graph 19 des Gesetzes zur Ordnung der nationalen
Arbeit enthält die maßgebenden Bestimmungen. Ihnen
zufolge haben die Reichslreuhänder der Arbeit für die
Erhaltung des Arbeitsfriedens zu sorgen und in Er¬
füllung dieser Aufgabe
1. die Bildung und Geschäftsführung der Vertrauens¬
räte zu überwachen, in Streitfällen im Vertrauens¬
rat zu entscheiden und Vertrauensmänner zu berufen
und abzuberufen;
2. den Erlaß und die Durchführung der Bestimmungen
der Betriebsordnungen zu überwachen;
3. bei größeren Entlastungen das Ausmaß und den
Zeitpunkt für die Entlastungen zu bestimmen;
4. gröbliche Verletzungen der durch die Betriebsgemein¬
schaft begründeten sozialen Pflichten als Verstöße
gegen die soziale Ehre dem Sozialen Ehrengericht
anzuzeigen und vor diesem die Anklage zu vertreten;
5. wo es zum Schutze der Beschäftigten einer Gruppe
von Betrieben zwingend geboten erscheint, nach Be¬
ratung in einem Sachverständigenausschuß Tarif¬
ordnungen zu erlasten und durch sie Mindestlöhne
und -gehälter rechtsverbindlich festzusetzen.
Im übrigen sieht das Gesetz zur Ordnung der natio¬
nalen Arbeit ein unmittelbares Eingriffsrecht der Reichs¬
treuhänder der Arbeit in die Gestaltung der Lohn- und
Arbeitsbedingungen nicht ohne weiteres vor. Vielmehr
ist die Gestaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen in
den einzelnen Betrieben zunächst Sache des Betriebs¬
führers. Dem Führer eines Betriebes mit in der Regel
mindestens zwanzig Beschäftigten stehen aus der Gefolg-
schaft Vertrauensmänner beratend zur Seite. Sie haben
die Pflicht, das gegenseitige Vertrauen innerhalb der
Betriebsgemeinschaft zu vertiefen und nach Paragraph 6
des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit alle
Maßnahmen zu beraten, die der Verbefferung der Ar¬
beitsleistung, der Gestaltung und Durchführung der all¬
gemeinen Arbeitsbedingungen, insbesondere der Betriebs¬
ordnung, der Durchführung und Verbesserung des Be¬
triebsschutzes, der Stärkung der Verbundenheit aller
Betriebsangehörigen untereinander und mit dem Betriebe
und dem Wohle aller Glieder her Gemeinschaft dienen.
Sie haben ferner auf Beilegung aller Streitigkeiten in
der Betriebsgemeinschaft hinzuwirken und sind vor der
Festsetzung von Bußen auf Grund der Betriebsordnung
zu hören. Kommt die Mehrheit des Bertrauensrates zu
der Auffassung, daß eine Entscheidung des Betriebs¬
führers über die Gestaltung der allgemeinen Arbeits¬
bedingungen, insbesondere der Betriebsordnung, nicht
mit den wirtschaftlichen oder sozialen Verhältnissen des
Betriebes vereinbar erscheint, so kann sie nach Para¬
graph 16 des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Ar¬
beit die Entscheidung des Reichstreuhänders der Arbeit
schriftlich anrufen. Dieser Paragraph des Gesetzes zur
Ordnung der nationalen Arbeit koppelt in höchst bedeut¬
samer Weise die Tätigkeit des Reichstreuhänders der Ar¬
beit mit der der Vertrauensräte in den einzelnen Be¬
trieben, das heißt erst durch den Anruf eines Vertrauens¬
rates erlangt der Reichstreuhänder der Arbeit nach dem
Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit das Recht und
die Vollmacht, in die Gestaltung der Betriebsverhältniste
im einzelnen regelnd einzugreifen. Es liegt klar auf der
Hand, daß das Wirksamwerden der Reichstreuhänder der
Arbeit wesentlich abhängig davon ist, ob die Vertrauens¬
räte in den einzelnen Betrieben ihre Pflicht tun und ihn
beziehungsweise seine Entscheidung im Bedarfsfälle an¬
rufen.
