Die große Reichstagsrede des Führers
am 1. September 1940
Der Krieg ist uns aufgezwungen
Abgeordnete, Männer des Deutschen Reichs¬
tages!
Seit Monaten leiden wir alle unter der Qual
eines Problems, das uns einst das Versailler
Diktat beschert hat und das nunmehr in seiner
Ausartung und Entartung unerträglich gewor¬
den war.
Danzig war und ist eine deutsche Stadt!
Der Korridor war und ist deutsch!
Alle diese Gebiete verdanken ihre kulturelle
Erschließung ausschließlich dem deutschen Volk,
ohne daß in diesen östlichen Gebieten tiefste
Barbarei herrschen würde.
Danzig wurde von uns getrennt! Der Korri¬
dor von Polen annektiert! Die dort lebenden
deutschen Minderheiten in der qualvollsten Weise
mißhandelt! Uber eine Million Menschen
deutschen Blutes mußten schon in den Jahren
1919/20 ihre Heimat verlaffen!
Friedliche Vorschläge
Wie immer, so habe ich auch hier versucht,
auf dem Wege friedlicher Revisionsvorschläge
eine Änderung des unerträglichen Zustandes
herbeizuführen. Es ist eine Lüge, wenn in der
Welt behauptet wird, daß wir alle unsere Revi¬
sionen nur unter Druck durchzusetzen versuchten.
15 Jahre, bevor der Nationalsozialismus zur
Macht kam, hatte man Gelegenheit, auf dem
Wege friedlichster Verständigung die Revisionen
durchzuführen. Man tat es nicht! In jedem ein¬
zelnen Falle habe ich dann von nur aus nicht
einmal, sondern oftmals, Vorschläge zur Revi¬
sion unerträglicher Zustände gemacht.
Alle diese Vorschläge sind, wie Sie wissen,
abgelehnt worden. Ich brauche sie nicht im ein¬
zelnen aufzuzählen, die Vorschläge zurRüftungS-
begrenzung, ja wenn notwendig, zur RüftungS-
beseitigung, die Vorschläge zur Beschränkung
der Kriegsführung, die Vorschläge zur Ausschal¬
tung von in meinen Augen mit dem Völkerrecht
schwer zu vereinbarenden Methoden der moder¬
nen Kriegsführung. Sie kennen die Vorschläge,
die ich über die Notwendigkeit der Wiederher¬
stellung der deutschen Souveränität über die
deutschen Reichsgebiete machte, die endlosen
Versuche, die ich zu einer friedlichen Verstän¬
digung über das Problem Österreich unternahm
und später über das Problem Sudetenland,
Böhmen und Mähren. Es war alles vergeblich!
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Eines aber ist unmöglich: zu verlangen, daß
ein unerträglicher Zustand auf dem Wege fried¬
licher Revision bereinigt wird — und dann die
friedliche Revision konsequent zu verweigern!
Das Diktat kein Gesetz
Es ist auch unmöglich, zu behaupten, daß der¬
jenige, der in einer solchen Lage dann dazu über¬
geht, von sich aus diese Revisionen vorzunehmen,
gegen ein Gesetz verstößt. Das Diktat von Ver¬
sailles ist für uns Deutsche kein Gesetz! Es geht
nicht an, von jemand mit vorgehaltener Pistole
und der Drohung des Verhungerns von Milli¬
onen Menschen eine Unterschrift zu erpressen
und dann das Dokument mit dieser erpre߬
ten Unterschrift als ein feierliches Gesetz zu
proklamieren!
So habe ich auch im Falle Danzig und des
Korridors versucht, durch friedliche Vorschläge
auf dem Wege der Diskussion die Probleme zu
lösen. Daß sie gelöst werden mußten, daö war
klar!
Und daß der Termin dieser Lösung für die
westlichen Staaten vielleicht uninteressant sein
kann, ist begreiflich, aber uns ist dieser Termin
nicht gleichgültig! Vor allem aber war er und
konnte er nicht gleichgültig sein für die leidenden
Opfer.
Polen hat den Kampf entfesselt
Ich habe in Besprechungen mit polnischen
Staatsmännern die Gedanken, die Sie von mir
hier in meiner letzten Reichstagsrede vernommen
haben, erörtert. Kein Mensch kann behaupten,
daß dies etwa ein ungebührliches Verfahren
oder gar ein ungebührlicher Druck gewesen wäre.
Ich habe dann die deutschen Vorschläge formn-
lieren lassen, und ich muß eö noch einmal wieder¬
holen, daß es etwas Loyaleres und Bescheideneres
als diese von mir unterbreiteten Vorschläge nicht
gibt. Und ich möchte das jetzt der Welt sagen:
Ich allein war überhaupt nur in der Lage, solche
Vorschläge zu machen! (Nachdrückliche Zuftim-
mungSkundgebungen). Denn ich weiß ganz ge¬
nau, daß ich mich damals zur Auffassung von
Millionen von Deutschen in Gegensatz gebracht
habe. Diese Vorschläge sind abgelehnt worden!
Aber nicht nur das! Sie wurden beantwortet:
mit Mobilmachungen, mit verstärktem Terror,
mit gesteigertem Druck auf die Volksdeutschen
in diesen Gebieten und mit einem langsamen
wirtschaftlichen, politischen und in den letzten
Wochen endlich auch militärischen und verkehrS-
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