Oer Lebenswandel des Bergmanns
wie ihn auf der Arbeitsstätte und für daheim das alte Bergreglement vorschrieb
Neunkirchen ist die größte Bergbaustadt des
Gaues, vielleicht die größte des Rheines hin¬
sichtlich des Bevölkerungsanteiles und der Gru¬
ben im Bereich. Dabei gehören die Kohlengruben
von Neunkirchen-Wellesweiler und die im Kohl¬
wald zu den ältesten im Saarland. Das erste
Reglement für diese Gruben wurde am 1. Juli
1797 vom Inspektor der Gruben in den Nassau-
Saarbrücker Landen erlaffen. Im Bergarchiv
der Saargruben ist das Reglement aufbewahrt.
In ihm heißt es:
Demnach die Ordnung und Nothwendigkeit
erfordert, daß ein jeder Bergarbeiter auch wiffe,
wie er sich künftighin nach dem abzulegenden
Eyde der Treue und des Gehorsams verhalten
solle, so erhält die Knappschaft folgendes Regle¬
ment.
1. Ein jeder Bergmann soll sich in das Knapp¬
schafts-Register gehörig einschreiben laffen, der
jetzigen Societät der Bergwerke in allen Fällen
treu, hold und gewärtig seyn, auch dasjenige,
was ihnen ihre Vorgesetzte befehlen, gehorsamen
und befolgen.
2. Dieselben sollen insbesondere einen guten
ehrbaren christlichen Lebenswandel führen, alle
Arbeitstage zur gesetzten Zeit auf dem Bergwerke
und vor Arbeit sich einfinden, widrigenfalls der¬
jenige, welcher zur gehörigen Zeit sich nicht ein¬
findet, das erstemal um 16 Kreuzer, das zweite-
mal um 32 Kreuzer gestrafet, das drittemal aber,
und wenn er aus Vorsatz gethan, ohne Abkehr-
Zettel abgelegt, und demselben auf sämtlichen
Steinkohlen- und Eisenwerkern keine Arbeit
wieder gegeben werden.
3. Nach ihrer Ankunft auf den Gruben müffen
sie ohne Aufenthalt an ihre Arbeit gehen, wozu
sie von ihren Vorgesetzten angewiesen sind und
solche treu und fleißig verrichten, auch die volle
Schichtzeit gehörig dafür aushalten.
4. Desgleichen müffen sie ihre Arbeit und
Gedinge ordnungsmäßig aushalten, geschehe es
aber, daß sie die Arbeit verlassen müffen, sollten
sie begründete Ursachen darzu angeben, die Arbeit
vierzehn Tage vorher aufsagen, wornach ihnen
ihr Lohn und Abkehr-Zettel gegeben werden soll.
5. Welcher aber seine Arbeit und Gedinge
ohne gehörige Loskündigung verlaßt, soll nicht
nur keinen Abkehr-Zettel erhalten, sondern auch
sein zurückstehender Lohn der Knappschaftskaffe
anheim fallen.
6. Gleichmäßig soll derjenige, welcher seine
Arbeit, Schicht, Gedinge ohne Vorwiffen der
Vorgesetzten nicht gehörig gefährdet, jedesmal
mit zwanzig Kreuzer zur Knappschaftskaffe be¬
straft werden.
7. Die Bergleute sollen alle Arbeiten nach
Anweisung des Bergmeisters gut bergmännisch
treiben, keine Schemel oder Orter weiter aus¬
hauen, als die Ordnung besagt, keine Berg-
Vestungen verschwächen und verletzen, keine
Gehöltze unnötiger und vergeblicher Weise an¬
bringen, in Späne bauen oder sonst veruntreuen,
die Verimmerungen gegen alle Drückungen und
Anfälle gehörig und annehmlich führen.
8. Sie sollen ihre Schemels und Arbeiten mit
den Laufwerkern unentgeltlich in bestem Stande,
die Förderstrecken mit ihren Rinnen reinlich und
sauber halten, besondere Vorfälle aber werden
ihnen der Billigkeit nach bezahlt.
9. Sodann sollen sie die Kohlen soviel möglich
in große Stücke und nicht in kleine und Gerüß-
Kohlen hauen, bestmöglich von Schiefer ablösen
und aushalten, rein fördern, zierlich aufballen
und keine veruntreuen.
10. Desgleichen sollen sie keine Kohlen weg¬
laden, der Controleur vom Werk sehe dann ge¬
genwärtig, die Wagen, Kasten und Maße laut
ausrufen, richtig darmeffen und wiegen, keine
Kohlen in der Grube versetzen, verbergen, und
keine übermäßige und unerlaubte Trinkgelder von
den Fuhrleuten erpreffen, widrigenfalls derjenige,
so dagegen handelt, ohne Abkehrzettel mit Ver¬
fall seines Lohnes zur Knappschaftskaffe fort¬
gejagt und nimmermehr angenommen werden soll.
11. Auch sollen bei gleicher Strafe alle Ar¬
beiter auf Geheiß der Steiger sich zu Neben¬
arbeiten bei nothwendiger verfallender außer¬
ordentlicher Bergarbeit, sie habe Namen wie sie
wolle, willig bezeigen und sich auch auf andere
Orter, Schemel und Zechen ohne Widerspruch
verlegen sollen.
12. Nicht weniger sollen sie sich mit ihrem
gesetzten Lohn und gemachten Gedinge begnügen
und bei Leibesstrafen keine Matzhammeleyen oder
sonst betrügliche Handlungen vornehmen, zu¬
malen ihnen jederzeit zureichendes Häuerlohn
gesetzt werden soll.
13. Jngleichen sind sie schuldig und verbunden,
ihnen bekannte Unterschleife, Mißbräuche und
Betrügereyen beim Bergwesen ihren Vorgesetzten
anzuzeigen und sie vor dem ihnen unbekannt ge¬
wesenen Schaden zu avertiren und zu warnen.
14. Es sollen sämtliche Bergarbeiten auf den
Zechen, in den Gruben, auf den Hallen, Hütt-
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