(die ebenfalls noch stark über die Steinkohle er¬
zeugt wird) und des Treiböles.
Die Steinkohle als industrieller Hilfsftoff
Ein angemessener Prozentsatz der Stein¬
kohlenförderung wird heute in Deutschland für
die Verkokung beansprucht und zeigt damit den
Wert und die Bedeutung deö aus der Kohle
durch thermische Behandlung gewonnenen
Koks an. Die Forderung der Eisenindustrie
nach großen Mengen billigen Kohlenstoffs
zum Ersatz für die nicht mehr ausreichend
zu beschaffende Holzkohle veranlaßte diese
starke Entwicklung der Steinkohlenverkokung.
Mit der Steinkohle in ihrem ursprünglichen
Zustand war die Holzkohle als bis dahin
allein übliches Reduktionsmittel nicht zu ersetzen,
wohl aber durch den Koks, der als preiswerter
unh geeigneter Kohlenftoffträger in ausreichen¬
der Menge hergestellt werden konnte. Hierbei ist
besonders günstig, daß die für Verkokungszwecke
hervorragend geeignete Kokskohle den größten
Anteil an den deutschen Steinkohlenvorkommen
hat. Es ist daher kein Wunder, daß Stein¬
kohlenvorkommen und Eisenindustrie sich in
Deutschland ganz besonders eng zusammenge¬
schloffen haben, denn ohne Koks als Hilfsstoff
kann heute das Eisenerz nicht aufgeschloffen und
in den Mengen verhüttet werden, in denen es
benötigt wird.
Koks und Magerkohle sind ferner unentbehr¬
liche Hilfsftoffe in der Kalk-Brennerei, in der
Zementindustrie, für die Erzeugung von Karbid,
wenn sie auch mengenmäßig nicht derart hervor¬
stechend in Erscheinung treten, wie bei der Eisen¬
industrie.
Die Steinkohle als chemischer Rohstoff
Bei der im vorigen Abschnitt angeführten
Steinkohlenverkokung haben wir gerade den
Industriezweig berührt, bei dem die Steinkohle
auch als Rohstoff zu einem besonders wichtigen
Faktor in der deutschen Volkswirtschaft gewor¬
den ist. Abgesehen von der Kohlenftoffanreiche-
rung im Koks werden bei der Verkokung
Nebenerzeugniffe gewonnen, die eine Anreiche¬
rung von Bestandteilen darstellen, die neben
dem Kohlenstoff noch in der Steinkohle vorhan¬
den sind. Nächst dem Kohlenstoff ist der Waffer-
ftoff der wichtigste Bestandteil; er findet sich im
Koksofengas und in den flüssigen DeftillationS-
erzeugniffen in starker Anreicherung vor. Es ist
daher kein Zufall, daß sich im letzten Jahrzehnt
besonders enge Beziehungen zwischen der Stein¬
kohlenverkokung und gewiffen chemischen In¬
dustriezweigen entwickelt haben, um diesen wohl¬
feil zur Verfügung stehenden Wafferftoff zur
Bildung von chemischen Maffengütern wie syn¬
thetische Düngemittel und Treibstoffe zu ver¬
werten. Waffergaö, hergestellt bei der Durch¬
leitung von Dampf durch glühenden Koks, ist
ebenfalls zur Grundlage synthetischer Benzine
und Treiböle geworden, während Karbid, ein
im elektrischen Lichtbogen hergestelltes Reaktions¬
erzeugnis, von Koks und Kalk gerade in den
letzten Jahren zu einem bedeutungsvollen Aus-
gangsftoff für die weitgreifende Industrie der
Kunststoffe, Kunstharze, des künstlichen Gummis
geworden ist. Gerade bei den Kunststoffen mit
dem Azetylen aus Karbid als Grundlage, ist
die Entwicklung in ihren Möglichkeiten noch
nicht zu übersehen. Im Zusammenhang mit der
Verkokung sei auch auf die Bedeutung der hier¬
bei ebenfalls gewonnenen auf Teererzeugniffe
aufbauenden Teerfarben- und pharmazeutischen
Industrie nur kurz hingewiesen. Bakelite sind
Kunstharze, die ihr Entstehen den Phenolen und
der Karbolsäure verdanken, die wir in genügend
reiner Form ebenfalls aus den Teerölen ge¬
winnen. Benzolkohlenwafferftoffe, andere wich¬
tige DestillationSerzeugniffe der Steinkohlenver¬
kokung, haben nicht nur als Treibstoff motorisch
günstige Eigenschaften, sondern sind in der che¬
mischen Industrie als Lösungsmittel wie auch
für die Sprenstoffherftellung unentbehrlich ge-
worden.
Weiter sei auch der Schwelung gedacht; eine
mit der Kohle schonend vorgehende Abart der
Kokung, ein Verfahren, deffen Anwendung bei
der Steinkohle erst jüngeren Datums ist. Soll¬
ten sich für den Steinkohlen-Schwel- oder Tief-
temperaturkoks ähnlich wichtige Absatz- und
Verwendungsmöglichkeiten finden laffen wie
beim Hochtemperaturkoks, dürfte der Schwelung
eine große Bedeutung zuzumeffen sein, weil sie
durch ihr schonendereS Verfahren eine größere
Ausbeute an flüssigen DestillationSerzeugniffen
bringt, die ihrerseits bereits als wertvolle Heiz-
und Treibstoffe erkannt sind; sicherlich werden
sich aus ihnen bei weiterer chemischer Durch¬
forschung noch wertvolle chemische Rohstoffe iso¬
lieren laffen.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß
es dem Können und Wiffen deutscher Chemiker
und Ingenieure in jahrzehntelanger zäher For-
schungö- und Aufbauarbeit gelungen ist, die
Steinkohle unmittelbar unter hohem Druck mit
Wafferftoff aufzuschließen und dadurch in Ben¬
zin, Treib- und Heizöle umzuwandeln; volkö-
und kriegswirtschaftlich wichtige Stoffe, die unö
von Natur aus in nicht so reichhaltiger Form
und Menge zur Verfügung stehen, wie die
Steinkohle.
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