Full text: 70.1942 (0070)

Bergmann nnö Banöratrt / von Landesbauernführer tzans Lonnct 
Gemessen an der gesamten Landwirtschaft hat der 
landwirtschaftliche Nebenberuf im Saarland eine sehr 
große Bedeutung, sowohl was die Anzahl der Betriebe 
als auch die von ihnen bewirtschaftete Flache betrifft. 
Von 28 290 Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe mit 
mehr als 0,51 ha Betriebsfläche übten im Jabre 1985 
Von 28 290 Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe mit 
seit im Hauptberuf aus. Von 399 846 Erwerbenden 
hatten 61 861 einen Nebenberuf, und zwar allein 56 961 
in der Landwirtschaft. Da nun im Jahre 1935 21 981 
Personen gezählt wurden, die im Nebenberuf mehr als 
0,51 Hektar Land bewirtschafteten, waren somit 38,6 
v. H. aller Erwerbenden mit landwirtschaftl chem Neben¬ 
beruf im Besitze von mindestens 2 preußischen Morgen 
(= 0.50 ha). 
Nach der „S t a t i st i k d e s S a a r l a n d e s 1936/ 
1937" bezeichneten sich in der V o l k s z ä h l u n g 1935 
55 652 Personen als Bergleute. 15 169 davon übten 
die Landwirtschaft im Nebenberuf aus. Das sind 26,6 
v. H. Diese Hundertzahl war vor dem Weltkrieg noch 
etwas höher. 
Zu berücksichtigen ist ferner, daß im S a a r b e r g - 
bau eine starke Überlieferung vorhanden ist, wonach 
bisher die Söhne der Knappen auch Bergleute wurden. 
Hieraus ergibt sich, daß die Zahl der tatsächlich sich land¬ 
wirtschaftlich Betätigenden noch höher ist, da ja die oben 
angegebene Zahl von 15 169 nur diejenigen umfaßt, die 
als landwirtschaftliche Betriebsführer in Frage kommen. 
Ferner ist zu berücksichtigen, daß eine große Zahl zur 
Ruhe gesetzter Bergleute bzw. die Witwengcldempfän- 
gerinnen hinzuzurechnen sind. Schätzungsweise handelt 
es sich hier um etwa 9 000 Personen. Ergänzend sei hier 
darauf hingewiesen, daß ähnliche Verhältnisie, wenn 
auch mit geringeren Zahlen, für die Gruppe der Eisen- 
und Metallgewinnung zutreffen. Die Größe der Be¬ 
triebe ist sebstverständlich unterschiedlich, jedoch gibt es 
eine ganze Anzahl Bergmannsbauern, die Betriebe bis 
zu 10 ha führen. 
Es darf also festgestellt werden, daß die bäuerliche 
Gesinnung in weitesten Kreisen der Saarbergleute vor¬ 
handen und so stark ist, daß sich immer genügend Leute 
finden werden, um auch im Nebenberuf Landwirtschaft 
zu betreiben. An Einzelbeispielen hierzu fehlt es nicht. 
Die Landflucht hat sich leider auch an der Saar aus¬ 
gewirkt. Es trug hierzu zunächst einmal die zunebmende 
Zersplitterung durch Erbteilung bei. Hiermit verbunden 
ist eine entsprechende Verkleinerung der Parzellen und 
infolgedesien eine Erschwerung der Arbeit durch lange 
Wege zu kleinen Grundstücken. Nach dem Weltkriege 
fehlte die von der früheren preußischen Bcrgverwaltung 
betriebene Siedlungspolitik und somit sowohl der An¬ 
reiz wie auch die Möglichkeit, als junger Bergmann zu 
einem eigenen Heim zu kommen. Die im ganzen Saar¬ 
land seitdem beobachtete rückläufige Bewegung des 
Bergmannbauerntums tritt in einem Dorf stärker, in 
einem anderen Dorf wieder schwächer auf. Am stärksten 
ist sie selbstverständlich in der reinen Wohnzone, d. h. in 
den Gemeinden, die entweder selbst Städte sind oder als 
stadlähnliche Bergmannsdörfer — wie sie vor allen 
Dingen im Sulzbach- und F.'schbachtal anzutreffen sind 
— bezeichnet werden müssen. Am schwächsten ist der 
Rückgang in der überwiegend landwirtschaftlichen Zone. 
