Full text: 70.1942 (0070)

Berggeist in Lothringen / V°nOt.° Schmiß 
Zwei Bergleute, die im gleichen Ort zu Hause 
waren, arbeiteten schon seit Jahren zusammen in 
derselben lothringischen Grube. Eines Tages, als 
sie vor den Stoß kamen, bemerkten sie, daß sie 
nicht genug Öl zu einer Schicht auf ihren Lam¬ 
pen hatten. „Was tun?", sprach der eine zu dem 
anderen. „Geht uns die Lampe aus, so müssen 
wir im Dunkeln.zu Tag fahren, der Schacht ist 
gefährlich, wer weiß, wie es uns da noch erginge. 
Fahren wir aber jetzt gleich aus, um Öl auf 
unsere Lampen zu holen, so würde der Steiger 
uns strafen." 
Als sie so dastanden und berieten, was sie tun 
sollten, sahen sie ganz fern in der Strecke ein 
Licht, das ihnen entgegenkam und sie freuten sich 
darüber. Als das Licht aber näher kam, standen 
sie vor Schrecken wie versteinert da. Sie sahen 
einen riesengroßen Mann, der eine große schwarze 
Kappe auf dem Kopfe trug und wie ein Mönch 
gekleidet war. In der Hand hielt er ein mäch¬ 
tiges Grubenlicht. Er ging gebückt die Strecke 
herauf. Als er bis zu den beiden gekommen war, 
die vor Angst und Schrecken noch immer un¬ 
beweglich standen, richtete er sich auf und sprach: 
„Fürchtet euch nicht! Ich will euch froh und 
glücklich machen." Dann nahm er ihnen ihr Ge¬ 
leucht ab und goß Öl von seiner großen Lampe 
darauf. 
Dann nahm er ihr Gezähe und machte sich an 
die Arbeit. Und er arbeitete so schnell, daß er in 
einer Stunde mehr leistete als sie selbst bei groß- . 
tem Fleiß in einer ganzen Woche nicht hätten 
herausarbeiten können. Nachdem der Berggeist 
die Arbeitsgeräte wieder beiseite gelegt batte, bat ( 
er die beiden, niemandem etwas zu sagen, daß sie 
ihn gesehen hätten. Und sie versprachen ihm, dar¬ 
über zu schweigen. Dann schlug er mit der Faust 
an eine Seitenwand des Schachtes. Diese öff¬ 
nete sich, und die Bergleute blickten in eine weite 
Strecke, die von Gold, Silber und leuchtenden 
Edelsteinen funkelte. Der überraschende Glanz 
blendete ihre Augen, weshalb sie sich einen 
Augenblick abwendeten. Als sie wieder hin¬ 
schauten, war alles verschwunden. Hätten sie 
eines ihrer Arbeitsgeräte hineingeworfen, so wäre 
die Strecke offen geblieben, und Reichtum und . 
Macht wäre ihnen zuteil geworden. So war es ' 
mit dem Glück vorbei. 
Doch eines war ihnen geblieben, das Öl des 
Berggeistes, das nicht abnahm und darum noch 
immer ein großer Vorteil für sie war. Nach 
langer Zeit aber, als sie eines Abends mit ihren 
Arbeitskameraden im Wirtshause zechten und 
übermütig und ausgelassen waren, erzählten sie 
von ihrer Begegnung mit dem Berggeist. Und j 
als sie am anderen Morgen anfuhren, nahmen 
sie mit Schrecken wahr, daß kein Öl mehr auf 
ihrer Lampe war. Sie mußten nun jedesmal 
wieder, wie alle anderen Bergleute, Öl auf ihre 
Lampen gießen. 
Oer groöe 
Rhythmus 
Die Esse qualmt, die Förderräder schwingen, 
Zu Tage strebt, was zäher Fleiß gewann. 
Frohmut’ges Wagen ließ das Werk gelingen, 
Das lichtentrückt im tiefen Schacht begann. 
Albert Korn 
Von Klang und Rhythmus ist erfüllt die Halle, 
Das schüttert, rollt und rattert fort und fort. 
Doch aus der Melodien buntem Schwalle 
Tönt wuchtig deutscher Arbeit Grundakkord. 
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