Deutsche Bergleute in aller Welt
Im Silberbergbau von Mexiko
Von Dr. Wilhelm Fischdick
Der süd- und mittelamenkanische Bergbau
auf Edelmetalle ist so alt, daß man ihn bis
auf seine Ursprünge nicht zurückverfolgen
kann. Wenn auch mit primitiven Mitteln, so
doch mit großem Ertrage haben ihn bereits
lange Zeit vor Kolumbus die Eingeborenen
betrieben, wie der reichliche Gebrauch vor¬
handenen, also einmal gewonnenen Goldes
und Silbers beweist, den die Entdecker vor¬
fanden, und der bekanntlich auch ihre Hab¬
gier angestachelt hat. Unmittelbar mit der
Festsetzung der Spanier und Portugiesen in
diesen Ländern setzte alsdann auch der
europäisch betriebene Bergbau
dort ein und führte zu solchen Erträgen,
daß deren Reichtum den ganzen europäischen
Bergbau auf Edelmetalle in den Schatten
stellte und sogar unrentabel machte, was bei
der weiten Entfernung Amerikas und den
dadurch bei der Einfuhr entstehenden Fracht¬
kosten wahrlich viel besagen will.
Den höchsten Stand europäischer Technik
erreichte frühzeitig der
Silberbergbau in Mexiko.
Sein wirtschaftlicher Träger war im 16. Jahr¬
hundert das deutsche Handelshaus der Familie
Welser in Augsburg, von dem es feststeht,
daß es mindestens seit 1529 in Tirol, Böhmen
usw. deutsche Bergleute für Dienste auf Cuba,
Haiti und in Mexiko angeworben hat. 1542
gingen die mexikanischen Gruben dann in
den Besitz der deutschen Familie Crom-
berger über. Später gewann auch auf die¬
sem Gebiete englisches Kapital die Oberhand,
doch der Besitzwechsel änderte nichts daran,
daß in der technischen Arbeit auch weiterhin
Deutsche die Führung behielten.
Das Letztere ist eigentlich eine Selbstver¬
ständlichkeit, wenn man bedenkt, daß über¬
haupt die Führung in Fragen der Bodenfor¬
schung und bergbaulichen Technik damals
wie heute in der Welt von Deutschen gehalten
wurde. Das Zentrum deutscher Bergwissen¬
schaft war seit 1765 die damals gegründete
Bergakademie zu Freiberg in Sach¬
sen, die hohe Schule sowohl der meisten deut¬
schen Bergingenieure, von denen eine große
Zahl ins Ausland gerufen wurden, als auch
der ausländischen Fachleute, die ihr Wissen
dort auf den höchsterreichbaren Stand brach¬
ten, um so ausgerüstet in ihre Heimat zurück¬
zukehren. Freiberg besaß damals diejenigen
Laboratorien, denen man aus aller Welt Erz¬
proben zur Untersuchung des Edelgehaltes
zusandte, um Fehlinvestitionen und unnütze
Abbauarbeit zu vermeiden, sowie um für die
zweckmäßigste Verhüttung der Erze Rat zu
erhalten. Ein deutscher Gelehrter, J.v.Born,
schrieb 1786 das grundlegende Buch „Über
das Anquicken“, d. h. über die Gewinnung
von Gold und Silber aus den Erzen, indem
man Quecksilber zusetzt, wobei Gold- oder
Silberamalgam gewonnen wird, dem man
alsdann die Edelmetalle wieder entziehen
kann. Dies war lange Zeit die einzig rentable
Methode.
Unter den 132 Schülern aus Ibero-Amerika,
die seit 1765 bis zum Weltkriege in Freiberg
studierten, waren 21 Mexikaner, — ein an
sich schon bedeutender Anteil, wenn man
bedenkt, daß außerdem noch Chile, Brasilien,
Peru, Columbien, Bolivien, Cuba und Vene¬
zuela, also eine ganze Reihe von Bergbau¬
ländern an der Gesamtzahl beteiligt sind.
Mexiko steht an dritter Stelle hinter Chile
und Brasilien mit 44 und 23 Schülern. In
Wirklichkeit aber sind die Beziehungen Mexi¬
kos zum deutschen Bergbau sogar die aller¬
engsten. In der Statistik steht nämlich nicht
geschrieben, daß seit 1792 Mexiko selber in
Vorsprung zu allen anderen Ländern eine
Bergakademie nach Freiberger
Muster besaß, daß also in diesem
Lande selbst nach deutschen Methoden und
sogar unter deutschen Lehrern ausgebildet
wurde. Ohne diesen Umstand würde das
Ziffernverhältnis in der Freiberger Schüler¬
statistik noch ganz anders aussehen. Der
Gründer dieser mexikanischen Akademie,
Fausto d’Elhuy ar, ein Freund des ge¬
nannten v. Born, hatte in Freiberg studiert
und außer acht Steigern und Werkmeistern
drei deutsche Freiberger Ingenieure mitge¬
nommen, die neben ihrem praktischen Dienste
als Lehrer an der Hochschule gewirkt haben.
Diese Anstalt muß aus deutscher Quelle
auch recht gut mit technischen Forschungs¬
mitteln ausgerüstet gewesen sein, denn als
ein Jahrzehnt später Alexander v. Humboldt
— übrigens bekanntlich auch von Hause aus
Bergmann und von Freiberg her mit dem
Lehrkörper der mexikanischen Akademie in
guten Beziehungen stehend — auf seiner
großen amerikanischen Forschungsreise auch
Mexiko für Monate besuchte, um dort nicht
nur den Bergbau zu besichtigen, sondern vor
allem geographische Messungen vorzunehmen,
in deren Verlaufe die Lage der Hauptstadt
Mexiko erstmalig genau bestimmt wurde,
konnte er sich der ihm von der Akademie
leihweise zur Verfügung gestellten Meßinstru¬
mente bedienen. (Seine eigenen hatten auf
der beschwerlichen Reise nach und nach an
Genauigkeit eingebüßt.)
Die Deutschen konnten sich allerdings auf
die Dauer im Lande nicht halten. Von Men¬
schen, die ihnen ihre Erfolge neideten, wur¬
den sie der Ketzerei bezichtigt und der Inqui¬
sition in die Hände geliefert, die damals in
spanischen Landen noch eine große Bedeutung
hatte.
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