Jnteresiant ist nun die Tatsache, daß trotz der allgemein 
vorhandenen Landflucht und der besonderen Gründe, wie 
sie oben angeführt worden sind, seit der letzten Betriebs-, 
Berufs- und Volkszählung im Saarland, im Jahre 
1935 nunmehr eine starke Zunahme der in der Land¬ 
wirtschaft Tätigen zu bezeichnen ist. Hierüber folgendes: 
Mit dem Reichsdurchschnitt der Abnahme des zur 
Landwirtschaft zählenden Bevölkerungsteils von 10,6 
v. H. vergl.chcn, steht die Pfalz noch günstig da. Hier 
liegt (trotz des Westwallbaues) die Abnahme mit 6,6 v. 
H. wesentlich unter dem Reichsdurchschnitt. Der Land¬ 
kreis Landau hat die stärkste Abnahme, nämlich 
11,8 v. H., der Landkreis Speyer die stärkste Zunahme, 
nämlich 5,3 v. H. aufzuweisen. 
Während in allen Verwaltungsbezirken des Alt- 
reiches die Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten er- 
heblich zurückging, bildet der Verwaltungsbezirk 
Saarland eine Ausnahme. Hier ist nicht nur wie 
in anderen Teilen des Reiches keine Abnahme, sondern 
sogar eine starke Zunahme der in der Landwirtschaft 
Tätigen zu verzeichnen. Während diese in der Wirt¬ 
schaftsabteilung Industrie und Handwerk nur 1 v. H. 
beträgt, fand in der Landwirtschaft eine Zunahme von 
8,5 v. H. statt, d. h. dif Zahl der Berufsangehörigen ist 
in 4 Jahren — die letzte Zählung war im Saarland 
1935, also im Jahr der Rückgliederung, vorgenommen 
worden — um den zwölften Teil ihres bisherigen Be¬ 
standes gewachsen und betrug rund 59 000. Am stärk¬ 
sten ist die Zunahme im Kreise Ottweiler. Sie betrug 
hier 18,8 v. H. Die Zahl der in der Landwirtschaft 
Tätigen mit ihren nicht selbständig berufstätigen Ange¬ 
hörigen betrug 1935 6,5 auf 100 Bewohner des Saar¬ 
landes, 1939 aber 7,1 auf 100 Einwohner. Wenn auch 
noch keine Einzelheiten festgestellt werden konnten, so ist 
doch anzunehmen, daß ein großer Teil der Personen, die 
sich erneut der Landwirtschaft zugewendet haben, Berg¬ 
leute sind. 
Seil der Rückgliederung des Saarlandes hat sich in 
der Sicdlungspolitik eine Wendung zum Bcsieren er¬ 
geben und es dürfte auch hierauf das Steigen der in der 
Landwirtschaft Tätigen im Saarland zurückzuführen sein. 
Die schon erwähnte Zersplitterung des Grundbesitzes, die 
oft unvorstellbar geringe Größe der einzelnen Parzellen, 
die erhöhten Anforderungen an den Bergmann und a. m., I 
veranlaßten selbstverständlich auch mich, mich mit der 
Frage des landwirtschaftlich tätigen Bergmannes und 
Industriearbeiters eingehend zu befasien. Die Aufgabe 
lautet, diese landwirtschaftliche Tätigkeit aus völkischen 
und nationalsozialistischen Gründen zu erhalten. Ich be¬ 
faßte mich in meiner Rede, die ich am 25. Februar 1939 
auf der Gauführcrtagung in Neustadt gehalten habe, 
ausführlich mit dieser Frage, die wohl einmalig in ganz
	        
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