Full text: 68.1940 (0068)

wird es aber auch jedem Besucher des Köhlers sein, wenn 
er im September in der Köhlerhütte dem Orgelkonzert 
der brünstigen Hirsche lauschte. 
Nun hat das alles ein Ende. Die Kohlenbrenner haben 
sich aus den Wäldern der Saar in den Hochwald zurück¬ 
gezogen, woher sie auch als Lehrmeister ursprünglich kamen. 
Lange dauert ihre Lebenszeit auch dort nicht mehr. In 
den Wäldern der Saar erinnern nur mehr die häufigen 
kreisförmigen Meilerstellen an sie, aus denen man mit 
dem Spazierstock noch Kohlenreste herausbohren kann. 
Hier und dort kursieren in den Saardörfern noch allerlei 
gespenstische Geschichten, die der Köhler in seiner nächt¬ 
lichen Waldeinsamkeit erlebt haben wollte, in Wahrheit 
aber gut erfunden hatte, denn das Aufschneiden hatte er 
vom Jäger gelernt. Wer im Herbste die unvergleichlich 
schöne Waldstraße von Hermeskeil nach dem Erbeskopf 
wandert, kann dort den letzten Köhler des Hochwaldes 
besuchen und sich von seiner Aufschneidekunst überzeugen. 
Er muß aber achtgeben, daß es nicht auf ihn selber ab¬ 
färbt. 
Geschichte der Grube Illingen und Merchweiler 
Im heutigen Bezirk des Steinkohlenbergwerks 
Reden betrieb das seit dem 14. Jahrhundert mit 
der Herrschaft Illingen belehnte Geschlecht von 
Kerpen im Jahre 1754 eine landesherrliche Grube 
im Kerpenwald. Die Reichsherrschaft lag zwi¬ 
schen der Grafschaft Saarbrücken und der Graf¬ 
schaft Ottweiler. Zu ihr gehörten neben Illingen, 
Gennweiler (seit 1752), Merchweiler (seit 1717), 
Wemmetsweiler, sowie Lixingen (Kreis Forbach). 
Der „Iungenwald", der sich von Quierschied bis 
Merchweiler auf der linken Seite des Fischbaches 
hinzieht und heute noch Privatbesitz der Kerpen- 
schen Nachfolger ist, war 1548 Kerpensches Eigen¬ 
tum geworden, indem Heinrich von Kerpen den 
Anteil von Sulzbach, mit dem er im Jahre zuvor 
beldhnt worden war, dagegen vertauschte. 1717 
erwarben die von Kerpen Teile von Merchweiler 
von der Familie von Zandt. Drei Bauerngüter 
von Gennweiler, die zwar im Kerpenschen Ge¬ 
biete lagen, aber der Herrschaft Ottweiler unter¬ 
standen, erwarb sie 1752 durch Abgabe des klei¬ 
nen Zehnten in Wemmetsweiler (jährlich 3 Hüh¬ 
ner und an Ostern 10 Eier). 
Die Betriebspunkte der Gruben lagen auf 
dem Gebiet zwischen dem heutigen Heiligenwald 
und dem Rußhüttental, etwa eine halbe Stunde 
von Bildstock an der Hauptstraße Saarbrücken— 
Ottweiler und zirka 80 Meter über der Saar¬ 
sohle des nächstgelegenen Tales an der Merch¬ 
weiler Glashütte. Mehrere Stollen lagen im 
„Hamerich" und am sog. „Fünffingerweg" bei 
Heiligenwald. Die Belieferung der Kohlen er¬ 
streckte sich nicht nur auf die Herrschaft Illingen 
selbst, sondern die Freiherrn erlaubten durch einen 
Vertrag von 1765 den Eigentümern der neu¬ 
errichteten Glashütte in Merchweiler, die für 
ihren Bedarf erforderlichen Steinkohlen im gan¬ 
zen Bezirk der Herrschaft auf eigene Kosten auf¬ 
zusuchen und zu graben. Der „Direktor" dieser 
Grube war der herrschaftliche Wächter, der nach 
den Instruktionen vom 29. Oktober 1768 „dar¬ 
über zu wachen hatte, daß die Gruben in gutem 
Zustande blieben, und daß keine aufgegeben noch 
auch ein neuer Bau eröffnet werden sollte, ohne 
daß dies der Herrschaft angezeigt würde". 
Man darf nun nicht glauben, daß diese An¬ 
lagen eine Ähnlichkeit mit den heutigen Gruben 
hatten, es waren vielmehr Höhlen am Ausgehen¬ 
den eines Flözes. Der Abbau erfolgte unter den 
denkbar einfachsten Voraussetzungen. Man baute 
ähnlich den alten Dorfbrunnen runde, senkrechte 
Schächte in die Erde. Von diesen zweigten Gänge 
und Querschläge ab, die zu den einzelnen Kohlen¬ 
flözen führten. Durch enge, niedrige Stollen ge¬ 
langten die Kohlengräber zu ihrer Arbeit. Eine 
kleine Öllampe mußte ihnen in der Dunkelheit 
leuchten. Von ihrer Gefährlichkeit wußte man 
noch nichts, da Schlagwetter noch völlig unbe¬ 
kannt waren. Die Förderung aber war mancher¬ 
lei Art. Zum Transport verwandte man Schub¬ 
karren oder die Schlepper trugen sie in Leder¬ 
säcken zum „Schacht" oder schleiften die Säcke 
auf Holzschlitten hinter sich her. Über der Schacht¬ 
öffnung war ein Förderhaspel angebracht, ähn¬ 
lich einer Ziehbrunnenwinde, an der der Waffer¬ 
eimer hängt. Dieser Förderhaspel wurde zum 
Vorläufer unserer heutigen Seilscheiben, die die 
gleiche Arbeit, aber viel schneller und feiner aus¬ 
führen. 
Dem Wasier in den Stollen rückte man mit 
großen Holzpumpen zu Leibe, Wetterschächte 
führten frische Luft in die Tiefe. Selbstverständ¬ 
lich waren diese Einrichtungen noch sehr einfach, 
wie auch die Gewinnung der Kohle. Die Hauer 
bohrten mit Schlangenbohrer Schießlöcher in 
das graue Gestein und sprengten mit einer La¬ 
dung Schwarzpulver die Kohlen los. Spitz- und 
Kreuzhaken lockerten und zertrümmerten die 
Kohlenstücke, und die Schaufeln beförderten die 
Kohlen in die Gefäße. Das Handwerkszeug 
wurde in der Grubenschmiede geschärft. 
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