Eine Fuhre Mist
Butterpause vor Ort. Die Kameraden sitzen
kauend auf ihren Gezähkisten, ab und zu nehmen
sie einen Schluck aus ihrer Blechpulle. Dazu
wird ein Witz erzählt oder eine Schnurre. So
auch heute. Wilhelm Pampig hat immer etwas
auf Lager, er läßt sich auch nicht lange nötigen
und beginnt sogleich: Wie ihr alle wißt, war ich
doch seinerzeit in Berlin Droschkenkutscher mit
so einem „Hafermotor". Es war im Jahre 1925,
da stand ich eines Nachts in der Nähe eines
Hotels und wartete auf Kundschaft. Mir wurde
die Zeit schon langweilig, denn niemand rief nach
mir. Ich wollte gerade meinen „Motor" an¬
werfen, da ertönte die Stimme des Portiers:
„Hallo, Droschke!" Ich hin. Da stand vor dem
Hotel ein Herr, total betrunken. Als er meine
ehrwürdige Droschke sah, legte er auch sogleich
los: „Was? Mit solch einer — hupp — Droschke
soll ich — hupp — fahren? Portier, Sie sind
wohl hupp — verrückt geworden! Das ist ja ein
— hupp — Mistwagen!"
NOTEL.
Der Portier lachte nur still vor sich hin, denn
er kannte diese Herren. Da stieg auch schon der
Kerl ein unter dauerndem Schimpfen. Ich rührte
keinen Finger, denn ich war in meiner Ehre ver¬
letzt. Da ertönte die Stimme des Betrunkenen
aus dem Wageninnern: „Zum Teufel — hupp
Von Heinrich Föllmer
— der Teufel noch mal, wollen Sie — hupp —
denn nicht abfahren?"
Ich beugte mich nach hinten und sagte: „Ich
weiß ja noch gar nicht, wo ich den Mist abladen
soll!"
*
Wilhelm ist für Gemütlichkeit
Priemchen-Wilhelm war schon lange Jahre
auf der Grube und machte nun allerlei leichte
Arbeiten; denn er war schon alt und konnte die
Schippe nicht mehr so schwingen, wie die Jun¬
gen. Er war aber ein Original und hatte die
Eigenschaft, zu jedem du zu sagen, ganz gleich,
wer es auch war.
Nun war es eines Morgens auf der zweiten
Sohle, wo sich folgendes zutrug: Priemchen-
Wilhelm schob gemütlich einen Steinwagen vor
sich her und machte dabei ab und zu eine kleine
Pause, wobei er dann ein Stück von seinem
„Hufeisen" abbeißt und es hinter der Backe ver¬
schwinden läßt. Gerade in dem Augenblick
kommt ein „Blitzer" an, bleibt bei ihm stehen
und sagt: „Glückauf!"
„Glückauf!" knurrt Priemchen-Wilhelm zurück.
„Was machen Sie denn hier?" fragt da der
„Blitzer" und schaut ihn an.
Priemchen-Wilhelm fragt zurück: „Muscht du
denn das wisie?"
„Aber erlauben Sie mal!" ereifert sich der
Beamte, „Sie wisien wohl nicht, wer ich bin?"
„Nä", sagt Wilhelm, „wie soll ich dat wisie?
Es laufen hie jo e sovill Leut erum, un wenn ich
die all froge soll, wer se sinn, dann müßt ich viel
se tun han!"
Der „Blitzer" schnaubt: „Ich bin der Ein¬
fahrer, merken Sie sich das!"
„Do haschde awa e gude Poschde geschnappt",
antwortet Wilhelm seelenruhig. „Unser äns
wird ämol nure Hauer, un dann is aus damit.
Un jetzt mach ma ämol Platz do, der Waan
last nit von selwa fort!" Und er schob den Stein-
wagen an dem verdutzten Einfahrer vorbei, um
die nächste Kurve.
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