Full text: 67.1939 (0067)

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Ewige Infanterie" 
Von Hauptmann'(E) Ritgen, Oberkommando der Wehrmacht 
Infanterie oder technische Truppe? — 
Unter diesem Schlachtruf ist in der Nach¬ 
kriegszeit mit ihrer stürmischen technischen 
Entwicklung unter den militärischen Sach¬ 
verständigen aller Länder ein Streit ent¬ 
standen, in dem die ausschlaggebenden Män¬ 
ner bei aller Würdigung der technischen 
Waffen immer wieder für die Infanterie 
als die entscheidende Truppe Partei ergriffen 
haben. Sie gilt auch heute noch als Königin 
der Waffen. — Infanterie oder technische 
Truppe — diese Frage beschäftigt auch nicht 
minder heftig die Gemüter der jungen 
Männer, die ihrer Soldatenzeit entgegen¬ 
sehen. Wenn es dann so weit ist, daß bei 
der Musterung die Frage gestellt wird, zu 
welcher Waffengattung der künftige Krieger 
gern möchte, dann sind es erfahrungsgemäß 
heute nicht allzu viele, die sich zur Infanterie 
melden. Die Mehrzahl strebt zu technischen 
und motorisierten Truppen. Warum wohl? 
— Natürlich spielt hierbei das starke In¬ 
teresse mit, das die heutige Jugend allen 
Dingen der Technik entgegenbringt. Der 
eine baut Segelflugmodelle, der andere 
bastelt Radio und ein dritter steckt jede freie 
Minute in der Garage. Daß sie gern zur 
Kraftfahrtruppe, zu den „Nachrichtern" oder 
zur Fliegerei wollen, ist verständlich. Andere 
wieder wollen gern zu technischen Truppen, 
weil sie schon in einem Beruf stehen, dessen 
Kenntnisse sie im Dienst hoffen verwerten 
zu können. Aber es hat wohl doch noch einen 
tieferen Grund, daß die Infanterie nicht so 
begehrt ist. Wer möchte gern nur „Fu߬ 
latscher" sein? Stoppelhopser — wie eine 
weniger drastische Zeit die Infanteristen ge¬ 
tauft hatte? Die Infanterie gilt in den 
Augen der Jungen oft nicht soviel wie an¬ 
dere Waffen — das ist der springende 
Punkt! Nun — die Infanterie stellt heute 
immer noch den allergrößten Teil des 
Heeres, und von den vielen Wünschen, die 
bei den Musterungen laut werden, können 
nur wenige erfüllt werden. Viele von den 
„künftigen" Fliegern und Kanonieren tra¬ 
gen einige Monate später die Uniform der 
Infanterie. Und — sie tragen sie bald gerne. 
Sage mal einer einem modernen Infante¬ 
risten, er sei nur Infanterist! Er wird ihn 
beiseite nehmen, um ihm den Star zu 
stechen; wird ihm voll Stolz davon erzählen, 
daß der Dienst bei seiner Waffe freilich nicht 
leicht ist. Daß das aber auch nicht anders 
fein kann bei einer Waffe, die heute wie 
von jeher die Hauptlast des Kampfes zu 
tragen hat. Er wird ihm erklären, daß eine 
Truppe, die in der entscheidenden Minute 
fest in der Hand ihres Führers sein muß, 
nicht auf die Erziehung zu einer unbeding¬ 
ten Disziplin verzichten kann, wie sie der 
Soldat nur im strammen Exerzieren lernt, 
das überdies keineswegs im Mittelpunkt der 
Ausbildung steht. Er wird von dem Hoch¬ 
gefühl des Stolzes sprechen, den eine Truppe 
empfindet, die unter Einsatz ihrer ganzen 
Kräfte große Marschleistungen vollbracht 
hat. Kommt es bei den anderen darauf an, 
daß der Motor durchhält, hier darf der 
Mann nicht versagen; sein Wille muß es 
schaffen. Und das ist das Geheimnis des 
Stolzes, den alle alten Infanteristen teilen. 
Wer ist es denn schließlich, der die Technik 
zwingt, immer neuere, immer kompliziertere 
Waffen zu konstruieren? Wer zwingt die 
feindliche Führung zum Einsatz von Ge¬ 
schützen, Panzerwagen und Fliegern? — 
Immer ist es der zähe Widerstand des un¬ 
beugsamen, oft auf sich gestellten und nie 
verzagenden Infanteristen, der nicht vom 
Platz weicht! Aufgabe der anderen Waffen 
ist es, der Infanterie wie bei der Verteidi¬ 
gung so auch beim Angriff zu helfen. Auch 
hier muß sie das schwerste Stück Arbeit allein 
bewältigen. 
Gute Infanteristen müssen fürwahr ganze 
Kerle sein! Darum auch werden sie immer 
stolz sein aus ihre Uniform und lächeln, 
wenn sie später einmal an die Zeit denken, 
als sie noch sagten: „Nur Infanterie?" 
Wenn wir uns aufgeben, dann wird die Welt derer, die auf uns folgen, wirklich verspielt sein. 
Ein jeder prüfe sein Leistungsvermögen! Den Geschlechtern, die nach uns kommen, ist ein scharfes 
Richtschwert in die Hand gegeben, sie werden unser Andenken unerbittlich zur Verantwortung ziehen, 
und ein Wicht, der da sagt, es läge ihm nichts daran. 
Jeder gewinnt aus dem Volksgefühl die Weisung dafür, was er mit seinem Leben zu beginnen habe. 
E. G. Kolbenheyer 
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