Full text: 70.1942 (0070)

Der Bergmann einst und heute 
dm Helm eines Bolöaten der Arbeit 
Das gehört zum Saarland, zum Kohlen¬ 
revier an unserm Fluß: die Gestänge der För¬ 
dertürme mit den schnurrenden Seilscheiben. Und 
zu uns gehören die Männer, die über die Land¬ 
straßen zu bestimmten Stunden wandern, 
Schritt vor Schritt, schwer und bedächtig. 
Manchmal trifft man sich auch bei einer Wan¬ 
derung im Wald; und dann gehen sie wortlos 
schmale Pfade, die Verbindung zwischen ihrer 
Wohnstätte und der Grube. Man soll sie nicht 
einfach so an sich vorbeigehen lasten, man soll 
ihnen einmal ins Gesicht schauen. Es sind harte 
Gesichter und es sind auch gute Gesichter. Hart, 
weil die Arbeit sie mit dem Stempel prägte wie 
Münzen, gut, weil sie nicht wurzellose Arbeiter 
sind, die keine Heimat haben. 
Wenn in den Zeitungen steht, daß der Stein 
Bergleute verschüttet hat, dann meinen viele, 
Mitleid empfinden zu mästen. Sie haben da¬ 
für auch schon die Worte bereit: Die armen 
Männer, immer im Dunkeln, stets im Grabe. 
Das will der Bergmann gar nicht. Er fährt 
ein und tut seine Arbeit, eine schwere Arbeit, 
ohne Frage. Er will kein gelegentliches Mit¬ 
leid. Er will, daß jeder Volksgenoste sich über¬ 
legt, was der Volksgenoste, besten Berufsbe¬ 
zeichnung „Bergmann" lautet, leistet. Sein 
tägliches Werk will er gewürdigt wissen und 
nicht seinen Betriebsunfall. Recht hat er da¬ 
bei. 
Sicherlich macht der Knappe kein Aufheben 
davon, daß er seine Schichten im Dunkel der 
Erde verfahren muß. Er jammert darüber nicht 
— wer die Bergleute im Saarland kennt, weiß, 
daß sie von ganzem Herzen lachen können und 
auch dem Nichtbeteiligten niemals vorjammern, 
weil ihnen eine kleine Lampe das Tageslicht 
ersetzen muß. 
Der Laie hat sich einen Begriff von der 
Grube gebildet, der nicht zutrifft. Daß die 
Berggeister geflohen sind, nun, das weiß er. 
Aber daß man da unten schafft mit allen neu¬ 
artigen Mitteln, das muß man dem Laien erst 
sagen. 
Aber auch wer die Grube kennt oder minde¬ 
stens zu kennen meint, weil er vor mancherlei 
Jahren die Gelegenheit hatte, einzufahren, der 
wird sich verwundern. Die Dinge haben sich 
nicht nur über der Erde, sie haben sich auch im 
Berg grundsätzlich verändert. 
Gleich bleiben diese ersten Eindrücke, die den 
Laien bedrängen. Die Fahrt in die Erde läßt 
jeden erschauern. Wie es den Korb hinabreißt, 
wie man hinabfällt — man muß schon ein 
Bergmann sein, um diesem Erlebnis gegenüber 
gleichgültig zu bleiben. Diese Einfahrt in eine 
Grube gehört zu den Erlebnissen, die man wirk¬ 
lich nicht vergißt. Aber man darf trotzdem nicht 
vergessen: für den Bergmann ist eine solche 
Fahrt im Korb Alltag, nichts besonderes. 
Für den Laien, der zum ersten Male einfährt, 
ist die Fahrt in die Erde erschreckend. Er meint, 
den Boden zu verlieren, er glaubt schon ein 
Unglück, wenn der Boden unter ihm zu ver-, 
schwinden scheint. 
Und der Bergmann? Er wandert die langen 
Gänge entlang, ohne Aufregung, selbstverständ¬ 
lich. Er kennt das, wenn die Lokomobile Platz 
brauchen. Er kennt auch die Hölzer der Ver¬ 
strebungen, wenn er aus dem Hellen ins Dunkel 
geht, wenn nur noch das kleine Lichtlein seiner 
Lampe leuchtet und seltsame Schatten wirft. 
Zehn, fünfzehn Jahre, was ist das schon für 
eine Zeit, so meint man hier oben. Es ist eim 
lange Zeit, in der sich viel verändert hat. Klei¬ 
nigkeiten mögen es manchem scheinen, aber es 
sind Fortschritte. Wer sich an das Damals er¬ 
innert — damals trugen die Knappen allerlei 
„Behauptungen", Mützen, abgeschnittene Hüte 
Das ist vorbei. Der Bergmann trägt heult 
seinen Grubenhelm. Und er weiß, daß das kein 
Schmuckstück ist, nicht zur Parade vorgeschrie¬ 
ben. In mancherlei Fährlichkeiten hat er selbst 
erprobt, daß ihm dies Leder einen wesentlichen 
Schutz bedeutet gegen die Gefahren seines Be¬ 
rufes. 
Und das nächste Stück, das dem Laien auf¬ 
fällt, der nach manchen Jahren wieder einmal 
einfährt. Es flackert nicht mehr das Flämin-! 
chen unter dem runden Glas und dem Schutz¬ 
gitter. Heute speist eine Batterie ein elektrisches 
Glühlicht. Welche Gefahrenquellen dadurä 
ausgeschaltet sind — braucht man das langt 
zu erklären? 
Wir kommen weiter und sind vor dem Stoß 
Nicht mehr der pickende Pickel schafft da. Ei 
ist der Schrämhammer, der laut und rattern!
	        
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