Saarland kein ein
heitliches politisches Gebilde. Es war zer
splittert in eine Reihe von mehr oder weniger
politisch selbständigen Kleinstaaten oder
Herrschaften, von denen hauptsächlich die
nachstehenden das heutige Saarkohlenlbecken
umfaßten:
1. die Grafschaft Saarbrücken mit der Herr
schaft Ottweiler,
2. die Reichsherrschaft Jllingen,
3. die Herrschaft Blieskastel,
4. die Herrschaft Labach und Schwarzen
holz,
5. die Reichsherrschaft Saarwellingen,
6. die Herrschaft Nalbach,
7. die Reiohsherrschaft Hüttersdorf,
8. das Hochgericht Lebach,
9. das KurtrierisChe Amt St. Wendel,
10. ein Teil der Grafschaft Zweibrücken,
11. Teile des Herzogtums Lothringen, die die
übrigen Territorien im Süden, Westen
und größtenteils auch im Norden um
gaben.
Abgesehen von den lothringischen Landes-
teilen galt in allen Herrschaften, welche das
heutige Saargebiet bilden, das gemeine deutsche
Bergrecht. Das Bergregal bzw. das Recht,
Bergwerke zu betreiben, wurde den einzelnen
Landesherren durch den Kaiser verliehen, ein
Recht, das bei jedem Regierungswechsel neu
bestätigt werden mußte. Obwohl nach ge
meinem deutschem Recht die Steinkohle
eigentlich nicht zum Regal gehörte, galt sie
hier dennoch schon früh als dem Verfügungs
recht der Landesherren unterworfen, wie aus
dem oben angeführten Neumünsterer Schöffen-
Weistum hervorgeht. In Lothringen wie in
Frankreich dagegen war die Regalität der
Steinkohle lange Zeit Streitgegenstand zwischen
der Krone und den Feudalherren bzw. Grund
besitzern, bis sich das Bergregal zu einem
ausschließlichen Recht der Krone ausbildete,
die - dasselbe durch Erteilung von Monopolen
oder durch Verpachtung ausübte; das Regal
wurde jedoch durch ein Bergwerksgesetz im
Jahre 1791 vollkommen beseitigt. Immerhin
ist in älterer Zeit für keinen der uns hier
interessierenden Gebietsteile eine allgemeine
landesherrliche Verfügung bezüglich der
Steinkohlen erlassen worden, noch ist in
keinerlei Weise eine „Freierklärung“ des
Steinkohlenbergbaues erfolgt.
«Zu jener Zeit beschränkte sich die Kohlen
gewinnung auf eine wohl nur gelegentlich
von den Bauern betriebene regellose Gräberei
am Ausgehenden. Man schenkte diesem neuen
Brennstoff noch keine große Beachtung, ver
fügte man ja über einen gewaltigen Holz
reichtum. Erst nachdem das Holz knapper
geworden und die ersten Eisen- bzw. Schmelz
hütten und Schmieden entstanden waren,
wuchs das Interesse an der Steinkohle. Be
reits im 16. Jahrhundert bildete sich bei den
ansässigen Bauern ein regelmäßiges Gewerbe
der Kohlengräber heraus, wenn auch von
einem planmäßigen Abbau immer noch nicht
die Rede sein konnte. Diese Gräberei scheint
stets nur mit ausdrücklicher landesherrlicher
Erlaubnis betrieben worden zu sein, war
doch für sie ein „Grubengült“, ein fester jähr
licher Zins oder ein gewisser Teil der Förderung
an die Herrschaft abzuführen. Wo die Ge
winnung einen größeren Umfang annahm,
wurden vom Landesherm die gegenseitigen
Verhältnisse durch eine zunftmäßige Ordnung
geregelt und der Zins von der Zunftgemeinde
erhoben. Die Erlaubnis zum Kohlengraben
war in der Regel widerruflich und auf unbe
stimmte Zeit gegeben.
Es läßt sich kaum mehr sagen, welche
Grube des saarländischen Kohlengebietes
damals die älteste gewesen ist. Ein Vertrag
vom Jahre 1430 erwähnt Eisenschmieden und
Kohlengruben im Sinnertal und zu Schiff
weiler. Ein Quierschieder Jahrgeding von 1466
spricht von einem „kollwald“, was auf die
Gewinnung von Steinkohle bei Quierschied
schließen läßt. Auch in der Umgegend von
Sulzbach-Dudweiler sind zu jener Zeit schon
Kohlen gegraben worden, denn ein Vertrag
aus dem Jahre 1536 erwähnt Kohlengruben
zu Sulzbach. Gegen Ende des 16. Jahrhundert*
war die Steinkohlengewinnung bei Sulzbach-
Dudweiler sogar schon derart umfangreich
geworden, daß die Steinkohle eine Handels
ware geworden war, die zum Teil zu Wasser
verfrachtet wurde. Als Verschiffungsplatz
diente der bei St. Johann an der Saar errichtete
„Kohlrech“ (später „Kohlwaage“), der urkund
lich erstmalig im Jahre 1608 erwähnt wird
Ein Tauschvertrag von 1575 spricht zum ersten
Male von einer Kohlengrube Wellesweiler
Ferner scheint die Steinkohle bereits im
Jahre 1600 im Banne von Mittelbexbach be
kannt gewesen zu sein; eine Ausbeutung wai
aber damals noch nicht erfolgt. Endlich se.
erwähnt, daß im Jahre 1572 die Beständer
des Geislautemer Eisenhüttenwerks die Er
mächtigung erhielten, Steinkohlen suchen und
graben zu lassen, doch scheint in der Um
gegend von Geislautern vor dem 17. Jahr
hundert eine Kohlengewinnung nicht etatt-
gefunden zu haben.
Es ist bekannt, daß die Leiden des 30jährigen
Krieges sich auch in unsere Gegend ver
pflanzten. Städte und Dörfer entvölkerten
sich, sie wurden teilweise menschenleer und
lagen lange Zeit fast völlig verödet. Hierdurch
wurde natürlich auch die Kohlengewinnung
überall lahmgelegt und zwar für viele Jahr
zehnte. Erst viel später hören wir wieder
von Kohlengräbereien im Weilerbachtal bei
Neunkirchen und im Höchwald zwischen
Neunkirchen und Bildstock. Im Jahre 1730
ist auch von Kohlengräbereien in der Graf