Seit dem Erlaß des Gesetzes zur Ordnung der natio¬
nalen Arbeit sind über fünf Jahre verstrichen, fünf Jahre
eines beispiellosen wirtschaftlichen Aufstiegs. Die zu be¬
wältigenden Aufgaben verlangten vom deutschen Volke
höchsten Einsatz aller Kräfte. Neben Aufrüstung und
Schutz der Grenzen, die bei der gespannten politischen
Lage den ersten Rang einnahmen, galt es für das deutsche
Volk, die Ernährungsfreiheit und die Unabhängigkeit
von fremden Rohstoffen zu gewinnen. Das führte zu
einer außergewöhnlichen Anspannung aller Arbeitskräfte,
die zum Teil in einen Kampf um die Arbeitskräfte aus¬
artete. Um in dieser Lage die Stetigkeit der sozialen
Entwicklung, insbesondere auf dem Gebiet der Löhne und
Gehälter, sicherzustellen, erwiesen sich die den Reichstreu¬
händern der Arbeit durch das Gesetz zur Ordnung der
nationalen Arbeit erteilten Vollmachten als nicht mehr
genügend. Aus diesem Grunde wurden durch eine Ver¬
ordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan,
Generalfeldmarschall Göring, vom 25. Juni
1938 die Vollmachten der Reichstreuhänder der Arbeit
zur Sicherung der Durchführung des Vierjahresplans
und der Wehrhaftmachung des deutschen Reiches ent¬
scheidend erweitert. Sie wurden durch die Verordnung
ermächtigt, alle Maßnahmen zu treffen, die nach ihrem
Ermessen notwendig sind, um die Stetigkeit der Lohn¬
entwicklung sicherzustellen. Sämtliche Reichstreuhänder
der Arbeit erließen daraufhin eine Anordnung, durch
welche jede Änderung der Arbeitsbedingungen beziehungs¬
weise der Betriebsordnungen ihrer Genehmigung bedurfte.
Die Entscheidungsbefugnis der Betriebsführer und ihre
Verantwortung wurden dadurch wesentlich eingeschränkt
und auf die Reichstreuhänder der Arbeit verlagert. Es
wurde ferner durch die Reichstreuhänder der Arbeit das
Abwerben von in angekündigter Stellung befindlichen Ar¬
beitskräften durch Anbieten eines höheren Lohnes oder
sonstiger günstigerer Arbeitsbedingungen durch andere Be¬
triebe verboten und unter Strafe gestellt. In gleicher
Weise wurde der Vertragsbruch von Gefolgschaftsmit¬
gliedern unter Strafe gestellt, wenn sie der Arbeit pflicht¬
widrig fernbleiben, die Arbeit verweigern, böswillig mit
der Arbeit zurückhalten oder sich sonstwie disziplinlos be¬
nehmen, um dadurch eine vorzeitige Lösung ihres Arbeits-
verhältnistes zu erreichen.
Alle Vollmachten der Reichstreuhänder der Arbeit zur
Sicherung geordneter Verhältnisse auf dem lohnpolitischen
Gebiet und des Arbeitsfriedens müßten aber versagen,
wenn nicht das deutsche Volk in seiner Gesamtheit, ins¬
besondere die Arbeiter der Stirn und der Faust, durch¬
drungen wäre von der gebieterischen Notwendigkeit der
Stunde: In Treue zum Führer zu stehen, Disziplin zu
halten und nach besten Kräften seine Pflicht zu tun. Nur
so kann das vom Führer gesteckte große Ziel erreicht wer¬
den, Sicherheit und Frieden für Großdeutschland.
Der Mut ist das lebendige Feuer, das die Heere schweißt
Ernst Jünger
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