Berggeist in Lothringen / V°nOt.° Schmiß
Zwei Bergleute, die im gleichen Ort zu Hause
waren, arbeiteten schon seit Jahren zusammen in
derselben lothringischen Grube. Eines Tages, als
sie vor den Stoß kamen, bemerkten sie, daß sie
nicht genug Öl zu einer Schicht auf ihren Lam¬
pen hatten. „Was tun?", sprach der eine zu dem
anderen. „Geht uns die Lampe aus, so müssen
wir im Dunkeln.zu Tag fahren, der Schacht ist
gefährlich, wer weiß, wie es uns da noch erginge.
Fahren wir aber jetzt gleich aus, um Öl auf
unsere Lampen zu holen, so würde der Steiger
uns strafen."
Als sie so dastanden und berieten, was sie tun
sollten, sahen sie ganz fern in der Strecke ein
Licht, das ihnen entgegenkam und sie freuten sich
darüber. Als das Licht aber näher kam, standen
sie vor Schrecken wie versteinert da. Sie sahen
einen riesengroßen Mann, der eine große schwarze
Kappe auf dem Kopfe trug und wie ein Mönch
gekleidet war. In der Hand hielt er ein mäch¬
tiges Grubenlicht. Er ging gebückt die Strecke
herauf. Als er bis zu den beiden gekommen war,
die vor Angst und Schrecken noch immer un¬
beweglich standen, richtete er sich auf und sprach:
„Fürchtet euch nicht! Ich will euch froh und
glücklich machen." Dann nahm er ihnen ihr Ge¬
leucht ab und goß Öl von seiner großen Lampe
darauf.
Dann nahm er ihr Gezähe und machte sich an
die Arbeit. Und er arbeitete so schnell, daß er in
einer Stunde mehr leistete als sie selbst bei groß- .
tem Fleiß in einer ganzen Woche nicht hätten
herausarbeiten können. Nachdem der Berggeist
die Arbeitsgeräte wieder beiseite gelegt batte, bat (
er die beiden, niemandem etwas zu sagen, daß sie
ihn gesehen hätten. Und sie versprachen ihm, dar¬
über zu schweigen. Dann schlug er mit der Faust
an eine Seitenwand des Schachtes. Diese öff¬
nete sich, und die Bergleute blickten in eine weite
Strecke, die von Gold, Silber und leuchtenden
Edelsteinen funkelte. Der überraschende Glanz
blendete ihre Augen, weshalb sie sich einen
Augenblick abwendeten. Als sie wieder hin¬
schauten, war alles verschwunden. Hätten sie
eines ihrer Arbeitsgeräte hineingeworfen, so wäre
die Strecke offen geblieben, und Reichtum und .
Macht wäre ihnen zuteil geworden. So war es '
mit dem Glück vorbei.
Doch eines war ihnen geblieben, das Öl des
Berggeistes, das nicht abnahm und darum noch
immer ein großer Vorteil für sie war. Nach
langer Zeit aber, als sie eines Abends mit ihren
Arbeitskameraden im Wirtshause zechten und
übermütig und ausgelassen waren, erzählten sie
von ihrer Begegnung mit dem Berggeist. Und j
als sie am anderen Morgen anfuhren, nahmen
sie mit Schrecken wahr, daß kein Öl mehr auf
ihrer Lampe war. Sie mußten nun jedesmal
wieder, wie alle anderen Bergleute, Öl auf ihre
Lampen gießen.
Oer groöe
Rhythmus
Die Esse qualmt, die Förderräder schwingen,
Zu Tage strebt, was zäher Fleiß gewann.
Frohmut’ges Wagen ließ das Werk gelingen,
Das lichtentrückt im tiefen Schacht begann.
Albert Korn
Von Klang und Rhythmus ist erfüllt die Halle,
Das schüttert, rollt und rattert fort und fort.
Doch aus der Melodien buntem Schwalle
Tönt wuchtig deutscher Arbeit Grundakkord.
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