Der Bergmann einst und heute
dm Helm eines Bolöaten der Arbeit
Das gehört zum Saarland, zum Kohlen¬
revier an unserm Fluß: die Gestänge der För¬
dertürme mit den schnurrenden Seilscheiben. Und
zu uns gehören die Männer, die über die Land¬
straßen zu bestimmten Stunden wandern,
Schritt vor Schritt, schwer und bedächtig.
Manchmal trifft man sich auch bei einer Wan¬
derung im Wald; und dann gehen sie wortlos
schmale Pfade, die Verbindung zwischen ihrer
Wohnstätte und der Grube. Man soll sie nicht
einfach so an sich vorbeigehen lasten, man soll
ihnen einmal ins Gesicht schauen. Es sind harte
Gesichter und es sind auch gute Gesichter. Hart,
weil die Arbeit sie mit dem Stempel prägte wie
Münzen, gut, weil sie nicht wurzellose Arbeiter
sind, die keine Heimat haben.
Wenn in den Zeitungen steht, daß der Stein
Bergleute verschüttet hat, dann meinen viele,
Mitleid empfinden zu mästen. Sie haben da¬
für auch schon die Worte bereit: Die armen
Männer, immer im Dunkeln, stets im Grabe.
Das will der Bergmann gar nicht. Er fährt
ein und tut seine Arbeit, eine schwere Arbeit,
ohne Frage. Er will kein gelegentliches Mit¬
leid. Er will, daß jeder Volksgenoste sich über¬
legt, was der Volksgenoste, besten Berufsbe¬
zeichnung „Bergmann" lautet, leistet. Sein
tägliches Werk will er gewürdigt wissen und
nicht seinen Betriebsunfall. Recht hat er da¬
bei.
Sicherlich macht der Knappe kein Aufheben
davon, daß er seine Schichten im Dunkel der
Erde verfahren muß. Er jammert darüber nicht
— wer die Bergleute im Saarland kennt, weiß,
daß sie von ganzem Herzen lachen können und
auch dem Nichtbeteiligten niemals vorjammern,
weil ihnen eine kleine Lampe das Tageslicht
ersetzen muß.
Der Laie hat sich einen Begriff von der
Grube gebildet, der nicht zutrifft. Daß die
Berggeister geflohen sind, nun, das weiß er.
Aber daß man da unten schafft mit allen neu¬
artigen Mitteln, das muß man dem Laien erst
sagen.
Aber auch wer die Grube kennt oder minde¬
stens zu kennen meint, weil er vor mancherlei
Jahren die Gelegenheit hatte, einzufahren, der
wird sich verwundern. Die Dinge haben sich
nicht nur über der Erde, sie haben sich auch im
Berg grundsätzlich verändert.
Gleich bleiben diese ersten Eindrücke, die den
Laien bedrängen. Die Fahrt in die Erde läßt
jeden erschauern. Wie es den Korb hinabreißt,
wie man hinabfällt — man muß schon ein
Bergmann sein, um diesem Erlebnis gegenüber
gleichgültig zu bleiben. Diese Einfahrt in eine
Grube gehört zu den Erlebnissen, die man wirk¬
lich nicht vergißt. Aber man darf trotzdem nicht
vergessen: für den Bergmann ist eine solche
Fahrt im Korb Alltag, nichts besonderes.
Für den Laien, der zum ersten Male einfährt,
ist die Fahrt in die Erde erschreckend. Er meint,
den Boden zu verlieren, er glaubt schon ein
Unglück, wenn der Boden unter ihm zu ver-,
schwinden scheint.
Und der Bergmann? Er wandert die langen
Gänge entlang, ohne Aufregung, selbstverständ¬
lich. Er kennt das, wenn die Lokomobile Platz
brauchen. Er kennt auch die Hölzer der Ver¬
strebungen, wenn er aus dem Hellen ins Dunkel
geht, wenn nur noch das kleine Lichtlein seiner
Lampe leuchtet und seltsame Schatten wirft.
Zehn, fünfzehn Jahre, was ist das schon für
eine Zeit, so meint man hier oben. Es ist eim
lange Zeit, in der sich viel verändert hat. Klei¬
nigkeiten mögen es manchem scheinen, aber es
sind Fortschritte. Wer sich an das Damals er¬
innert — damals trugen die Knappen allerlei
„Behauptungen", Mützen, abgeschnittene Hüte
Das ist vorbei. Der Bergmann trägt heult
seinen Grubenhelm. Und er weiß, daß das kein
Schmuckstück ist, nicht zur Parade vorgeschrie¬
ben. In mancherlei Fährlichkeiten hat er selbst
erprobt, daß ihm dies Leder einen wesentlichen
Schutz bedeutet gegen die Gefahren seines Be¬
rufes.
Und das nächste Stück, das dem Laien auf¬
fällt, der nach manchen Jahren wieder einmal
einfährt. Es flackert nicht mehr das Flämin-!
chen unter dem runden Glas und dem Schutz¬
gitter. Heute speist eine Batterie ein elektrisches
Glühlicht. Welche Gefahrenquellen dadurä
ausgeschaltet sind — braucht man das langt
zu erklären?
Wir kommen weiter und sind vor dem Stoß
Nicht mehr der pickende Pickel schafft da. Ei
ist der Schrämhammer, der laut und rattern!